Kapitel 7
Damon fing an, mich immer intensiver zu küssen. Es fühlte sich einfach nur unglaublich an und ich konnte nicht fassen, dass ich das wirklich tat.
Ich – die schüchterne, zurückgebliebene – Elise die noch nie Kontakt mit irgendeinem Jungen gehabt hatte, hatte gerade meinen ersten Kuss!
Mit dem heissesten Typen des Universums. Keuchend löste ich mich von ihm. Ich brauchte ganz dringend wieder Luft.
Benommen nahm ich wahr, dass die Leute um uns herum angefangen hatten, zu klatschen. Peinlich berührt lief ich knallrot an. Waren die denn noch ganz dicht?
Dann sah ich zu Damon. Er hatte ein Grinsen auf dem Gesicht, wie kleine Kinder, wenn sie ein neues Spielzeug bekamen.
Seine Augen strahlten blau auf und er zog mich eng zu sich. „Prinzessin" murmelte er in mein Haar. Beinahe hatte ich den Kellner vergessen, welcher sich mit einem Stöhnen des Schmerzes wieder bemerkbar machte.
Aus seiner Nase lief Blut. Automatisch verhärteten Damons Gesichtszüge wieder, allerdings schien er nicht mehr allzu wütend auf mich zu sein.
„Was willst du noch?" knurrte er. Schnell stellte ich mich vor ihn. „Bitte! Er hat nichts getan. Er war doch nur der Kellner!" „also kommt deine Verabredung noch, oder wie?" Ich schlug mir gegen die Stirn.
„Ich erkläre es dir später. Jetzt braucht der erstmal einen Arzt. Verdammt, du hast ihm die Nase gebrochen, obwohl er vollkommen unschuldig war"
Protestierend starrte Damon mich an. „Er war in deiner Nähe. Das macht ihn schuldig genug" Jetzt reichte es mir.
„Was hast du eigentlich für ein SCHEISS PROBLEM?" In meiner Rage fing ich an Deutsch zu brüllen. „ER HAT VERDAMMT NOCH EINMAL NICHTS GETAN, WAS VERBOTEN WÄRE. ER HAT NUR MEINE BESTELLUNG AUFGENOMMEN, DU HIRNI! WAS DENKST DU DENN VON MIR? DAS ICH GLEICH MIT JEDEM RUMVÖGEL?"
Enttäuscht sah ich ihn an und war kurz vor dem heulen. „Jetzt ruft doch endlich einen Arzt" Mit Tränen in den Augen wandte ich mich an die Umstehenden.
Langsam kam Bewegung in die Menge. Na endlich. Ich drehte mich auf dem Absatz um und verschwand aus dem Kaffee. Davor klatsche ich allerdings noch einen Geldschein auf den Tisch. Innerlich war ich so enttäuscht wie selten zuvor.
In mir war irgendetwas zerbrochen. Als Damon auf den Typen eingeschlagen hatte, da hatte ich einen Augenblick lang furchtbare Angst vor ihm. Davor, wie kaltblütig er war und davor, dass er nicht zurück schreckte, jemanden zu verletzten, der keine Schuld trug.
„Elise! Elise jetzt warte doch" Flennend drehte ich mich um. „Ich will dich nicht mehr sehen, Damon! Nie wieder" Er schien es nicht zulassen zu wollen, denn er packte mich am Handgelenk.
„Ich lasse dich aber nicht gehen. Nicht jetzt, wo ich die endlich gefunden habe. Nicht, nachdem du mich geküsst hast. D-du... du kannst nicht abstreiten, dass da etwas magisches zwischen uns ist!" Die Tränen verschleierten mir die Sicht.
„Das habe ich auch nicht. Aber ich habe es gesehen. Wie du den Kellner erbarmungslos geschlagen hast. Jetzt weiss ich wenigstens wieder, wieso ich niemandem vertraue. Menschen haben so viele Seiten, dass man sie gar nicht alle kennenlernen kann. Es werden einem nur die schönen Sachen gezeigt und wenn das Böse in jemandem ans Licht kommt, dann wird man verletzt. Man ist enttäuscht und entsetzt. Und man hat das Gefühl, den Mensch hinter der Fassade nicht wirklich zu kennen."
