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974 Words
Jedediah saß unruhig in seinem Arbeitszimmer. Vor ihm lagen die Bilanzen des Familienunternehmens, doch darauf konnte er sich jetzt nicht konzentrierten. Seine Gedanken schweiften immer wieder ab zu Constantin, der den Auftrag erhalten hatte ihr Problem aus der Welt zu schaffen, ehe es in eine Katastrophe ausartet. Diese Abscheulichkeit aus der Welt zu schaffen. Jene Abscheulichkeit, die von seiner geliebten Frau in die Welt gesetzt wurde und dann sowohl für ihren Tod als auch für den Tod seiner jüngsten Kinder verantwortlich war. Seiner geliebten Tochter Freya, noch ein Kind, voller Lebensfreude und seinem Neugeborenen Sohn Leo, kaum das Licht der Welt erblickt und schon in die Dunkelheit gezogen. Aufgefressen von den Flammen. Ermordet von dem Monster, das seine Frau Tochter genannt hatte. Er hätte sich dieser Abscheulichkeit entledigen sollen, als er noch die Chance gehabt hatte. Dieses Monster hätte niemals heranwachsen dürfen. Doch er war zu schwach gewesen, damals, vor so vielen Jahren. Und diese Schwäche brachte qualvolle Konsequenzen mit sich. Doch diesmal würde er keine Schwäche zeigen. In diesem Moment hörte er erschrockene Rufe von draußen. Beinahe im selben Moment kam Caleb in das Arbeitszimmer gestürmt. "Vater, Constantin ist zurück. Er ist schwer verletzt!", keuchte sein Sohn außer Atem. Ohne zu zögern, erhob sich Jedediah und folgte seinem Sohn schnellen Schrittes in die große Eingangshalle. Dort lag Constantin in einer Lacke seines eigenen Blutes am Boden. Eileen und die Zwillinge knieten neben ihm und murmelten Zauber, um seine Wunden zu schließen, unzählige Messerstiche. Jedediah kniete sich neben seinen alten Freund und half dabei die schlimmsten Verletzungen zu heilen. Als der Großteil der äußeren Wunden geschlossen war und Constantin wieder genügend Kraft schöpfen konnte, um sich zu erheben, half Jedediah ihn sich auf das Sofa zu legen. Dann zog er einen Stuhl heran und setzte sich neben ihn, seine Kinder nahmen etwas Abseits Platz. "Erzähle mir was passiert ist.", flüsterte Jedediah eindringlich. Constantin atmete schwer, wohl aufgrund der zahlreichen inneren Verletzungen, die weitaus schwerer zu heilen waren als Äußere, und sah zu ihm, blankes Entsetzten lag in seinem Blick. "Sie sind alle tot. Ich bin der einzige Überlebende.", flüsterte er mit brüchiger Stimme. Jedediah starrte seinen Freund ungläubig an. "Alle tot? Wie ist das möglich? So viel Macht kann sie doch nicht haben.", murmelte er fassungslos. "Sie war nicht allein.", sagte Constantin, bevor er von einem Hustenanfall übermannte wurde. Als er dir Hand weg nahm war sie voller Blut. "Er hat innere Verletzungen. Wir müssen ihn zu den Heilern bringen, sofort!", rief Eileen entsetzt, doch Jedediah schüttelte den Kopf. "Keine Zeit so lange hält er nicht durch. Sag mir wer ihr hilft. Wer vermag es uns zu trotzen? Ein anderer Hexenzirkel?" Constantin schüttelte schwach den Kopf. "Kein Zirkel. Nur eine Person." Ein weiterer Hustenanfall hinderte ihn daran weiterzureden. "Eine Person? Welche Hexe besitzt so viel Macht, um sich uns entgegenzustellen?", fragte Jedediah ungeduldig. "Keine Hexe.", flüsterte Constantin, bevor seine Stimme abbrach. Jedediah umfasste seine Schulter. "Bleib bei mir, alter Freund. Wenn es keine Hexe ist, womit haben wir es dann zu tun?" Mit letzter Kraft hob Constantin den Blick und sah Jedediah an, in seinen Augen lag Angst. "Es ist ein Dschinn. Ein sehr mächtiger. Er ist resistent gegen unsere Magie, sie kann ihm nichts anhaben. Und er versorgt sie mit seiner Macht. Ermöglicht ihr Zauber zu wirken. Sie werden kommen, Jed. Sie werden kommen, um euch alle zu vernichten. Sie sind bereits auf den Weg. Und nichts vermag sie aufzuhalten." Er röchelte und sank nach hinten. Jedediah nahm seine Hand. "Halte durch.", befahl er, ehe er begann einen Zauber zu wirken, doch es war nutzlos. Die inneren Verletzungen waren zu stark. Keine Magie vermag es ihm noch zu helfen. Seine Augenlider flatterten, das Atmen fiel ihm immer schwerer. Er wollte Jedediah noch etwas sagen, wollte sich verabschieden, doch er brachte kein Wort heraus. Er spürte, wie er dem Leben entglitt, wie er sich entfernte vom Licht, wie ihn die Dunkelheit umhüllt und nicht mehr gehen lassen wollte. Das Letzte was er sah war das Gesicht seines besten Freundes, der verzweifelt versuchte ihn in der Welt der Lebenden zu halten, doch er wusste es war zu spät. Auch Jedediah wusste es. Hilflos musste er mitansehen, wie sein ältester Freund zugrunde ging. In die Dunkelheit gezogen wurde. "Lebewohl alter Freund. Mögen die Ahnen dich in ihrer Mitte aufnehmen und mögen wir uns wiedersehen, wenn auch ich in ihrer Mitte aufgenommen werde.", flüsterte er die traditionellen Abschiedsworte. Constantin drückte zum Abschied noch einmal seine Hand, ehe ihn die Dunkelheit übermannte, sein Griff erschlaffte und er ein für alle Mal die Augen schloss. Jedediah blickte wie paralysiert auf seinen leblosen Freund hinab. Nach einem kurzen Moment, der sich wie eine Ewigkeit angefühlt hatte, erhob er sich langsam und drehte sich zu seinen Kindern um. Eileen hatte ihr Gesicht in Calebs Schulter vergraben und weinte leise, während ihr älterer Bruder ihr beruhigend über den Rücken strich, doch auch in seinem Blick lag unendliche Trauer. Auch Colin und Lois kämpften mit den Tränen. Constantin war mehr gewesen als nur ein Freund der Familie. Mehr als nur ein Mitglied des Zirkels, er war Familie gewesene. Er war wie ein Onkel für die Kinder gewesen, wie ein Bruder für Jedediah. Und jetzt war er tot. Ermordet von diesem Monster. Jedediah atmete tief durch und ließ seine Miene erstarren, wie er es so oft schon getan hatte. Er begrub seine Gefühle tief in sich, verbannte seine Trauer und ließ keine Emotion zu, außer den unbändigen Hass auf die Monster, die dies verbrochen hatten. "Weint nicht, meine Kinder, für Trauer haben wir keine Zeit. Wir müssen uns auf einen Krieg vorbereiten.", knurrte er kalt, ehe er sich zu seinem Freund umdrehte. "Sie werden büßen für das was sie dir angetan haben, alter Freund. Ich schwöre, dass ich dieses Übel von der Welt tilgen werde, und möge es das Letzte sein was ich tue."
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