Stefano
Der heiße Feger in meinen Armen – nun, sie liegt mir nicht wirklich in den Armen, aber sie ist mir ausgeliefert – blickt mir mutig in die Augen.
Ihre hellblauen Augen sind weder furchtsam noch aufmüpfig, sondern versprühen blanke Neugierde, ja fast schon einen Anflug von Faszination.
Geht mir genauso, Bella.
Ich habe mir aus gutem Grund ihren Tisch ausgesucht, und zwar nicht, weil sie irgendwie verdächtig war. Ganz im Gegenteil. Der Manager meinte, dass sie immer eine Horde Gentlemen um sich schart und dass sie fette Trinkgelder einstreicht. Sie ist schnell, sie zeigt gerne ihre Fertigkeiten und versprüht in allen Spielen genau das richtige Mittelmaß aus kühler Professionalität und herzlicher Einladung. Ich habe sie getestet, weil wir für die Privatspiele oben einen Kartendealer brauchen.
Allerdings möchte ich jetzt alle erdenklichen privaten Spiele mit ihr spielen, und keines davon beinhaltet Karten oder ein Roulette-Rad.
„Ich lasse mich nicht gerne erniedrigen“, verlautet sie. Einen Moment lang glaube ich, dass sie damit meine Gedanken meint, und dann wird mir klar, dass sie sich für die versuchte Ohrfeige rechtfertigen will. Sie windet ihr Handgelenk in meinem Griff und versucht sich zu befreien.
Ich lasse sie aber nicht, sondern ziehe ihre zarte Hand an meinen Mund und streiche meine Lippen über ihre Fingerknöchel. „Das werde ich nicht vergessen“, flüstere ich.
Sie erstarrt und ihre Kehle regt sich, als sie schlucken muss. Sie ist so nahe an mir dran und ich spüre die Wärme ihres schlaksigen Körpers, ich bemerkte das leichte Zittern ihrer Finger trotz ihres unaufgeregten Blicks.
Da, sie wird wieder rot im Gesicht. Erwischt. Am liebsten möchte ich sie ganz nah an mir dranhalten und zusehen, wie diese elektrisch blauen Augen sich mit jedem meiner Worte weiten, aber sollte ich das, dann würde ich sie gegen die Wand drücken und mich an diesen Titten erfreuen … Diesen Titten, die sie wie zwei Waffen schwingt.
Kein anderer Croupier sieht aus wie sie. Die neue Uniform besteht aus einem weißen Oxfordhemd, einer purpurroten Weste und Herrgott nochmal einer Fliege.
Corey schafft es jedoch, das Outfit sündig zu machen. Der kurze schwarze Rock umschmeichelt die Kurven ihres Hinterns und ihrer Taille und stellt ihre langen schlanken Beine zur Schau. Sie hat die Bluse bis zur Weste aufgeknöpft und die Fliege trägt sie innen wie ein Lederhalsband. Oh, gerne würde ich diese reizende Kreatur an die Leine legen und sie gefügig machen; etwas Training hätte sie bitter nötig. Den Gnadenstoß des Outfits stellt allerdings ihre Weste dar. Ihre ist zwei Größen zu klein und sieht eher aus wie ein Bustier oder Korsett, sie zwängt unten ihre Brüste ein und drückt sie nach oben, sodass sie regelrecht darum betteln, aus der Bluse zu springen. Mit der Weste kann ich nicht ausmachen, ob ihre Nippel steif sind, aber ihrem geöffneten Mund und ihren hastigen kleinen Atemzügen nach zu urteilen, vermute ich, dass sie es sind.
Bei mir regt es sich in der Hose, und dabei bin ich sie nur ein bisschen grob angegangen. Was wohl ein guter Grund ist, sie gehenzulassen. Also reiße ich mich zusammen und lasse sie los.
„Komm in mein Büro, damit wir reden können.“ Ich deute auf mein neues Büro.
