Calder
„Musstest du sie wirklich bei ihrem Boss verpetzen?“, jammerte Gentry neben mir auf dem Fahrersitz. Cullen und Jaime saßen hinten. „Sie scheint so nett zu sein. Und wenn sie Kellnerin ist, braucht sie das Geld wahrscheinlich. Was ist, wenn sie gefeuert wird?“
Ich ignorierte ihn und schaute aus dem Fenster. Ich hoffte natürlich, dass sie nicht gefeuert werden würde, aber ich konnte ja gar nicht anders. Das Mädchen sah aus, als würde sie gleich umkippen.
Sie brachte mich so durcheinander. Sie roch ... anders. Aber ich konnte nicht erklären, warum. Sie weckte den Wolf in mir, aber er schrie nicht 'Gefährtin'. Wenn sie es wäre, würde ich es mit Sicherheit sofort wissen. Aber als ich sie berührte, fühlte es sich einfach richtig an, so als wäre sie dazu bestimmt, mir zu gehören. Aber ich spürte nicht die Funken des Vergnügens, die mit der Gefährtenbindung einhergehen.
Mein Bruder war in dieser Angelegenheit absolut hilflos. Er blieb wie immer ruhig und reserviert und schenkte ihrer Existenz keinerlei Beachtung, was für ihn nicht ungewöhnlich war. Seit er sich dazu entschieden hatte, Jaime zu seiner auserwählten Gefährtin zu machen, war er nur noch reizbarer geworden.
Wir waren uns nicht sicher, ob wir uns immer noch eine Gefährtin teilen würden. Zwillinge waren unter Werwölfen nicht üblich, und so gab es Fälle, in denen sie verschiedene Gefährten hatten und eben auch Fälle, in denen sie sich eine teilten. Ich hatte gestern versucht, mit Cullen über sie zu reden, aber er tat so, als hätte er keine Ahnung, wer sie ist.
So oder so wusste er, dass ich Jaime nicht als meine eigene Gefährtin akzeptieren würde, egal was der Rat und unser Vater von uns verlangten. Mir war bewusst, dass er versucht hatte, das Rudel über sich selbst zu stellen, aber bedeutete das, dass wir die Gelegenheit opfern mussten, unsere andere Hälfte zu finden? Unsere perfekte Gefährtin?
Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich nicht daran gedacht hätte, dazubleiben und ihr nach Hause zu folgen. Aber ich wusste, dass das einfach nur gruselig wäre. Ich wollte mehr über sie erfahren, und bräuchte dafür dringend eine Ausrede, um sie wiederzusehen.
Cullen
Calder sollte hoffen, dass sie seinetwegen nicht gefeuert wurde. Selbst wenn ich jetzt wusste, wo sie wohnte, weil ich sie gestern Abend verfolgt hatte, wollte ich trotzdem wissen, wo sie sich aufhält, bis ich sie durchschaut habe. Ich konnte ihren Geruch nicht einordnen. Sie roch nicht nach Mensch, aber eben auch nicht nach etwas anderem, was ich jemals gerochen hatte. Körperlich zeigte sie keine Anzeichen dafür, dass sie etwas anderes als ein gewöhnlicher Mensch war.
Menschliche Gefährten waren ungewöhnlich, aber möglich. Nach meinem Verständnis sollte der Wolf sie immer noch sofort als seine Gefährtin erkennen können und der Mensch sollte eine unerklärliche Fixierung auf den Wolf spüren. Seit ich sie das erste Mal gesehen hatte, kriegte ich sie nicht mehr aus dem Kopf, aber mein Wolf schrie nicht 'Gefährtin'. Er war unruhig, das spürte ich, aber er gab mir keinen Grund. Ich fühlte mich von ihr angezogen, aber warum?
„Gehst du heute Abend wieder aus oder schläfst du im Bett mit deiner Gefährtin?“, fragte Jaime durch unsere telepathische Verbindung. Ich verdrehte die Augen.
