Mit einem roten Becher in der Hand kam Emma auf mich zugestürmt. Ganz offensichtlich war sie bereits vollkommen dicht. „Cassandra, du musst kommen“ nuschelte sie und stützte sich auf mich, während sie mich torkelnd durch Nates Strandhaus zog. Er feierte seine Partys immer hier allerdings wusste ich nicht, ob ich dafür dankbar sein konnte. „Wir spielen ein schuper Spiel“ beteuerte sie erneut, also gab ich mich geschlagen. „Ist ja schon gut, ich spiele mit“ Aus mir unerfindlichen Gründen war Emma bereits nach dem ersten Becher vollkommen weg, ich vertrug da wesentlich mehr als sie, obwohl es umgekehrt vermutlich besser gewesen wäre. Alkohol war noch nie so wirklich mein Ding gewesen. Zwischendurch sagte ich nicht nein, aber das war es dann auch. Emma hingegen nutzte jede sich ihr bietende Gelegenheit, zur Flasche zu greifen. „Leute, Caschandra spiiiiielt auch möt“ Tönte sie in den Raum und ich liess mich neben ihr in den Kreis aus Leuten sinken. Wieso nur überraschte es mich nicht, dass eine Flasche in der Mitte lag. Charles neben mir legte dreister weise seinen Arm um mich. Ich schob ihn wieder beiseite. „Sieben Minuten im Himmel“ grinste er und sah mich herausfordernd an. Dann beugte er sich provozierend nach vorne und drehte die Flasche mit Schwung. „Mal schauen, mit wem du in den Schrank darfst“ gab er provozierend von sich. Innerlich verfluchte ich ihn, äusserlich versuchte ich ganz cool zu bleiben. So wie immer halt. Meine Blicke wanderten durch die anwesenden Schüler. Wir waren insgesamt zehn. Charles, Emma waren natürlich da. Ausserdem Liane, ein Mädchen, dass schon seit zwei Jahren verzweifelt versuchte, ebenfalls zu den Cheerleadern zu kommen, Marcus Smith, der Kapitän des Basketballteams, zwei mir unbekannte Mädchen, John, Lianes grosser Bruder, Jessica, eine gute Freundin, Nate und ich. Das war ja eine fantastische Auswahl. Die Flasche bewegte sich langsamer und als sie zum Stehen kam, wollte ich am liebsten einfach nur Würgen, aus Gründen der Höflichkeit war das allerdings nicht möglich. „Bestimmt nicht“ Fauchten Emma und ich gleichzeitig. „Sie geht nicht mit meinem Bruder da rein“ „Charles ist ihr Bruder und Emma ist wie meine Schwester, das ist eklig“ nutzte ich die mir gebotene Ausrede. „Das sind aber die Regeln“ protestierte Marcus. „Gibt es denn keine Ausweiche Regel?“ In mir brodelte alles, wobei der Alkohol mit Sicherheit aus seinen Teil dazu beitrug. Nun grinste Marcus. Dann stimmen wir über deinen Ersatz ab, wer meldet sich freiwillig?“ fragte er in die Runde. Seine Hand hob sich. Mit der von Nate. Innerlich ging ich mich bereits begraben. „Ich bin der Gastgeber und ihr seid alle bereits dran gekommen, jetzt bin ich dran“ entschied er und hielt mir seine Hand hin. Zögernd ergriff ich sie. Mit einem Ruck zog er mich nach oben. „Bis später“ verabschiedeten wir uns und ich hörte noch wie Emma kicherte. Wenn sie nur wüsste. „Dir ist hoffentlich bewusst, dass wir da drinnen nichts machen werden, oder?“ raunte ich ihm im Gehen ist Ohr, während wir den kleinen Raum betraten, der in Wahrheit sein Ankleidezimmer war. Er zog die Tür hinter sich zu und drückte den Lichtschalter. Erschrocken klammerte ich mich an seinen Arm, woraufhin er nur leicht lachte. „Wenn du das doch auch sonst machen würdest“ Ich seufzte. „Hätte ich dich eingeladen, wenn ich von etwas anderem ausgegangen wäre?