Sie hält stolz den Kopf oben, wirft ihre lange dicke Wellenmähne über die Schulter und geht zur geschlossenen Tür voran.
Sie wartet, damit ich sie öffne. Vermutlich, weil es mein Büro ist, aber es macht mir eine Riesenfreude, an ihr vorbeizulangen und sie offenzuhalten; als ob wir auf einem schicken Date wären anstatt bei einem Bewerbungsgespräch.
„Nehmen Sie Platz, Corey.“
Sie wirft mir einen misstrauischen Blick zu, setzt sich aber mir gegenüber an den Schreibtisch. „Hat Nico Sie auf mich angesetzt?“
Ich ziehe eine Augenbraue hoch. „Mit meinem Bruder bist du per du?“
„Mister Tacone“, korrigiert sie sich und errötet leicht. Ich liebe es, wenn sie rot im Gesicht wird, denn es steht so im Widerspruch zu ihrem natürlichen Selbstvertrauen. „Nein, ganz und gar nicht. Tut mir leid. Er geht mit meiner Cousine aus, also–“
„Ach ja. Die Frau. Der Grund, warum Nico mich aus Sizilien zurückgerufen hat.“
Corey wirkt erstaunt. „Wie meinen Sie das?“
Ich muss zwinkern. „Ich bin hier, weil er sie sonst verloren hätte – weil er zu viel arbeitet. Ich habe sie aber noch nicht getroffen, diese Cousine von Ihnen.“ Mein Blick wandert über Coreys Gesicht, runter auf ihr verlockendes Dekolleté und dann wieder zurück. „Ich kann verstehen, warum er so begeistert ist.“
Diesmal wird sie nicht rot. Tatsächlich glaube ich, dass sie sich ein Augenrollen verkneift. Ich mag dieses Mädchen. Sie zu zähmen würde irre Spaß machen.
„Wie heißt sie?“
Sie schlägt ihre langen Beine übereinander und ihre Haltung wirkt jetzt gelassener. „Sondra. Und wahrscheinlich werden Sie sie auch nicht kennenlernen. Sie ist gegangen.“
Das wusste ich bereits. Zum Glück bin ich trotzdem hier aufgekreuzt, denn Nico war total von der Rolle, nachdem sie ihn verlassen hatte. Ich habe ihn noch nicht gesehen, aber ich weiß, dass er nach Chicago geflogen ist, um mit unserem Vater seine Verlobung und anderen Kram zu klären.
Sie will die Oberhand in unserer Unterhaltung zurückgewinnen. „Warum ich? Ich bin ein guter Dealer. Ich spiele immer sauber.“
Meine Lippen zucken. Ich liebe ihre Art. Für die oberen Etagen wird sie perfekt sein. Ich muss nur dafür sorgen, dass niemand sie anrührt, denn ich fange bereits an, leicht besitzergreifend zu werden. „Ihre Chefs mögen Sie, ja. Zumindest diejenigen, die nicht eifersüchtig sind.“ Mir ist aufgefallen, dass die weibliche Vorgesetzte sie sehr viel schlechter benotet hat als die männlichen.
Coreys Mundwinkel zieht sich leicht nach oben. Mir gefällt die Art, wie sie meine Aussage anerkennt. Meine Worte hat sie bereits richtig gedeutet und sie stört sich nicht daran. Mein Urteil steht fest – sie ist clever. Selbstbewusst. Eine Augenweide. Sie ist perfekt.
„Sie wechseln zu Spielen mit höheren Einsätzen. Privatspielen.“ Ich bin nicht dabei, sie zu fragen; ich befehle es ihr. So läuft es bei den Tacones.
Jetzt hab ich sie überrascht. Ihre purpurroten Lippen öffnen sich und für einen Moment kommt kein Laut heraus. „Das klingt gefährlich.“ Beim letzten Wort klingt ihre Stimme leicht abgewürgt.