„Ich tue, was ich will“, erwiderte ich. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und schaute aus dem gegenüberliegenden Fenster. Sie mochte zwar die logische Wahl als Luna sein, da mein Bruder und ich immer noch nicht unsere für uns bestimmten Gefährtinnen gefunden hatten, aber sie ging mir trotzdem auf die Nerven. Die Spannungen waren bereits hoch genug, weil mein Bruder sie als Gefährtin abgelehnt hatte. Die Ältesten des Rudels hatten ihr gesagt, dass sie die Gefährtin von uns beiden sein würde, da wir den Titel des Alphas teilen würden und sie nicht zwei Lunas wollten. Calder wollte das so aber nicht und das macht mein Leben noch schwieriger.
Remi
Kaum hatte ich die Tür zu meiner Wohnung geschlossen, brachen die Dämme und Tränen liefen mir über die Wangen. Das Unwohlsein dieser Erkältung, die seltsamen Interaktionen zwei Tage hintereinander mit Calder und Cullen und jetzt Angela, die mich nach Hause geschickt hatte... ich war völlig überfordert. Ich legte meine Sachen auf den Tisch und ging ins Badezimmer.
Ich hatte eine altmodische, frei stehende Badewanne, die auch eine Dusche hatte. Solange ich Handtücher um die Badewanne legte, konnte ich ohne Probleme duschen oder baden. Als ich eingezogen war, musste sie dringend geschrubbt werden, aber mit etwas Anstrengung hatte ich es geschafft und jetzt glänzte sie und war sauber. Ich griff nach den Medikamenten, die ich heute Morgen auf dem Waschtisch gelassen hatte, und schluckte ein paar Pillen. Dann ließ ich warmes Wasser ein und warf eine Menthol-Badekbombe hinein, die mir immer dann half, wenn ich eine verstopfte Nase hatte.
Ich zog mich aus und sank in das warme Wasser. Ich lehnte meinen Kopf an den Wannenrand, schloss die Augen und ließ die Tränen einfach fließen. Ich versuchte alles aus meinem Kopf zu verdrängen, aber es gelang mir einfach nicht. Ich fühlte mich komisch mit über 500 Euro Trinkgeld von derselben Gruppe für zwei Mahlzeiten. Ich fühlte mich noch komischer wegen Cullen und Calder. Beide hatten mich in die Enge gedrängt, weg vom Rest der Gruppe.
Cullen war wütend und angespannt gewesen. Er hätte mir fast Angst gemacht. Aber als er mich berührte, verspürte ich keine Angst. Etwas in mir sagte mir, dass er mir nichts antun würde, was einfach verrückt war. Calder war genauso. Seine Nähe machte mich nervös, aber als er mich berührt hatte, hatte ich überhaupt keine Angst. Das war doch verrückt. Ich sollte Angst haben, wenn zwei völlig Fremde mich berühren.
Die Medizin hatte angefangen zu wirken und mein Kopf fühlte sich etwas besser an. Der Druck in den Nasennebenhöhlen ließ ebenfalls nach. Ich konnte zwar nicht klar atmen, aber ich fühlte mich ein bisschen besser. Das Wasser wurde jetzt kalt, also stieg ich aus der Wanne und wickelte mich in ein Handtuch. Ich ging zu meiner Kommode und zog einige weiche Kleidungsstücke heraus und zog mich schnell an. Ich ging zum Waschbecken, um ein Glas Wasser zu trinken, bevor ich mich unter die Decken meines Bettes kuschelte. Ich seufzte. Ich beschloss, zu versuchen, das alles auszuschlafen, damit ich so schnell wie möglich zur Arbeit zurückkehren konnte.
-
Ich wachte nur anderthalb Stunden später auf. Lila und graue Augen beherrschten meine Träume und Unbehagen machte es irgendwann unmöglich, zu schlafen. Ich setzte mich auf und versuchte, die Verspannungen in meinen Gliedern zu lösen. Ich überprüfte mein Handy und sah eine Nachricht von Jessie. Sie erinnerte mich daran, vor dem Schlafengehen etwas zu essen. Ich rollte mit den Augen, aber wusste genauso gut, dass sie recht hatte.
