Kapitel 4
Vermutlich war das auch völliger Schwachsinn doch ich vertraute eher meinem Verstand, denn dieser liess sich nicht so schnell manipulieren, wie das Herz.
„Danke" hauchte ich also und in seinen Augen sah ich ein wenig Verletztheit aufblitzen. Ganz offensichtlich hatte er erwartet, ich würde ihm genug Vertrauen und es machte ihn traurig.
Beinahe bekam ich ein schlechtes Gewissen. Er sollte doch nicht traurig sein! Und schon gar nicht wegen mir!!!
„Wohnst du allein mit deiner Familie in dieser Villa?" fragte ich. Damons Miene verschloss sich ein wenig.
„Nein. Verwandte und... Freunde wohnen ebenfalls hier. Ich zog die Augenbrauen hoch. Seit wann wohnte man denn mit Freunden zusammen? Und wieso hatte er bevor er das gesagt hatte, so gezögert?
Ich seufzte, ging aber nicht länger darauf ein. „Wie geht es dir?" Ich musste lächeln. Es war eine so einfache Frage, doch noch niemand, der mich das gefragt hatte, hatte dabei so aufrichtig geklungen wie er. So, als würde es ihn wirklich interessieren. Er fragte überhaupt nicht oberflächlich danach.
Einen Moment musste ich jedoch überlegen, bis ich ehrlich antworten konnte. „Ich bin... verwirrt! Deine Aufmerksamkeit kann ich nicht wirklich verstehen und es ist merkwürdig nun in Kanada zu leben. Es ist hier so anders als in Deutschland."
Ich zögerte. Dann stellte ich meine Frage. „Was findest du an mir? Du kennst mich doch erst seit zwei Tagen!" Er lächelte, antwortete dann aber ausweichend. „Das ist ein Geheimnis, dass ich dir noch nicht jetzt erzählen kann" Ich sah ihn wütend an.
„Du schummelst. Du hast versprochen, jede Frage ehrlich zu beantworten. Ausserdem muss ich heim! Es ist schon sehr spät!" Seine Augen funkelten traurig auf.
„Es ist erst acht Uhr" „Eben" zickte ich, und stand auf. „Ich weiss nicht, wo es zu mir nach Hause geht..." murmelte ich beschämt.
Es war mir unangenehm, auf seine Hilfe angewiesen zu sein, aber andererseits fühlte es sich auch gut an, was irgendwie merkwürdig klang, weil es gar nicht zusammen passte.
„Ich fahre dich" seine Stimme war kühl und ein Stich durchfuhr mein Herz. Was hatte ich denn jetzt schon wieder falsch gemacht? Oder hatte er vielleicht seine Meinung geändert und fand mich nun uninteressant.
Meine Unterlippe fing an zu beben, doch ich riss mich schnell wieder zusammen. Ganz bestimmt würde ich jetzt nicht weinen. So wichtig war er dann doch nicht! Okay, das war eine Lüge, denn merkwürdigerweise war er mir wichtig.
Diese ganze Situation war so unfassbar merkwürdig. Und merkwürdig war mein neues Lieblingswort seitdem ich ihn kannte...
Er lief vor und ich folgte ihm. Irgendwie war ich enttäuscht. Sonst hatte er ich immer getragen... Nicht einmal das ich getragen werden wollte, sondern dass mir die Nähe zu ihm gefallen hatte und es eine Geste der Zuneigung war, die er mir nun verwehrte.
Leise folgte ich ihm und er stieg ins Auto. Ich stieg auf der Beifahrerseite ein und während der Fahrt sprach er kein Wort zu mir und auch als ich ihm meine Adresse genannt hatte und er dort vorgefahren war, damit ich aussteigen konnte, waren seine Lippen noch immer wie versiegelt.
Ich schluckte leise. „Bye" murmelte ich, stieg aus und trat ein. „Ach Schätzchen, wo warst du denn?" begrüsste Wilhelmine mich, und Besorgnis klang in ihrer Stimme mit.
„Es tut mir Leid. Ich war noch bei einem... Kumpel" Nun fing Wilhelmine an zu strahlen. „Es freut mich, dass du so schnell Anschluss gefunden hast, aber bitte sag mir nächstes Mal Bescheid."
Ich nickte schnell und umarmte sie. Das hatte ich früher nie gemacht, doch Wilhelmine war so taktvoll und kommentierte es nicht.
♧
Als ich am nächsten Morgen in der Pause draussen auf der Bank sass, und in mein Tagebuch schrieb, musste ich feststellen, dass ich vergeblich darauf wartete, dass Damon vielleicht hier erschien.
Es gab mir die Bestätigung, dass er mich doch nicht mochte, vielleicht hatte er auch gestern als er mich kennengelernt hatte, festgestellt, dass er mich scheisse fand - ich wusste es nicht, doch allein schon aus Trotz und Stolz war es mir egal.
Ich wollte mir nicht die Blösse geben, jemandem nach zu trauern, denn ich erst seit drei Tagen kannte. Ausserdem ließ sich eine Elise Light nicht so behandeln.
„Hey, wie wars gestern mit meinem Bruder?" mein Blick schoss zur Seite. Damons Schwester! Wie hiess sie noch gleich? Selina?
Was dachte sie denn? Das ich jetzt mit ihr über Damon reden würde? Ganz bestimmt nicht. „Alles perfekt, wenn du mich jetzt entschuldigen würdest" Ich stand auf, das Tagebuch fest umklammert. Da stiess ich... mal wieder gegen jemanden, das konnte auch nur mir so oft passieren.
„Pass auf, meine kleine Prinzessin!" hauchte eine Stimme ganz nah bei meinem Ohr. Damon! Und das ‚Prinzessin' sagte er auf Deutsch! Hatte er es etwa extra nachgeschlagen?
Beinahe war ich gerührt, doch dann fiel mir ein, dass ich doch wütend auf ihn war. „Lass mich los" maulte ich. „Haust du dann auch nicht ab, Prinzessin?" ich sah ihn gekränkt an.
„ich habe mich gestern nicht so bescheuert und kühl aufgeführt" fauchte ich. Er schluckte und blinzelte. „du glaubst auch gar nicht, wie leid mir das tut! Es war nur... naja, dass du einfach gehen wolltest, das hat mich irgendwie verletzt?"
Sein Satz klang mehr wie eine Frage, als alles andere. „Ja sicher. Verdammt, du kennst mich erst seit drei Tagen! Woher willst du wissen, dass ich so toll bin, wie du denkst? Denn toll bin ich bestimmt nicht! Woher kommt es, dass du so ein merkwürdiges Interesse an mir hast? Das ist schon fast gruselig, verdammt!" fluchte ich.
Es tat mir zwar weh, diese Worte zu ihm zu sagen, doch meiner Meinung nach waren sie nötig, denn ich würde bestimmt nicht bei seinen Spielchen mitspielen, da es meiner Meinung nach quasi unmöglich war, dass er mich nach drei Tagen so toll fand.
Er zog mich plötzlich ganz stark in seine Arme und ich schrie laut auf, weil ich mich so erschreckte. „Du hast ja keine Ahnung, was du mir bedeutest! Ich kann es dir noch nicht erklären, doch der Moment wird kommen. Nur... sagen wir es so..." stammelte er mit klarer Stimme.
„ich habe ein Geheimnis dass ich dir erst zu gegebener Seit erzählen kann. So Leid es mir tut."