„Sag so Etwas nicht..." „Ist es mir jetzt verboten, die Wahrheit zu sagen?" unterbrach ich ihn. „Nein, aber... Ich weiss, dass es falsch war. Aber als ich euch zusammen gesehen habe, da... da wurde ich so furchtbar eifersüchtig. Verdammt, ich habe eine solche Angst davor, dich zu verlieren, dass allein der Gedanke daran weh tut!"
„hör auf! Hör einfach auf so etwas zu sagen. Mich kannst du nicht manipulieren. Entweder du erklärst mir jetzt alles was ich wissen will, oder ich werde nie wieder ein Wort mit dir wechseln!"
Kraftlos sah ich ihn an. Alles in mir schrie danach, ihm einfach zu verzeihen, aber mein Hirn sagte mir, dass ich die Situation wenigstens ein wenig ausnutzen konnte.
Ja. Ich war definitiv nicht dazu fähig, ein sozialer Mensch zu sein. Damon wirkte verzweifelte, doch dann glitzerten seine Augen, als hätte er eine Idee.
„Gib mir einen Monat! Gib mir einen Monat, um dich zu gewinnen. Danach werde ich dir alles erzählen. Wenn du mich danach nicht liebst, dann... dann lasse ich dich gehen" Zum Ende hin wurde seine Stimme immer schwächer. „Deal" sagte ich und schlug in seine Hand.
„Aber, ich habe ein paar Bedingungen" Zerknirscht sah er mich an. „Wenn ich dich in dieser Zeit ein einziges Mal mit einer anderen erwische, dann lässt du mich sofort gehen, aber ich darf dir davor mit der Pfanne eins überziehen" Damon grinste.
„Du bist eifersüchtig. Das ist süss! Das akzeptiere ich. Ich will doch eh nur dich" Knallrot aber zugleich wütend stemmte ich die Hände in die Hüfte. „Ich. Bin. Nicht. eifersüchtig!" Zischte ich.
„Meine zweite Bedingung ist: Sobald du mich irgendwie verletzt, sei es körperlich oder seelisch ist der Deal ungültig.
Drittens: Du wirst mich nicht berühren, mich nicht küssen oder umarmen, oder Sonstiges, es sei denn, ich verlange es!"
„A-aber... wie soll ich das aushalten?" Schmerzerfüllt wollte er mich zu sich ziehen, aber ich schlug seine Hand weg.
„Da muss du wohl selbst entscheiden, ob ich dir wichtig genug bin...
Nun zu meiner letzten Bedingung: Du hast mir nichts zu sagen oder über mich zu entscheiden. Bis ich es sage, wird Wilhelmine nichts von dir erfahren und du schnüffelst mir nicht hinterher, noch versuchst du Dinge über mich heraus zu finden. Wenn du etwas wissen willst, dann frag mich direkt."
„Das sind die härtesten Bedingungen, die du mir stellen konntest... Aber für dich würde ich alles tun!" „hör auf zu schleimen"
Aber irgendwie fand ich es doch ganz süss. „Darf ich dich denn jetzt auf einen Kuchen zu mir nach Hause einladen? Dort könnten wir reden... Darüber was das im Kaffee war und so..." Ich runzelte die Stirn.
„Von mir aus, aber vergiss die Regeln nicht" er grinste. „Wie könnte ich die geistigen Qualen vergessen, die du mir auferlegt hast?" Beinahe fühlte ich mich schon schuldig. Aber dann verwarf ich den Gedanken wieder. Meine Bedingungen waren nichts Unmenschliches gewesen. Das würde er schon überleben.
„Ach halt doch die Klappe..." „Meine Lippen lassen sich nur mit einem Kuss versiegeln" verschmitzt lächelte er mich an. „Ach vergiss es doch einfach..." Ein leises Lachen ertönte. „Für dich rede ich doch gerne weiter, meine kleine Prinzessin!"
Ph. Als ob ich klein war! Penner. Nur weil er grösser war, als ich, hiess das nicht, dass ich klein war. Beleidigt wandte ich mich von ihm ab.
„Was hast du denn jetzt schon wieder?" maulte er und wollte seinen Arm auf meine Schulter legen. Ich schlug sie weg. „Lass uns jetzt lieber zu dir fahren" Wieder grinste er frech. „Du bist ja eine ganz schnelle!"
Eigentlich sollte es nur ein Witz von ihm sein, doch gerade war ich besonders empfindlich. Meine Augenbrauen hoben sich spöttisch.
„Wenn du magst, kann ich auch direkt nach Hause gehen" „Nein! Nein, natürlich nicht. Komm mit, mein Auto steht dort drüben!"