Ich stand auf und ging zur Küche. Ich müsste eine Dose Suppe im Schrank haben, die für heute Abend perfekt geeignet wäre. Ich durchsuchte den Schrank, hatte aber kein Glück. Ach egal, ich kann einfach etwas kochen. Ich stand vor meinem offenen Kühlschrank und betrachtete die Lebensmittel, die ich hatte, als es an meiner Tür klopfte. Verwirrt ging ich zur Tür.
„Wer ist da?“, fragte ich, bevor ich die Tür öffnete.
„Lieferung“, rief eine Stimme.
Ich öffnete die Tür. „Aber ich habe nichts bestellt“, sagte ich zu dem Mann, der vor mir stand. Er war in meinem Alter und trug ein Polo und eine Mütze mit einem Logo einer Lieferfirma darauf. In der Hand hielt er eine braune Tüte mit einem Beleg daran geheftet.
„Remi Anderson?“, fragte er. Ich nickte.
„Nun, das ist Ihre Adresse und Ihr Name, also bitte“, sagte er und reichte mir die Tüte. Dann ging er.
„Moment! Lassen Sie mich wenigstens Trinkgeld geben!“ Ich versuchte, ihn aufzuhalten.
„Ist schon erledigt. Vielen Dank, Fräulein, lassen Sie es sich schmecken!“, rief er, während er die Treppen am Ende des kurzen Flurs hinunterging. Ich stand einfach in der Tür und hielt diese Tüte, die ich nicht bestellt hatte.
Als ich wieder aus meiner Starre erwachte, ging ich zurück in meine Wohnung. Ich stellte die Tüte auf die Arbeitsplatte und zögerte, sie zu öffnen. Der Beleg an der Tüte trug meinen Namen und meine Adresse, aber ich hatte nie etwas bestellt. Ich gehe nicht oft essen oder bestelle etwas, weil es viel teurer ist als zu Hause zu kochen. Ich gab nach und öffnete die Tüte. Darin war ein Behälter mit Suppe, auf dem 'Hühnersuppe' stand, und ein kleiner Behälter, auf dem „Gebratener Knoblauchlachs und Gemüse“ stand, mit Besteck und Servietten. Es gab auch ein paar kleine Packungen Taschentücher, die man in die Tasche stecken konnte, sowie einige Einzeldosen von Erkältungsmedizin, sowohl für den Tag als auch für die Nacht.
Ich saß da und starrte alles fassungslos an. Wer hatte mir das geschickt? Ich wusste, dass Jessie sichergehen wollte, dass es mir gut ging, aber würde sie das wirklich tun? Hatte Angela Mitleid, dass sie mich nach Hause geschickt hatte? Wer wusste noch, wo ich wohne?
Ich hatte keine Freunde außerhalb der Arbeit und hatte seit meiner letzten Arbeitsstelle vor einem Jahr mit niemandem wirklich Kontakt gehabt. Ich ging zu meinem Bett und griff nach meinem Handy, das auf meinem Bett lag. Ich schickte Jessie schnell eine Nachricht und bedankte mich bei ihr für das Essen. Ich räumte meine Tasche und Arbeitssachen weg, bevor ich mich an meinen kleinen Tisch setzte, um zu Abend zu essen. Zuerst öffnete ich die Suppe. Sie roch himmlisch. Sie war randvoll mit weichem, gewürfeltem Gemüse und die Brühe sah reichhaltig aus. Ich nahm einen kleinen Bissen mit nur Gemüse und Brühe und hätte dahinschmelzen können. Es schmeckte so wunderbar und mein ganzer Körper wurde warm, als es meine Kehle hinunterglitt. Hungrig stürzte ich mich regelrecht darauf. Die Nudeln waren weich und zäh, ohne matschig zu sein.