Ich ziehe eine Augenbraue hoch, denn ihre Schlussfolgerung stimmt mich neugierig und beeindruckt mich zugleich. „Ist es nicht. Ich werde bei jedem Spiel dabei sein. Ihnen wird nichts passieren.“ Als sie nichts drauf entgegnet, sage ich. „Oder machen Sie sich meinetwegen Sorgen?“
Ihre leichte Röte verrät mir, dass sie definitiv interessiert ist, jedoch schüttelt sie den Kopf. „Nein. Ja. Ich wollte sagen … Es klingt illegal.“
Da. Ich schätze Leute, die auch direkt sein können.
Ich breite meine Hände aus. „Das ist Vegas. Wir haben eine Glücksspiellizenz. Das ist der Grund, warum mein Bruder hierhergekommen ist.“
„Natürlich. Richtig.“ Sie nickt und wendet den Blick ab. Ich liebe verdammt nochmal diese subtilen Zeichen der Unterwerfung bei einer Alphafrau. So wie sie sich entschuldigt hat, weil sie mir eine Ohrfeige verpassen wollte. Sie weiß, wann sie sich behaupten und wann sie nachgeben muss. Es bewirkt, dass ich meine Dominanz auf alle erdenklichen schmutzigen Arten geltend machen möchte – zum Beispiel sie auf die Knie zwingen und sie mit meinem Schwanz ersticken. Sie an mein Bett fesseln und die ganze Nacht kreischen lassen. Mit Zuckerbrot und Peitsche ihren Gehorsam einfordern.
Sie glaubt mir nicht, was noch einmal unterstreicht, wie clever sie ist. Glücksspiel mag zwar nicht illegal sein, aber es gibt alle möglichen schäbigen, illegalen Dinge, die sich am Rande abspielen. Wie die hin und wieder gewaltsame Schuldeneintreibung von ungewöhnlichen Wetten, die von verzweifelten Männern getätigt wurden.
Genau dieses Spiel hat mein Bruder Nico von La Famiglia gelernt. Er war ein Genie, weil er das Ganze nach Vegas gebracht hat, wo das meiste davon legal ist. Also klar, er zahlt Steuern, aber längst nicht so viel, wie er eigentlich sollte.
„Es wäre nicht immer. Nur drei oder vier Abende pro Woche. Wir verdoppeln Ihr Grundgehalt und die Trinkgelder sollten auch steigen.“
„Sie lassen mir keine Wahl.“ Das ist keine Frage, sondern eine Feststellung.
Ich zwinkere. „Das haben Sie bemerkt, oder? Ich brauche Sie auf den oberen Etagen, Corey. Ende der Diskussion.“
Zorn flackert auf ihrem Gesicht auf, aber sie verbirgt ihn sogleich wieder. „Warum ich?“
Ich zucke beiläufig die Achseln. „Sie sind ein Profi. Unaufgeregt und reserviert. Vertrauenswürdig. Hübsch. Also genau das, wonach ich suche.“
Ihr Misstrauen wird immer offensichtlicher. Die Abneigung für mein Angebot steht ihr ins Gesicht geschrieben, aber sie entgegnet nur: „Nun, ich schätze, dass ich nichts dazu zu sagen habe.“
Ich bin leicht überrascht. Mir war klar, dass sie keine einfältige Nuss ist, die sich geschmeichelt fühlen würde, aber ich denke nicht, dass ich ihr ein schlechtes Angebot mache. Und wenn ihre Cousine bereits mit Nico ins Bett geht – sprichwörtlich –, dann kann ich nicht glauben, dass sie mit unserer Familie ein ernstes Problem hat.
Aber vielleicht hat sie das ja.
„Oh, Sie haben immer eine Wahl, Miss Simonson. Sie können auch gerne gehen.“
Äh, ich mag zwar den jungen Charmeur geben, aber ich kann auch genauso ein Stronzo sein wie meine älteren Brüder. Vielleicht sogar noch mehr.
