Kapitel 6

1157 Words
Kapitel 6 Alles in mir sträubte sich, auch nur daran zu denken, was gestern Abend passiert war. Dass ich so inkonsequent gegenüber meiner eigenen Vorsätze war machte mich einerseits wütend, andererseits schwebten mir beim Gedanken an Damon Schmetterlinge im Bauch. Es war zum verrückt werden. „Elise, geht es dir nicht gut?" Wilhelmine strahlte mich mit ihrem üblichen Lachen an und hielt mir eine Pfanne mit Rührei vor die Nase. Ich lehnte ab. „Das ist nett, Wilhelmine, aber mir ist ein wenig schlecht. Ich habe keinen Hunger" Besorgt drückte sie ihre Hand auf meine Stirn. „Du bist zum Glück nicht heiss. Soll ich bei der Schule anrufen, ob du zuhause bleiben kannst?" Wieder schüttelte ich den Kopf. „Es ist lieb, dass du dir solche Sorgen machst, aber es geht schon. Ich nehme mir einfach ein Sandwich mit, falls ich doch noch Hunger bekommen sollte und dann geht das schon!" „Bist du sicher, Kleines" Ich nickte bekräftigend, dann schmierte ich mir ein Sandwich und lief zur Schule. „Elise?" brüllte irgendwer ganz laut. Selina. Konnte die mich nicht einmal in Ruhe lassen? Ich dachte, dass ich mit meiner abweisenden Art klar gemacht hatte, dass ich kein Kontaktfreudiger Mensch war... „Ja?" Fragte ich und verdrehte genervt die Augen. Entweder sah sie es nicht, oder es war ihr egal, denn sie schnatterte einfach drauf los. „Also, ich soll dir ausrichten, dass Damon heute Rudelangeleg... dass er heute krank ist, aber sich gerne nach der Schule mit dir treffen möchte. Und er möchte deine Nummer haben" Ich grinste. „Ja, ganz bestimmt. Am besten sag ich ihm auch noch meinen f*******: Namen und wir schreiben uns ganz viel. Und dass wir uns heize  treffen kann er sich gleich in den Arsch stecken. Sag ihm, ich treffe mich schon mit wem anders." „A-aber... Stimmt das wirklich?" Ich nickte genervt. Aber natürlich stimmte es nicht. Wer würde sich schon mit mir treffen wollen? Eigentlich wollte ich nur Selina loswerden und verhindern, dass ich Damon noch näher an mich heranliess. Solche Typen wie er würden einen eh nur verletzten. Da brauchte ich mir nichts vorzumachen. Es war unmöglich sich innerhalb weniger Tage in ein Mädchen zu verlieben. Damon konnte mich gar nicht toll finden! Es war ein Ding der Unmöglichkeit, dass ein Typ wie er – heiss, gutaussehend, atemberaubend und geheimnisvoll – sich ausgerechnet in jemanden wie mich – zurückgeblieben, schüchtern, etwas unattraktiv – verliebte. Er sollte sich lieber an jemanden halten, der ihm ähnlich war. „Ich glaube nicht, dass er das gerne hören wird..." murmelte die Schwarzhaarige.  „Im Gegenteil. Er wird AUSRASTEN..." Ich ignorierte sie und dachte über das nach, was sie gesagt hatte. ‚Rudelangeleg' Da ich nicht wie Mädchen aus anderen Geschichten auf den Kopf gefallen war, konnte ich ein und eins zusammenzählen. ‚Rudelangelegenheiten'. Also entweder war er so merkwürdig sich und seine Freunde als Rudel zu bezeichnen, oder er hatte ein Wolfsrudel daheim. Auch jeden Fall war die Sache nicht interessant genug, um darüber weiter nachzudenken. Der Gong ertönte und ich liess Selina links liegen. Am Ende des Schultags war ich furchtbar müde und es ging mir noch schlechter als heute Morgen. Wenn doch bloss Damon hier wäre um mich zu beschütz... Stopp, Elise! Das wirst du nicht fertigdenken! Ich seufzte. War etwa schon so abhängig von ihm? Ich hatte ihn gerademal einen halben Tag nicht gesehen. Das konnte doch nicht so schlimm sein! Auf dem Heimweg lief ich in einem Café vorbei und kaufte mir einen Kaffee. Dann setzte ich mich an einen Tisch. Der