Ich grinste. Irgendwie machte es Spass, ihn in der Hand zu haben. Ein einziges Mal das Sagen zu haben. Er öffnete mir galant die Autotür, setzte sich selbst und startete den Motor.
„Ich möchte dir noch jemanden vorstellen!" meinte er. „Wen denn?" „Meine Cousine. Sie heisst Laeta. Sie ist wie eine beste Freundin für mich. Ich glaube, du bist ihr schon einmal begegnet, nicht?"
Ich erinnerte mich. Mein erster Schultag. Verschwommen tauchte die Szene im Flur vor meinen Augen auf. Wie ich in Jake hinein gerannt war, und Damon ihn zur Schnecke gemacht hatte.
‚Sie ist MEINE MATE! ' hatte er gebrüllt. Was das wohl bedeutete? Wenn ich zuhause war, würde ich es sofort googlen. „Ja, ich erinnere mich noch sehr gut" an den Stich im Herzen und meine Eifersucht.
Das letzte sagte ich aber nur in Gedanken. Es wäre peinlich, wenn er es hören würde. Und vor Allem würde er mich als leicht zu haben ansehen.
„Super. Naja, sie war letztes Jahr in einem Austauschjahr und wir haben uns seit dem nicht wirklich oft gesehen, weshalb wir uns auch so umarmt haben" er lächelte mir entschuldigend zu. Sofort hatte ich ihm verziehen. Wobei, was hiess verziehen?
Er hatte ja eigentlich gar nichts getan! „Und sie ist heute bei uns. Ihr werdet euch sicher super verstehen. Und dann könnten wir ja... das Frage-Antwort Spiel weiter spielen. Ich brenne darauf, mehr über dich zu erfahren."
Ich musste lächeln. Er war wirklich süss. „Du weisst wo deine Grenzen liegen, oder? Keine Fragen über meine Familie oder Vergangenheit!" Er nickte eifrig.
„Wenn du das nicht willst, Prinzessin, dann tue ich es auch nicht" Ich hatte das Gefühl, als sei er ein Kleinkind, dass genau das tat, was Mami sagte. Merkwürdige Vorstellung weil wir uns vor ein paar Minuten gerade noch geküsst hatten. „Aber du kannst mich auch nicht alles fragen..." Menno. Und ich hatte mir schon Hoffnungen gemacht. Nicht. Ich hatte mittlerweile gerafft, dass er auf bestimmte Themen empfindlich reagierte und dann einfach dicht machte.
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„Hey, ich bin Elise" stellte ich mich kühl vor und wollte Laeta die Hand schütteln. Abschätzig betrachtete sie mich. „Nein danke. Ich möchte nicht, dass die Dummheit sich verbreitet... Halt bloss Abstand"
Wie bitte? Ganz offensichtlich wollte sie mich als dumm darstellen. Ich riss mich zusammen.
„Ich bin ja sehr berührt, dass du dich um meine Gesundheit und Intelligenz kümmerst, aber ich bin so schlau, mich kannst sogar du nicht anstecken"
Laetas Gesicht verzerrte sich zu einer wütenden Fratze. „Wie bitte? Du *****! Was fällt dir ein? Du bist doch eh nur ein Spielzeug meines Cousins. Nichts, dass ihm wirklich wichtig wäre, denn sonst sähe die Situation schon ganz anders aus. Also warne ich dich. Verschwinde bloss schnell hier, bevor ich dafür sorge"
„Ach ja? Es ist mir scheiss egal was du von mir denkst, du Idiotin. Ich habe nichts Schlimmes getan, also was ist dein Problem?"
Ich war gefährlich ruhig, was bedeutete, dass ich kurz vor dem Ausrasten war. Wenn dieses Mädchen jetzt nicht schnell abhaute, dann würde sie den heutigen Tag nicht mehr überleben.
„Was ist hier los?" Ich drehte mich um. Ein Mann, mittleren Alters starrte Laeta liebevoll an. „Wer ist die da? Eine von Damons... Bettgefährten?"
Empört fauchte ich auf. „Was habt ihr hier alle eigentlich für ein Problem. Bin ich jetzt etwa gleich eine Schlampe, nur weil ich Damon mag?"