Ich aß etwa die Hälfte des Behälters, bevor ich mich an das andere Gericht erinnerte. Ich öffnete den Deckel und der wundervolle Duft von Knoblauch und Fisch stieg mir in die Nase. Etwas schien ja zu funktionieren, denn ich konnte zumindest dieses Essen riechen. Mir lief das Wasser im Mund zusammen bei dem Anblick. Ich halte mein Budget für Lebensmittel immer klein, also hatte ich mir so etwas noch nie selbst gemacht. Ich hatte irgendwo mal gelesen, dass Knoblauch, Lachs und Blattgemüse Hausmittel gegen Erkältungen waren, und all das fand ich auf diesem Teller wieder. Ich nahm einen kleinen Bissen und genoss den Geschmack. Ich wusste nicht, ob ich jemals etwas so Saftiges und Zartes probiert hatte. Es war eine absolute Gaumenfreude.
Ich überraschte mich selbst, indem ich etwa die Hälfte des Lachses und des Gemüses aß, bevor ich bemerkte, dass ich satt war. Ich hatte seit zwei Tagen keine richtige Mahlzeit mehr gegessen. Nach all dem fühlte ich mich müde und schwer. Ich wickelte den Rest des Essens ein und legte es in den Kühlschrank, um es morgen aufzuessen. Ich nahm eine der mitgelieferten Medikamentenpackungen und nahm es mit einem Schluck Wasser ein. Jetzt, wo ich satt war, sollte es eigentlich keine Probleme mehr mit dem Schlafen geben. Mein ganzer Körper fühlte sich schläfrig an und sehnte sich nach meinem Bett.
Ich legte mich hin und ignorierte mein Handy. Es hatte keinen Sinn, einen Alarm zu stellen, da Angela mich morgen definitiv nicht arbeiten lassen würde. Das bedeutete, dass ich so lange schlafen konnte, wie ich wollte. Ich ließ meinen Kopf auf mein Kissen sinken und zog meine Decke eng um mich, einen Moment lang mal nicht besorgt wegen all meiner Verantwortungen. Schnell fiel ich in einen bequemen und erholsamen Schlaf.
-
Ich verbrachte zwei Tage zu Hause mit der Genesung. Den ganzen ersten Tag schlief ich, wachte nur auf, um den Rest der Suppe und des Lachses zum Mittag zu essen, bevor ich zurück ins Bett kletterte und bis zum nächsten Morgen durchschlief. Am zweiten Tag ließ ich es sanft angehen, entschied mich aber trotzdem Dinge zu erledigen. Ich wusch Wäsche und räumte meine Wohnung auf. Ich las ein Buch und machte einen kurzen Ausflug zum Markt. Ich machte sogar eine Hühnersuppe mit Tortilla für das Abendessen, obwohl sie nicht mit dem vergleichbar war, was geliefert wurde. Jessie hatte mir nie zurückgeschrieben, aber ich vermutete, dass sie beschäftigt war oder einige meiner Schichten übernommen hatte. Die Taschentücher, die mit der Lieferung kamen, machten meine Nase von all dem Schnäuzen weniger empfindlich, was ich wirklich zu schätzen wusste.
Ich hatte Angela schließlich vor Ladenschluss des zweiten Tages angerufen und sie angefleht, mich zurück zur Arbeit zu lassen. Sie schien begeistert zu sein, dass es mir besser ging, und erlaubte mir, heute zum Mittag- und Abendessen zu kommen. Ich kam einfach glücklich früh zur Arbeit. Jessie kam ein paar Minuten nach mir.
„Hey, du siehst viel besser aus!“, sagte sie, als sie mich sah.
„Ich fühle mich auch viel besser!“, sagte ich zu ihr mit einem Lächeln. „Oh, danke für die Lieferung, übrigens. Es war köstlich und genau das, was ich brauchte!“
„Welche Lieferung?“, fragte sie.
„Das Essen und die Medizin, die du mir geschickt hast“, sagte ich und schaute sie verwirrt an.