Kaffee schmeckte scheisse. So, als hätte jemand Zucker und Salz vertauscht. Ich rief nach dem Kellner. „Das schmeckt furchtbar, könnte ich einen neuen bekommen?" Die Bedienung, die noch relativ jung schien – so vielleicht zwei Jahre älter als ich – grinste mich lässig an. "Sonst noch was? Ich bring es dir sofort" Man könnte meinen, er hätte zuerst ‚ich besorg es dir sofort' sagen wollen, aber bei meiner genervten Art schnell gemerkt, dass das keine allzu gute Idee war. Und wenigstens damit hatte er Recht. „Ja, einen..." Mein Blick wanderte über die Karte „einen Erdbeerstreuselkuchen" „Also, einen Kaffee und einen Erdbeerstreuselku..." fing er an aufzuzählen, da legte sich eine grosse Hand auf seine Schulter und schleuderte den Typ weg. Ein Schatten baute sich vor mir auf. Er roch herb. Nach Wald. Und männlich. „Ist das dein scheiss Ernst? Du triffst dich mit jemand anderem? Und ich hatte schon gehofft, du hättest Selina nur belogen..." Damon starrte mich enttäuscht an bevor er sich umdrehte und dem Kellern Blicke zuwarf, die sehr, sehr tödlich aussahen. „Und DU! Du Spast! Was fällt dir ein, MEINE FREUNDIN anzugraben? Ich warne dich! Wenn ich dich noch ein einziges Mal in ihrer Nähe sehe, dann wirst du dein Leben lang keinen s*x mehr haben können, weil ich dich dann nämlich kastriert habe" Seine Stimme war bedrohlich leise und um uns herum hatten sich bereits Schaulustige aufgestellt. In den Gesichtern sah man teils Sehnsucht, – vermutlich nach Damons göttlicher Gestalt – Angst und Belustigung. Damons Gesicht hingegen zeugte von unfassbarer Wut und dämonischem Zorn. „A-aber ich hab doch gar nichts g-gemacht" flüsterte der Kellner verängstigt. „Ach ja? Ich gleich aber schon!!!" Und damit traf seine Faust in das Gesicht des jungen Typen. Blut floss und ein lautes Knacken ertönte. Die Leute atmeten nun alle ängstlich ein, doch niemand ging dazwischen. Damon hob seine Faust erneut. Panisch sah ich mich um. Niemand tat etwas dagegen. Keiner zückte das Handy, um die Polizei zu rufen, nicht einmal eine Hand wurde gehoben. Es schien, als sei die Menge wie eingefroren. Das konnte doch nicht deren ernst sein... „Damon" kreischte ich panisch. Er drehte sich um. Von dem gewöhnlichen Lächeln in seinen Augen wenn er mich ansah, war nichts mehr zu sehen. Ängstlich zitterte ich. „jetzt willst du ihn also auch noch verteidigen?" knurrte er wütend. „Wenn du aufhörst ihn zu Brei zu schlagen" zickte ich. Gings dem eigentlich noch gut? Ich warf mich zwischen die Beiden, als Damon die Faust wieder hob. Sein ganzer Körper bebte, doch er senkte die Faust nicht. Ich hatte Angst. Panische Angst. Was, wenn er jetzt mich schlagen würde? Ich machte mir überhaupt keine Gedanken mehr, um irgendwas. Es war mir egal, dass wir Publikum hatten. Es war mir egal, dass wir uns erst seit wenigen Tagen kannten. Ich konzentrierte mich nur auf seine wunderschönen, blauen, leuchtenden Augen, in denen ich meinte, eine Träne glitzern zu sehen. Dennoch sah ich ihm die Wut an. Ohne überhaupt noch irgendetwas zu denken, drückte ich meine Lippen auf seine. Es fühlte sich erstaunlich gut an. Zuerst war Damon steif, tat einfach gar nichts und ich bekam bereits Angst, dass er mich wegstossen würde. Das wäre nicht nur peinlich, es würde mich auch verletzen. Ein paar Sekunden passierte gar nichts. Ich presste mich nur noch näher an ihn. Dann geschah es. Er legte seine Hand um meine Taille und vergrub die Andere in meinen Haaren. Alles in mir fing an zu glühen und mein Herz raste. Schon wieder.
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