„Die Frage ist doch eher, weshalb du ihn magst. Wegen seinem Aussehen? Wegen seinem Geld? Weil er ein Alpha ist?" Was hiess das denn schon wieder? Alpha war soweit ich wusste, der erste Buchstabe des griechischen Alphabets, aber so wie er es sagte, klang es wie ein Rang. „Onkel!" fuhr jemand dazwischen und unterbrach meine Gedankengänge.
„Sie ist ein Mensch. Und sie ist meine MATE!" Da war es schon wieder. Dieses Wort. ‚Mate'. Zuhause musste ich es unbedingt googlen. Ohne einen Aufschub. Der Mann, der scheinbar Damons Onkel war, zuckte zusammen. Seine Augen weiteten sich.
„Oh... Das wusste ich nicht. Es tut mir sehr leid." Spöttisch lachte ich auf. „Ach kein Problem. Sie haben mich ja nur als Schlampe bezeichnet. Und da sagt man, die Jugend von heute wäre so furchtbar und vulgär in ihrer Ausdrucksweise."
Ironisch grinste ich auf. „und, was schaut ihr so? Lasst uns doch einen Kaffee darauf trinken, dass ich vielleicht doch keine Schlampe bin. Für euch würde ich sogar noch zum Supermarkt laufen und uns Kuchen holen..."
„Du hast SIE eine SCHLAMPE genannt?" Damons - wunderschöne, markante, männliche, atemberaubende... okay, es reicht! - Stimme zitterte. Ich nahm an vor Wut.
„Wie kannst du es wagen? Verschwinde lieber, bevor ich mich vergesse. Und du auch. Laeta!" Die beiden Angesprochenen drehten sich auf dem Absatz um und verschwanden aus der Küche, in der wir uns aufhielten.
Eine Hand strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und klemmte sie hinter mein Ohr. „Was hatten wir abgemacht Damon?" presste ich mühsam hervor. Er sollte bloss nicht merken, wie süss ich das alles fand.
„Schon gut. Ach Prinzessin. Es tut mir so leid, dass die beiden solche Idioten sind und-" „Stimmt es? Hattest du schon viele..." ich rang nach Worten „Freundinnen vor mir?"
Beschämt vergrub er den Kopf in meinen Haaren und dieses Mal wies ich ihn nicht zurecht. Sollte er doch machen. „Nein... Aber ich gebe zu, dass ich betrunken bereits zwei One-Night-Stands hatte..." Ich seufzte erleichtert. Das war zwar nicht hundertprozentig das, was ich erhofft hatte, aber es war auch nicht ansatzweise so schlecht, wie ich es mir vorgestellt hatte.
Ich meine, bei einem so gut aussehenden Typen wie Damon war das ja irgendwie zu erwarten. Die Frauen mussten ihm doch in Scharen hinterhersehen. „H-hattest du schon einen Freund?"
Ich wollte gerade antworten, da unterbrach er mich.
„Moment! Du hast gesagt: Andere Freundinnen vor MIR! Siehst du dich etwa als meine Freundin?" Ich schlug ihm auf den Arm. „Also erstens hast du mich im Kaffee einfach so als deine Freundin bezeichnet also mach mal halb lang. Und zweitens weißt du genau dass ich das nicht so gemeint habe. Aber man muss ja sagen, dass das zwischen uns schon so ein bisschen... Es knistert halt einfach, ok? Bist du zufrieden?"
Sein Grinsen sagte mir schon alles. „Nun... Und meine andere Frage?" Ich seufzte entnervt. „Bitte schau mich einmal an und frage dich, ob es möglich wäre dass ein Mensch wie ich mit meiner sozialen Kompetenz und meiner Art mit anderen umzugehen einen Freund gehabt haben könnte?"
„Du bist perfekt, also ist sehr wohl möglich" verteidigte er sich und zugleich auch mich. „Ich bin nicht perfekt." „Bist du Jungfrau?" Fragte er direkt heraus und ich lief knallrot an.
„Das geht dich überhaupt nichts an!" „Zum Glück. Ich hatte solche Angst. Du sollst doch.... Naja. Eigentlich ist es ja doch egal. Wie sagt man so schön? Ich bin vielleicht nicht dein erstes Date, dein erster Kuss oder deine erste Liebe, aber ich möchte in allem der Letzte sein. Der letzte, der dich Küssen wird, den du lieben wirst und..." „Ach halt doch einfach die Klappe du Schleimer" „Ich sage doch nur die Wahrheit." Kichernd strahlte ich ihm in die Augen. „Willst du mich küssen?" hauchte ich.