Sie presst ihre dunkel bemalten Lippen zusammen. „Das werde ich nicht, Mister Tacone.“ Ihre blauen Augen lodern regelrecht, als sie meinen herausfordernden Blick treffen.
„Gut.“ Ich stehe auf und reiche ihr die Hand. „Willkommen bei den Großen.“
Sie steht auf und nimmt zögerlich meine Hand und ich schenke ihr ein warmes Lächeln, als wir die Hände schütteln.
„Morgen Abend. Um 8 Uhr sind Sie hier.“
„Ja, Sir. Hier – in Ihrem Büro?“
Ich nicke, obwohl es eine verdammt schlechte Idee ist. Ich sollte sie an Sal oder Leo weiterreichen und ihr einen anderen Treffpunkt nennen, aber ich will sie einfach in der Nähe haben. Mein persönlicher Croupier. „Ziehen Sie ein Kleid an – etwas, das sexy aussieht.“
An der Tür bleibt sie stehen, sie dreht sich um und dieses Misstrauen ist wieder da.
„Niemand wird Sie anrühren.“ Ich halte drei Finger hoch. „Pfadfinderehrenwort.“
Sie kneift die Augen zusammen und grinst leicht. „Sie waren nie bei den Pfadfindern.“ Da ist ein spöttischer, wissender Ton in ihrer Stimme und der bewirkt, dass mir flau im Magen wird. Ich will ihr diese Geringschätzung aus dem Gesicht ficken und gleichzeitig möchte ich auf etwas einprügeln.
Sie hat recht. Ich bin kein Pfadfinder. Bin es nie gewesen. Meine großen Brüder hatten Nico und mich windelweich geschlagen, noch ehe wir unsere Milchzähne verloren hatten. Wir lernten die Kunst der Gewalt zusammen mit dem Alphabet. Als er die Pubertät erreichte, hatte Nico bereits die hohe Kunst der Strategie perfektioniert – nämlich zu manipulieren und aller Widrigkeiten zum Trotz als Gewinner hervorzugehen. Er hat mir alles beigebracht, mich beschützt. Ich hatte es leichter als er und ich bin nicht verbittert, aber ebenso wenig werde ich mich entschuldigen, schon gar nicht bei diesem vorlauten Weibsbild. Das hier sind die Karten, die mir ausgeteilt wurden, die Familie, in die ich geboren wurde.
Aber nichts davon spiegelt sich auf meinem Gesicht wider. Stattdessen zwinkere ich ihr noch einmal zu und setze mein verführerischstes Lächeln auf. „Sie haben mich durchschaut.“
Ich lange an ihr vorbei und öffne die Tür. „Machen Sie einfach, was ich gesagt habe – ziehen Sie ein Kleid an. Ich sorge dafür, dass Sie dafür belohnt werden.“ Um konkreter zu werden, hole ich einen Fünfhundert-Dollar-Chip aus meiner Hosentasche und flippe ihn in die Luft. Sie fängt ihn, dann blickt sie mir in die Augen und steckt ihn langsam in ihr Dekolleté.
Am liebsten möchte ich die Tür zuknallen, sie dagegen pressen und sie einmal gründlich durchfilzen, um zu sehen, was sie sonst noch so zwischen diesen kecken Brüsten versteckt.
„Dann bis morgen.“ Ihre Stimme klingt leicht angehaucht und sagt mir, dass sie gegen die Hitze meines Blicks nicht gänzlich immun ist.
Ich räuspere mich. „Bis morgen.“ Ich möchte ihr auf den Arsch klatschen, als sie durch die Tür stolziert, kann mich aber noch gerade so zusammenreißen.
Morgen allerdings könnte sie nicht so glimpflich davonkommen.
Ich kanns kaum erwarten, sie in einem Kleid zu sehen. Mir ist längst klar, dass ihr Anblick mir den Abend versüßen wird.