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748 Words
Aus dem Plattenspieler erklang leise Mozarts Klaviersonaten, welche nur unterbrochen wurde von klirrenden Gläsern und klappernden Besteck. Der Mann am Kopfende, dessen Augen beinahe denselben dunklen Braunton hatten wie seine Haare, legte das Besteck beiseite und räusperte sich leise. Sofort lag die Aufmerksamkeit aller im Raum auf ihm. Geschmeidig erhob er sich und sah einmal in die Runde bevor er mit dunkler und fester Stimme anfing zu sprechen. "Brüder, Schwestern, lasst mich damit anfangen euch meinen Dank für euer Kommen heute auszusprechen. Dies ist eine besondere Woche für unseren Zirkel. In drei Tagen ist Noctum Magicae. Die Hexennacht. Die heiligste unserer Nächte. Wie unsere Ahnen werden wir diese Nacht nutzen um mit unseren Vorfahren eins zu werden und unsere Macht zu erneuern. Das Ritual wird dieses Jahr nicht von mir ausgeführt." Unruhe kam am Tisch auf, wurde jedoch durch eine Handbewegung im Keim erstickt. Der Mann, niemand geringerer als Jedediah LaShaw, Hohepriester des New Orleans Hexenzirkel, legte seine Hand auf die Schulter des Jungen an seiner Rechten. "Diese Ehre gebührt dieses Jahr meinem ältesten Sohn, Caleb LaShaw" Caleb sah zu seinem Vater auf, der ihn kaum merklich zunickte. Entschlossen stand er auf, stellte sich neben seinen Vater und erwiderte entschlossen die kritischen Blicke der Anwesenden. "Es ist mir eine Ehre den Platz meines Vaters einzunehmen, und die Ahnen mögen meine Zeugen sein, ich werde euch nicht enttäuschen. Das schwöre ich bei meinen Vorfahren.", versprach er mit fester Stimme. Die misstrauischen Blicke lösten sich auf und nach kurzem Schweigen begann der Erste zustimmend zu klatschen. Keine Sekunde später stimmten auch die anderen ein. Caleb warf seinen Vater ein triumphierendes Lächeln zu, welches verschwand, sobald er den strengen Blick seines Vaters sah. Er senkte den Blick und setzte sich wieder. Sein Vater blieb stehen und wartete bis alles wieder still war, bevor er sein Glas erhob. "Esst, Trinkt, Feiert! Bereitet euch vor, betet. Et gloriam maiorum, et gloriam noctem magicae!" Alle am Tisch erhoben ihre Gläser. "Et gloriam maiorum, et gloriam noctem magicae!", wiederholten sie einstimmig. Danach begann das Klirren und Klappern von neuem. Jedediah stellte das Glas ab doch anstatt sich wieder zu setzen drehte er um und verließ den Raum. Im Nebenraum des großen Essenssaal, wo der Alkohol Vorrat der Familie gelagert wurde, setzte er sich auf einen Stuhl und goss sich ein Glas Bourbon ein. Es dauerte nicht lange da öffnete sich die Zwischentür erneut. Er musste sich gar nicht umdrehen, um zu wissen wer ihm gefolgt war. "Vater, geht es dir gut?", fragte Caleb vorsichtig. Jedediah nahm schweigend einen kleinen Schluck, ehe er sich zu seinem Sohn umdrehte. "Wieso sollte es mir nicht gut gehen, Caleb? Es ist Noctem Magicae.", antwortete er kühl. Caleb zog einen Stuhl heran und ließ sich neben seinem Vater nieder. "Nicht nur. Dieses Datum, diese Nacht, sie ist so viel mehr wie nur Hexennacht für unsere Familie, nicht wahr?", erinnerte er seinen Vater leise. Dessen Blick verfinsterte sich. Caleb wagte sich noch etwas weiter vor. "Vater, es wird Zeit darüber zu reden. Was vor acht Jahren geschah.", meinte er. Trotz seines Versuches das Zittern in seiner Stimme zu verstecken war der Zweifel deutlich herauszuhören. Jedediah stellte sein Glas mit einem lauten Knall auf dem Tisch ab. Sein Sohn zuckte zusammen, blieb jedoch standhaft und sah seinen Vater fordernd an. Dieser beugte sich langsam nach vorne und funkelte seinen Sohn warnend an. "Es ist gar nichts geschehen, Caleb.", zischte er eisig. Caleb erwiderte seinen Blick für ein paar Sekunden, bevor er resigniert zu Boden sah. "Wenn du es sagst, Vater.", flüsterte er niedergeschlagen, bevor er aufstand und zur Tür ging. Als er sie bereits einen Spalt geöffnet hatte hielt er nochmals inne. "Du kannst die Ereignisse nicht für immer totschweigen. Früher oder später wird es zur Sprache kommen.", warnte er seinen Vater, bevor er den Raum verließ und Jedediah mit seinem Bourbon und seinen Gedanken allein ließ. Jedediah nahm einen weiteren Schluck während er nach wie vor auf die nun wieder geschlossene Tür starrte und über die Worte seines Sohnes nachdachte. Du kannst die Ereignisse nicht für immer totschweigen. Früher oder später wird es zur Sprache kommen. Er umfasste sein Glas fester, sodass die Knöchel weiß hervortraten. "Nicht wenn ich es verhindern kann.", murmelte er in den leeren Raum hinein und kippte den Rest seines Bourbons in einem Zug hinunter. Dann stand er auf, strich seinen Anzug glatt, verließ den Raum, um wieder zu seinen Gästen zu gehen und ließ neben dem leeren Glas am Tisch einen Raum voller unausgesprochener Worte zurück. 
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