Der Froschkönig und die Prinzessin

1221 Words
In den alten Zeiten, wo das Wünschen noch geholfen hat, lebte ein König, dessen Töchter waren alle schön, aber die jüngste war so schön, dass die Sonne selber, die doch so vieles gesehen hat, sich verwunderte, so oft sie ihr ins Gesicht schien. Diese Prinzessin liebte es, im königlichen Schlosspark und Garten spazieren zu gehen. Gern nahm sie dazu auch ihr neuestes Spielwerk mit, ein Geschenk der Mutter des Königs, ihrer Großmutter, als sie ins heiratsfähige Alter gekommen war. Es war ein goldener Stab, einem Zepter ähnlich, welches statt einer Krone ein rundes glattes Dings schmückte, fast wie ein halbes Ei aussehend. Am anderen Ende stießen in einem Hohlkörper zwei schwere Metallkugeln sanft und wohlklingend aneinander, wenn sie den Stab bewegte. Die älteste Schwester hatte der jüngsten den vergnüglichen Gebrauch dieses Spielzeugs gezeigt. Wenn die Prinzessin sich allein im Garten wähnte, saß sie gern auf dem Rand des dortigen Brunnens, die Röcke geschürzt, und spielte mit dem goldenen Stab. So kam es, dass er einmal, vom erregenden Spiel nass und glitschig geworden, ihren Händen entglitt und geradezu ins Wasser hinein fiel. Die Königstochter folgte ihm mit den Augen nach, aber der Stab verschwand, und der Brunnen war tief, so tief, dass man keinen Grund sah. Da fing sie an zu weinen und weinte immer lauter und konnte sich gar nicht trösten. Das hörte der Gärtner, der weiter hinten im Park arbeitete, ein gutmütiger, aber durch und durch hässlicher Mann mit einem Gesicht, in dem der überbreite Mund und große Glubschaugen nicht zu übersehen waren. Niemand wusste, wie er richtig hieß, alle nannten ihn einfach nur Frosch. »Was ist dir, Königstochter, du schreist ja, dass sich ein Stein erbarmen möchte«, rief er der Weinenden zu. Diese sah sich um, woher die Stimme käme, da erblickte sie den Gärtner. »Ach, du bist’s«, sagte sie, »ich weine über mein goldenes Spielzeug, das mir in den Brunnen hinab gefallen ist.« »Sei still und weine nicht«, antwortete der entstellte Mann, »ich kann wohl Rat schaffen, aber was gibst du mir, wenn ich dein Spielwerk wieder heraushole?« Die unglückliche Prinzessin bot dem Mann Perlen und Edelsteine, sogar ihr goldenes Krönchen, aber all das wollte er nicht. Stattdessen schlug er vor: »Wenn du mich lieb haben willst, und ich soll dein Geselle sein, an deinem Tisch neben dir sitzen, mit dir von goldenen Tellern essen und aus solchen Bechern trinken, sowie in deinem Bett schlafen: Wenn du mir das versprichst, so will ich hinuntersteigen und dir den goldenen Stab wieder heraufholen.« »Ach ja«, sagte sie, »ich verspreche dir alles, was du willst, wenn du ihn mir wiederbringst.« Sie dachte aber, was der einfältige Diener schwätzt, der kann keines Königskindes Geselle sein. »Abgemacht, teure Prinzessin! Morgen zu Mittag bringe ich dir dein Spielwerk.« Etwas enttäuscht war die Königstochter schon, dass ihr Wunsch sich nicht sogleich erfüllte, sah aber ein, dass der Mann erst einmal Leiter und Seile herbeischaffen musste, um in den tiefen Brunnen zu steigen. Am andern Tage, als sie mit dem König und allen Hofleuten sich zur Tafel gesetzt hatte, da klopfte es an der Tür und rief: »Königstochter, jüngste, mach mir auf!« Sie lief und wollte sehen, wer draußen wäre, als sie aber aufmachte, so stand Frosch davor. Er reichte ihr mit einem schiefen Grinsen den goldenen Stab und wollte hereinkommen. Da warf sie die Tür hastig zu und setzte sich wieder an den Tisch. Der König aber merkte, dass seine Tochter ängstlich war und fragte, wer denn da vor der Tür sei. »Ach lieber Vater, als ich gestern bei dem Brunnen saß und spielte, da fiel mein goldenes Spielzeug ins Wasser. Und weil ich so weinte, hat sie Frosch wieder heraufgeholt. Und weil er es durchaus verlangte, so versprach ich ihm, er sollte mein Geselle werden. Ich dachte aber nimmermehr, dass er es ernst meinte. Nun ist er draußen und will zu mir herein.