Paolo
Ich hatte zum Glück einen Schlosser, der mir einen Gefallen schuldete, und mithilfe seines Schlüssels breche ich in das Apartment von Caitlin West – alias Caitlin WYLDE – ein. Einer meiner Jungs hatte sie bereits eine Woche lang beobachtet und mich über ihre Gewohnheiten informiert, daher weiß ich auch, dass sie gerade ihren Tanzkurs unterrichtet.
Bald wird sie nach Hause kommen und ich kanns kaum erwarten, sie zu überraschen.
Leute einzuschüchtern ist eine Kunstform, die ich mein ganzes Leben lang perfektioniert habe, und ich werde der kleinen Computer-Haeckse, die sich an der Casinokasse meiner Familie bedient hat, eine ordentliche Lehre erteilen.
Als zweiter Sohn des mittlerweile inhaftierten Don Tacone, dem Oberhaupt des größten Mafiaclans von Chicago, habe ich diverse Einschüchterungstaktiken praktisch schon als Knirps erlernt. Mit sechs Jahren wusste ich bereits, wie man jemanden ordentlich vermöbelt.
Meistens bewirken alleine schon mein Ruf und das Aufblitzen einer Knarre die gewünschte Wirkung. Es kommt selten vor, dass ich tatsächlich jemandem wehtun oder eine eindeutige Drohung aussprechen muss.
Als mein Bruder also bat, dass ich mich um unseren Hacker kümmere, habe ich sofort eingewilligt. Besonders, als ich das Foto vom Computergeek gesehen habe. Der Nickname Wylde scheint bestens zu ihr zu passen. Es liegt aber nicht an der üppigen Mähne oder der schwarzen Brille. Es ist das Lipgloss auf ihrem frechen Mund, das mich vermuten lässt, dass sie nicht der asoziale Nerd ist, den man hinter einem Informatikgenie erwarten würde.
Das Apartment ist winzig – man nennt sowas wohl ein Studio – mit einer Küche an einer Wand und dem Bett an der anderen und einem winzigen Badezimmer. Es ist das reinste Chaos. Überall liegen Kleider. Auf allen Ablagen stapelt sich schmutziges Geschirr.
Da – mit einem Finger lese ich einen klitzekleinen weißen String auf.
Ein Nerd in heißen Höschen. Das könnte ein ganzer neuer Fetisch werden. Passt irgendwie zur sexy Bibliotheksratte. Ich werfe den Fummel in den Wäschekorb und sehe mich weiter um.
Die Wände und der Schreibtisch sind mit stapelweise Büchern und Computerausrüstung vollgestellt. An einer Wand lehnt ein altes Fahrrad, am Lenker hängt ein Helm.
Ich laufe umher und stöbere durch ihre Sachen. Im Schrank stehen Fertignudeln und Bohnenkonserven. Im Gefrierfach liegen Burritos. Wenigstens haut sie mit unserem Geld nicht auf den Putz.
Mein Bruder Stefano meinte, das gestohlene Geld wurde von einem Offshore-Konto direkt an die Rechnungsstelle der Northwestern University überwiesen. Auch wenn sie nur für ihre Ausbildung stiehlt, ist das kein Kavaliersdelikt. Sie hat sich eindeutig mit der falschen Familie angelegt.
Ich bleibe stehen und sehe mir ihr Schwarzes Brett an. Über den Visitenkarten von diversen Restaurantlieferdiensten sind Stundenpläne von örtlichen Yoga- und Tanzstudios angebracht. Es gibt nur ein Foto – von Caitlin und einem jungen Mann. Ich ziehe es runter und sehe es mir genauer an.
Es ist Trevor, der jüngere Bruder. Die beiden ähneln sich.
Er ist mein Ass im Ärmel. Selbstverständlich habe ich auch jemanden auf ihn angesetzt – der Junge ist zwanzig und studiert an derselben Uni Kunst. Ich werde ihren Bruder als Druckmittel einsetzen, damit die kleine Haeckse keine krummen Dinger versucht.
Sie wird uns unser Geld zurückgeben, soll sie es doch woanders klauen. Und vielleicht werde ich die beiden sogar mit dem Leben davonkommen lassen.
Normalerweise läuft es bei den Tacones nicht so, aber sie ist eine Tussi.
