Tony
Merda. Pepper Heart ist so gar nicht das, was ich erwartet habe. Ich habe sie für ein Partygirl gehalten – einen verwöhnten Rockstar, der dummerweise sein gesamtes Vermögen verplempert hat. Entweder das oder ein Kind, das erst noch erwachsen werden muss und dessen Karriere und Finanzen möglicherweise von den Eltern oder vom Manager in den Sand gesetzt wurden. Letzteres mag zwar noch stimmen, aber Pepper ist weder ein Kind noch ein hirnloses Pop-Sternchen.
Sie ist durch und durch Frau.
Eine hübsche Frau mit schlanken, muskulösen Ballerina-Beinen. Mit jugendlichen Titten ohne BH – oh ja, sie hat keinen BH an –, die unter ihrem süßen kleinen Trägerkleidchen hin und her wackeln und nur so darum betteln, geleckt zu werden. Sie trägt einen flaumigen, platinblonden Bob über einem pinken Haaransatz und dicken schwarzen Eyeliner um die Augen. Diese Augen waren es, was sofort meine Meinung über sie geändert hat. Groß, tiefgründig, warm wie Karamell; sie sind voller Schmerz.
Und sollte ich noch einmal mitansehen, wie dieser miese Manager-Typ sie unsanft am Ellbogen packt, dann werde ich ihm die Krawatte festziehen, bis ihm die Augen rausplatzen.
Ich schwöre es bei la Madonna.
Meine Jungs sollen sie jederzeit im Auge behalten, denn sie hat nur einen Bodyguard und viele Fans, die ihrem reifen kleinen Körper nur allzu gerne näherkommen würden.
Mit einiger Entfernung trotte ich hinter ihrem Gefolge her und rede mir ein, dass ich nur meine Pflicht tue; nämlich dafür zu sorgen, dass sie wiederum ihre Pflicht erfüllt. Mir gegenüber. Nico gegenüber. Und Junior.
Pepper Heart schuldet den Tacones eine Menge Geld und ich soll dafür sorgen, dass sie es auch zurückzahlt. Zum Glück hat sie genug Talent und ausreichend Fans, damit ich ihr die Daumenschrauben anlegen kann. Junior Tacone wusste, was er tat, als er ihr neunhundert Riesen geliehen hat, um ihr letztes Album zu produzieren und ihre Welttournee zu finanzieren – die sich nur schleppend verkauft hat. Er wusste, dass er sie im Bellissimo auftreten lassen könnte. Falls nötig auch für immer.
Das süße kleine Singvögelchen sitzt also jetzt in meinem Käfig fest.
Und tatsächlich wünschte ich, sie wäre so eine verwöhnte Hipster-Göre, die sich durch ihre Tour säuft und feiert. Denn ich mag es nicht, wenn ich einer Frau Druck machen muss.
Ehrlich gesagt habe ich ein riesiges Problem damit.
Es war schon immer mein wunder Punkt.
Don Tacone hatte Nico vor mir gewarnt, als er uns beide nach Vegas geschickt hatte. Als Nico beschlossen hatte, sich außerhalb von Chicago einen Namen zu machen, sagte Don Tacone: „Du musst auf Tony hören. Er ist dein treuester Handlanger. Aber du darfst nie von ihm verlangen, einer Frau wehzutun. Und du darfst keiner Frau etwas zuleide tun. Oder es wird krachen.“
Der Don wusste es. Er hat immer ein Auge zugedrückt, wenn ich das Unrecht meiner Kindheit ausgleichen wollte. Wenn ich in Selbstjustiz meine Hände wie meine Seele befleckt habe.
Also kann ich nur hoffen, dass sich Peppers Shows gut verkaufen werden und wir ihre Schulden begleichen können, damit sie unversehrt wieder von hier verschwinden kann.
Denn sie soll auf keinen Fall erfahren, zu welcher Art von Gewalt ich fähig bin. Was ich alles getan habe, seit ich meine Seele dem Teufel Don Tacone verkauft habe.
Unterwegs halte ich eine Cocktailkellnerin an. „Bring Miss Heart eine Flasche unseres besten Champagners in die Umkleide, mit meinen besten Wünschen.“
Das tue ich nicht, weil ich mich schuldig fühle.
Sondern nur, um die Dinge zwischen uns wieder zu glätten. Eine Willkommensgeste, die ihr zeigen soll, dass wir sie respektvoll behandeln werden, zumindest solange sie das tut, was ihr gesagt wird.
Ganz gewiss nicht, weil mir irgendetwas an ihrer Meinung liegt. Oder weil der sexy kleine Blick, den sie mir beim Kennenlernen zugeworfen hat, mir eine steinharte Latte beschert hat.
Sie hat keine Angst und das sollte mich eigentlich nicht freuen.
Für ihr Wohlbefinden zu sorgen gehört nämlich definitiv nicht zu meinem Job.