« Indem klopfte es zum zweiten Mal und rief: »Königstochter, jüngste, mach mir auf, weißt du nicht, was gestern du zu mir gesagt bei dem kühlen Brunnenwasser? Königstochter, jüngste, mach mir auf.« Da sagte der König: »Was du versprochen hast, das musst du auch halten. Geh nur und mach ihm auf!« Frosch wurde an die Tafel gebeten und ließ sich’s gut schmecken. Endlich sprach er: »Ich habe mich satt gegessen, und bin müde, nun lasst uns in dein Kämmerlein gehen, mach dein seidenes Bett zurecht, da wollen wir uns schlafen legen.« Die Königstochter fing an zu weinen und fürchtete sich vor dem abstoßend aussehenden Mannsbild, den sie sich nicht einmal anzusehen getraute, und der nun in ihrem schönen reinen Bett schlafen sollte. Der König aber ward zornig und sprach: »Wer dir geholfen hat, als du in der Not warst, den sollst du hernach nicht verachten.« Darob entsetzte sich die Prinzessin sehr, hätte sie doch nie gedacht, dass ihr Vater sie mit einem solch gewöhnlichen und ekelhaften Mann allein in ihrem Schlafzimmer wünschen könnte. Aber sie kannte natürlich das gemeinsame Geheimnis des Herzogs de Grenouille, König des Nachbarlandes Paludis, und ihres Vaters nicht. Im Schlafgemach sagte der Gärtner: »Gib mir deinen Spielstab! Ich habe dich oft im Garten beobachtet und will dich mit ihm genauso verwöhnen, wie du selbst es dir getan.« Aber erst, als der ekelerregende Mann drohte, ihrem Vater detailliert zu erzählen, was sie mit dem Stab getrieben habe, gab sie klein bei. Sie musste sich ausziehen, schloss die Augen und ließ Frosch gewähren. Der kniete sich nackt zwischen die gespreizten Beine der auf dem Rücken Liegenden und berührte mit dem wundersam geformten goldenen Zepter ihr Schatzkästlein. Dabei ging er zart und gleichsam geschickt erregend vor, sodass die junge Frau bald vergaß, wer ihr hier Gutes tat, und lüstern zu stöhnen anfing. Das schien dem Mann der richtige Zeitpunkt zu sein, das Spielzeug beiseite zu legen und durch sein eigenes zu ersetzen. Da ward aber das vertraute und beruhigende, sanfte Klingen der Kugeln am unteren Ende des goldenen Stabes nicht mehr zu hören. Verwirrt riss die Prinzessin die Augen auf und erblickte über sich das grässliche Gesicht des entstellten Mannes. Entsetzt stieß sie den Erregten aus allen Kräften wider die Wand am Fußende ihres Bettes und rief zornig: »Nun gib endlich Ruhe, du garstiger Frosch!« Allerdings führte der Schwung, mit dem der Mann gegen die Wand gestoßen wurde, dazu, dass er sogleich wieder nach vorn fiel genau zwischen die Beine der Prinzessin. Dort war alles so fein vorbereitet, dass er mit derselben Bewegung tief in ihren Leib glitt. Überrascht erkannte sie, dass dies keineswegs mehr der hässliche Frosch war, sondern ein wohlgestalteter junger Mann mit schönen und freundlichen Augen. Sie umarmte ihn freudig und voller Verlangen, worauf sich die beiden ineinander verloren. Als das Paar wieder zu sich kam, erzählte er ihr, er wäre ein Königssohn und von einer bösen Hexe verwünscht worden, und niemand hätte ihn erlösen können als sie allein durch ihre Liebe. Ihrer beider Väter hätten deshalb vereinbart, dass er, der Prinz de Grenouille, hier als königlicher Gärtner angestellt wurde, um die Chance zu bekommen, ihre Gunst zu erlangen. Dann schliefen sie ein, und am andern Morgen, als die Sonne sie aufweckte, kam ein Wagen herangefahren mit acht weißen Pferden bespannt, die hatten weiße Straußfedern auf dem Kopf. Der Wagen aber holte den jungen Prinzen und seine Verlobte nach dem Willen der beiden befreundeten Könige in sein Reich ab, wo bald die Vermählung des glücklichen Paares gefeiert wurde.  
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