„Rem, ich habe dir nichts geschickt. Ich habe daran gedacht, etwas vorbeizubringen, aber ich habe deinen Sonntag übernommen und bin sehr beschäftigt gewesen...“
„Also hast du mir nichts geschickt?“
Sie schüttelte den Kopf. „Vielleicht hat Angela es geschickt? Sie schien sich schlecht zu fühlen, nachdem sie dich angeschrien hat, als du gegangen bist. Sie kam aus dem Büro, um uns anderen zu helfen, dich zu vertreten.“
„Ja, das muss es gewesen sein. Ich werde mich später bei ihr bedanken. Es scheint, dass gerade ein paar Tische in meiner Sektion besetzt wurden. Ich gehe dann mal“, sagte ich. Ein beunruhigendes Gefühl machte sich in meinem Magen breit. Ich schob es beiseite und ließ mich nun von der Arbeit ablenken. Die Mittagszeit verlief völlig reibungslos. Wir waren die ganze Zeit über beschäftigt. Als die Mittagszeit zu Ende ging, beschloss ich, eine kurze Pause draußen zu machen und mir einen Snack zu gönnen. Ich nahm meine Wasserflasche und einen Apfel aus meiner Tasche und ging nach draußen. Jessie hatte noch ein paar Minuten Pause und war auch draußen. Sie tippte wütend auf ihr Handy.
„Schreibst du das nächste großartige literarische Meisterwerk?“, scherzte ich mit ihr.
Sie seufzte und ihre Schultern sanken. „Nein, es ist mein bescheuerter Freund. Er jammert, dass ich deine Schicht am Sonntag übernommen und das ganze Wochenende gearbeitet habe. Eigentlich sollte ich mit ihm zu seinem Familienessen gehen und bin stattdessen bei der Arbeit gelandet. Zumindest hatte ich einen guten Grund, abzusagen!“
„Das ist so unfair, es tut mir leid!“, sagte ich. Ich öffnete meine Arme, und sie warf sich in die Umarmung.
„Jungs sind dumm“, murmelte sie in meine Schulter.
„Ja, das sind sie“, säuselte ich.
Sie seufzte. „Ich sollte wieder reingehen. Hey, ich weiß, du machst morgen Abend zu, aber kannst du meine Schicht übernehmen? So kann ich ein bisschen Schadensbegrenzung betreiben?“
Ich lächelte. „Natürlich. Du hast mich am Wochenende vertreten. Morgen übernehme ich für dich“, sagte ich zu ihr. Sie lächelte breit.
„Vielen Dank. Du bist die Beste!“, sagte sie, als sie hineinging. Ich kicherte. Ich schaltete etwas Musik auf meinem Handy ein und knabberte an meinem Apfel.
-
Zum Glück lief es zum Abend heute ruhiger. Das Ende näherte sich bereits und Angela ließ einen der Kellner nach Hause gehen. Ich war hinten, um einen Tisch abzurechnen, als mich jemand informierte, dass ich einen Tisch hatte.
Ich nahm das Wechselgeld und machte mich auf den Weg nach vorne. Ich durchsuchte meine Abteilung und blieb stehen, als ich Calder und Gentry dort sitzen sah. Gentry sah zu mir und winkte lebhaft. Im Gegensatz zu den anderen Malen, als sie hier waren, waren nur die beiden da und sie waren leger gekleidet. Ich brachte das Wechselgeld zum anderen Tisch, bevor ich mich ihnen näherte. Ich setzte mein bestes Lächeln auf, bevor ich sie begrüßte.
„Hallo! Heute eine kleinere Gruppe?“, sagte ich.
„Ja, wir haben die Langweiler hinter uns gelassen. Schön, dass wir dich letztes Mal nicht in Schwierigkeiten gebracht haben!“, sagte Gentry fröhlich. Caldera lächelte gezwungen.