Und dazu noch eine ziemlich scharfe.
Außerdem töte ich keine Frauen.
Ich durchwühle ihren Kleiderschrank und muss lächeln, als ich genau die Art Klamotten vorfinde, die ich mir erwartet hatte. Ich hab mich nicht in ihr getäuscht, denn sie hat lauter skandalöse Sachen – Netzstrümpfe, Bootie-Shorts, durchsichtige Oberteile voller Löcher. Stripperklamotten. Nur, dass sie keine Stripperin ist.
Ich wusste verdammt nochmal, dass dieses Mädel ein Freak ist.
Ich schwöre, ihr Foto hat mir bereits alles verraten. Das Computergeek-Ding passt einfach nicht zu ihr, trotz der fetten schwarzen Brille und den schlampigen Klamotten. Irgendetwas an ihr schreit einfach nur nach s*x. Vielleicht liegt es am bonbonfarbenen Lipgloss auf ihrem breiten Schmollmund. Oder an ihrer Haltung. Sie verkörpert einfach fleischliche Lust.
Und deswegen hab ich mich schon die ganze Woche lang auf dieses Treffen gefreut.
Ich blicke auf die Uhr. Es ist beinahe Showtime. Ich schiebe die Klamotten von ihrem Stuhl und mache es mir gemütlich. Ich warte.
Ich mache mir nicht mal die Mühe, meine Knarre rauszuholen und sie auf meinen Oberschenkel zu legen – so, wie ich es bei einem Typen machen würde.
Mich in ihrem Apartment vorzufinden, wird ihr schon genug Angst einjagen.
Und ich sollte deswegen keinen Steifen kriegen, tue ich aber.
Meine Nachforschungen und Mutmaßungen konnten mich dennoch nicht auf die ultra-scharfe, chaotische Haeckse vorbereiten, die schließlich durch die Tür gerauscht kommt.
Mit Ohrstöpseln in den Ohren kommt sie durch die Tür getrudelt und rockt scheinbar immer noch zu ihrer Trainingsmusik ab. Sie trägt Leggings und eine bauschige Steppjacke, die sie sofort auszieht und auf den Boden fallen lässt. Darunter trägt sie ein bauchfreies Top, das unter einem frechen Paar Titten eine durchtrainierte Taille hervorblitzen lässt. Ihr dunkles Haar ist auf dem Scheitel zu einem wilden Knoten aufgetürmt und sie trägt dasselbe helle Lipgloss, bei dessen Anblick ich nur daran denken kann, wie dieser Mund wohl um meinem Schwanz aussehen würde.
Sie bemerkt mich nicht, als sie reinkommt. Sie bemerkt so gut wie gar nichts um sich herum. Sie scheint völlig gedankenverloren zu sein, als sie direkt zur Küche geht, sich eine Schüssel Cornflakes mit Milch einschenkt und anfängt, im Stehen zu essen.
Erst dann dreht sie sich um und sieht mich.
Die Cornflakesschüssel geht zu Boden und ihr lauter Schrei durchdringt die Luft. Überall landen Milchspritzer.
Ihre weit aufgerissenen Augen starren in meine und dieser hübsche Mund steht offen.
Aber sie erholt sich schneller als gedacht. Nur ein kurzer Schrei und sie verstummt.
„Hallo, Caitlin.“
„Oh.“ Ihre Hand wandert über ihren straffen Bauch und wischt die Milch weg, dann wischt sie sich die Hand am Arsch ab. Einem überaus wohlgeformten Arsch.
„Die Tacones haben dich geschickt?“ Sie klingt aufgeregt. Gut. Sie hat mit mir gerechnet.
„Ich hab mich selbst geschickt.“
„Oh. Mister Tacone, richtig?“
Und dann wird mir klar, dass meine übliche Einschüchterungstaktik wohl nicht funktionieren wird.
Denn die kleine Miss schiebt langsam ihre Hand zwischen ihre Beine und blickt mir in die Augen, während sie die Finger krümmt und sich befummelt, als würde sie sich gerade einen Porno reinziehen.
Oder besser gesagt, als ob sie der Pornostar wäre und genau weiß, dass sie mich mit dieser simplen Geste Schachmatt gesetzt hat.