“ kam seine Antwort auf meine Frage. Wieso nur hatte ich das Gefühl, dass er log? „Hör mal, Nathan“ Er gab ein protestierendes Geräusch von sich. Beinahe klang es wie ein Knurren. „Hör auf Cas. Hör auf mich Nathan zu nennen. Sag wieder Nate zu mir. Bitte!“ „Wieso willst du das?“ Er räusperte sich verlegen. „Weil ich dich Cas nenne. Das ist doch nur fair“ Leise lachte ich. „Ja sicher“ Plötzlich spürte ich seinen Atem in meinem Gesicht. „Sag es“ raunte er. „Bitte, sag es“ Wenn Nate ‚Bitte‘ sagte, dann war ihm etwas wichtig. Jemand, der so verwöhnt aufgewachsen war konnte schon beinahe nichts anderes, doch ich kam damit klar, schliesslich war ich nichts anderes von Emma gewöhnt. Angetrunken kicherte ich. „Bestimmt nicht“ ich wartete zwei Sekunden, liess ihn meine Hüften umpacken. „Na gut. Nate“ Ich wusste nicht, was geschehen war, doch meine Worte hatten irgendetwas verändert. Seine Hand fuhr meine Hüfte auf und ab, die andere umfasste zärtlich mein Gesicht. „lass das Nate“ protestierte ich, als er mich dicht an sich zog. „Jetzt kann ich es nicht mehr“ Und ein erneutes Mal in dieser Woche lagen seine Lippen auf meinen. Verdammt, wieso fühlte es sich nur jedes Mal so gut an, wenn er das tat? In meinem Gehirn ratterte alles. Eigentlich wollte ich ihn von mir stossen und ihm für diese erneute Dreistigkeit eine verpassen, aber etwas in mir blockierte diese Handlung. Die Tür wurde aufgeschoben und gleissendes Licht umfing mich. Zumindest kam es mir in dem Moment so vor. Schnell lösten wir uns voneinander. Marcus grinste. „Das ging wohl heiss her“ mit zusammen gekniffenen Augen musterte ich ihn. „Das war ein dämliches Partyspiel, nichts weiter!“ „Aber klar doch“ dreckig lachte er, während ich mich zurück in den Kreis setzte. Vielsagend sah Emma mich an. „und? Wie küsst er so?“ Begeistert wie ein kleines Mädchen klatschte sie in die Hände. Ich musste lachen. Mit einem Blick zu Nate fiel es mir nicht schwer zu sagen: „Er küsst schon ganz gut“ Ein leises Kreischen, seitens meiner besten Freundin. „Das sollte ich auch einmal austesten, was meinst du?“ Meine gute Laune verflog sogleich. „Aber sicher doch“ Da meine betrunkene, beste Freundin nichts von meinem Stimmungswechsel bemerkte, beliess ich es dabei und sah sie fürsorglich an. „Vielleicht sollten wir nach Hause, es ist schon zwei Uhr und irgendwie wird es langweilig hier“ Machte ich einen Versuch, sie hier wegzubekommen. Sie kicherte nur. „Nö, habe mich mit Marcus später verabredet“ Leider konnte ich nicht verhindern, dass eine meiner Augenbrauen in die Höhe schoss. „Ach ja?“ Heftig nickte Emma. „Dann gehe ich schon mal. Wir sehen uns morgen“ Als ich mich erhob, tat Nate es mir gleich. „Du willst schon gehen?“ fragte er. Ich nickte. „Mir geht’s nicht so gut“ „ich begleite dich“ Ich wollte bereits abwinken, da setzte er seinen Satz fort. „Ich weiss, dass du alleine zuhause bist. Deine Mum hat freitags Nachtschicht und dein Dad ist immer noch…“ Er sprach nicht weiter und dafür war ich ihm verdammt dankbar. „Na dann komm“ forderte ich ihn auf und hakte mich bei ihm ein. Eine Begleitung konnte doch nie schaden.