„Haha. Ist ja alles gut gegangen“, lachte ich unangenehm. Ich wollte ihnen wirklich nicht sagen, dass sie mir meinen Job hätten kosten können. Es war die unangenehmste Begegnung, die ich je hatte. „Was darf ich euch zu trinken bringen?“
„Ich hätte gerne eine Cola, wenn ihr so was habt“, sagte Gentry mit einem Lächeln. Dieser Kerl hatte echt keine Ahnung von unangenehmen Situationen. Er war außergewöhnlich fröhlich.
Ich sah Calder an. „Und du?“
„Für mich auch“, sagte er. Ich nickte und gab ihnen erneut ein gezwungenes Lächeln. „Ich bringe es euch gleich“, sagte ich und hastete schnell weg vom Tisch. Ich spürte Blicke, die mich bis in die Küche verfolgten, und wusste, zu wem sie gehörten. Es war seltsam für mich, dass Calder und Cullen mich zwar nervös machten, aber ich keine Angst verspürte. Es war fast ein bisschen aufregend, wie sie mich nervös machten. So hatte ich mich seit Jeremy nicht mehr gefühlt...
Ich schüttelte die Erinnerungen aus meinem Kopf und wollte definitiv nichts davon wieder aufleben lassen. Ich nahm ihre Getränke und ging zurück zum Tisch. Sie führten irgendeine gedämpfte Unterhaltung, und Gentry lächelte Calder ständig an, als ob er sein Geheimnis kennen würde. Beide hörten auf, als ich mich näherte und sahen stattdessen mich an.
„Zwei Cola“, sagte ich und stellte ihre Gläser ab. „Braucht ihr noch etwas Zeit mit der Speisekarte?“, fragte ich.
„Wie wäre es damit“, sagte Gentry und nahm beide Menüs und gab sie mir. „Gib uns einfach das beliebteste Abendessen! Überrasche uns mit etwas Leckerem“, sagte er. Ich sah zwischen beiden hin und her.
„Ähm, okay, dann machen wir das so“, sagte ich und kritzelte in meinem Bestellbuch. Ich steckte es in meine Tasche und verließ sie erneut. Sie widmeten sich sofort wieder ihrem Gespräch.
Ich beschloss, ihre Bestellungen weiterzugeben und für etwas frische Luft nach draußen zu gehen, da sie wahrscheinlich mein letzter Tisch sein würden. Als ich nach draußen trat, ließ der Wind mich frösteln. Es sah so aus, als ob der Herbst hier wäre und es bald kalt sein würde. Ich lehnte mich gegen die kalte Ziegelwand und zog mein Handy aus der Tasche. Ich lenkte mich ein wenig ab und sah mir Beiträge in den Sozialen Medien an.
„Es ist kalt heute Abend“, sagte eine Stimme direkt vor mir. Ich schaute auf und sah in ein paar violetter Augen und erschrak über sein plötzliches Erscheinen. Er runzelte die Stirn. „Es tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken.“
„Ist schon okay“, sagte ich. Ich schlang meine Arme um meinen Oberkörper, um mich zum einen zu beruhigen und zum anderen dem kalten Wind zu trotzen. „Es ist ein bisschen k-kalt. Anscheinend ist der H-Herbst schon da“, sagte ich mit einem flachen Lachen. Warum suchte er mich immer wieder hier auf?
Er trat näher zu mir, blieb Zentimeter von meinem Körper entfernt stehen. Ich konnte seine Körperwärme spüren, die er ausstrahlte. Ich sah ihn das erste Mal heute Abend richtig an. Er trug ein einfaches dunkelgraues, V-Ausschnitt-Shirt und schwarze Jeans. Er hatte auch eine modische Lederjacke an. Trotz der Jacke konnte man deutlich sehen, dass er unglaublich fit war. Ich schluckte, als ich seine Nähe spürte und in seine Augen schaute.
Er hob seine Hand und strich damit sanft über meinen Arm. Warme Empfindungen folgten seiner Berührung. Schmetterlinge tanzten in meinem Bauch. „Ich sollte wohl besser reingehen...“, sagte ich leise. Er nickte, bewegte sich aber nicht. „Gibt es noch etwas...“
Er fuhr weiter mit seinen Fingern über meinen Arm und seine Wärme umschlang mich. „Du gehst mir nicht mehr aus dem Kopf“, murmelte er in seiner samtenen Stimme. Ich blieb still, unsicher, was ich sagen sollte. Nach einem Moment trat er zurück und lächelte sanft, bevor er sich umdrehte und davonlief. Ich starrte einen Moment auf seine sich entfernende Gestalt. Schüttelnd versuchte ich zu vergessen, was gerade passiert war. Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass ich nicht auch an ihn gedacht hatte.
Ich ging wieder rein und fand ihre Bestellungen bereits fertig vor. Ich atmete tief ein, als ich ihre Teller nahm und die Küche verließ. Als ich an ihren Tisch kam, saß Calder da und tat so, als ob nichts geschehen wäre. Ich atmete tief durch, als ich mich ihnen näherte.
„Also, ich habe zwei unserer beliebtesten Sandwiches. Monte Cristos“, sagte ich und stellte ihre Teller ab.
„Wow, das sieht großartig aus!“, sagte Gentry. Ich lächelte ihm zu.
„Braucht ihr noch etwas?“, fragte ich.
„Eigentlich schon“, sagte Gentry. Ich schaute ihn neugierig an, während er weiter sprach. „Weißt du, wir sind nicht nur hier wegen des leckeren Essens. Mein Freund hier kann nicht aufhören, über dich zu reden. Er war ziemlich geknickt, als er neulich kam und du nicht da warst. Also, wenn es dir nichts ausmacht, würde er es sehr zu schätzen wissen, wenn du ihm deine Nummer gibst, damit er dich um ein richtiges Date bitten kann.“
Mir fiel die Kinnlade herunter. Ich sah zwischen den beiden ungläubig hin und her. Calder warf Gentry einen mörderischen Blick zu, während Gentry mich angrinste. „Ähm...“ Ich konnte keine Worte finden. Schließlich sagte ich das einzige, was mir in den Sinn kam: „Warum?“
„Du bist ein hübsches Mädchen. Und irgendwie geheimnisvoll“, lachte Gentry, „also warum nicht?“ Ich sah erneut zwischen ihnen hin und her, immer noch unsicher, was ich sagen sollte. „Bitte“, sagte er in säuselndem Ton, mit den Wimpern klimpernd.
„Ähm, ja... S-sicher...“, sagte ich. Ich wusste, dass es wahrscheinlich keine gute Idee war, aber Calder faszinierte mich. Was hatte ich denn schon zu verlieren? Nie hatte ich jemanden so glücklich wie Gentry gesehen, als ich in meine Schürze griff und mein Bestellbuch herausholte. Ich kritzelte meine Nummer auf eine leere Seite und riss sie heraus. Ich legte sie auf den Tisch und drehte mich schnell um, um von dem Tisch wegzulaufen, bevor die beiden noch etwas sagen konnten. Ich rannte zurück in die Küche, meine Wangen verfärbt vor Verlegenheit.
Während sie aßen, beschäftigte ich mich mit kleinen Abschlussarbeiten und vermied es, nach ihnen zu sehen. Als ich es nicht länger vermeiden konnte, ging ich hin und fand ihren Tisch leer vor. Die Teller waren sauber und gestapelt auf dem Tisch, bereit zum Abräumen. Daneben lagen 200 €. Ich seufzte und hob das Geld und den darunter liegenden Serviettenfetzen auf. Es stand eine Notiz mit kritzeliger Schrift darauf:
Danke für die Nummer. Er wird sich morgen bei dir melden ;) Gentry
Wenn ich mich tatsächlich mit Calder verabreden würde, müsste ich unbedingt als Erstes die verrückten Trinkgelder und seltsamen Rendezvous in der Gasse abschaffen.