Kapitel 3-1

2365 Words
3 „Wie fühlst du dich?“, fragte Lodar leise. Vox verzog das Gesicht und rieb sich die Brust. Als er mit seiner Hand über die beiden Brandmale fuhr, durchfuhr ihn ein heftiger brennender Schmerz. Er betrachtete die Frau, die versuchte, aus den Gegenständen, die der Antrox-Wächter vor fast dreißig Minuten gebracht hatte, eine Vorhangwand zu bauen. Leise summte sie eine Melodie, die er noch nie gehört hatte. Es hatte fast eine Stunde gedauert, bis er seine Gliedmaßen wieder benutzen konnte, ohne befürchten zu müssen, gleich wieder hinzufallen. Er zog an der Kette, die um seinen Hals lag und fluchte, als er den kleinen Schlag spürte. Seine Muskeln reagierten sofort darauf, da sie von dem heftigen Schlag von vorhin immer noch etwas zittrig waren. „Stocksauer!“, knurrte Vox leise, den Bick fest auf die Frau gerichtet, die sich erneut nach vorne beugte. „Bei Gualls Eiern, wenn sie sich noch einmal bückt“, fluchte er, als er spürte, wie sein Schwanz schmerzhaft gegen die Vorderseite seiner Hose drückte. „Sie ist meine Gefährtin“, murmelte er seinen Männern leise zu. Tor und Lodar sahen Vox erstaunt an und wandten sich dann neugierig zu der Frau um, die versuchte, in dem engen Raum eine Wand aus Decken zu bauen. Nachdem sie Vox fertig gemacht hatte, hatte sie den Gelatiner das Bett näher an die Wand schieben lassen. Dann hatte sie einen weißen Stein aus der großen Tasche geholt, die um ihren Körper geschnallt war. In der Tasche befanden sich alle möglichen verschiedenen Steine mit Bildern darauf und sie hatte mehrere Minuten gebraucht, bis sie fündig geworden war. Als sie den Stein schließlich gefunden hatte, war sie auf alle Viere gegangen und hatte eine ungleichmäßige weiße Linie in der Mitte des Raumes gezogen. Danach hatte sie so stolz ausgesehen, dass keiner von ihnen gewusst hatte, was er sagen sollte, schon gar nicht Vox, der immer noch am Boden lag. Dann hatte sie ihnen erzählt, wer sie war, und dass sie auf ihrer Seite hinter der Linie bleiben sollten, oder sie würde ihnen die Köpfe abreißen und sie ihnen in den Hintern schieben. Es war unglaublich, aber als sie das gesagt hatte, hatte sie die Männer so strahlend angelächelt, dass ihre Wangengrübchen zum Vorschein gekommen waren. Tor und Lodar hatten einander angesehen und sich schließlich von ihr weggedreht, damit sie nicht mitbekam, wie sie leise lachten. Bei dem Gedanken daran, dass eine weiße Linie einen sarafinischen Krieger davon abhalten sollte, sie zu übertreten, wenn er das wollte, konnten sie sich ein Lachen nicht verkneifen, zumindest bis ihr Blick auf Vox fiel, der immer noch zuckend auf dem Boden lag. Ein paar Minuten später brachte ein Antrox-Wächter stirnrunzelnd die Dinge, die sie verlangt hatte. Nachdem sie ihm die Sachen abgenommen und sie auf dem Bett abgelegt hatte, gab sie dem Wachmann einen Kuss. Der Wachmann erbleichte, als er Vox sah, der zuckend auf dem Boden lag und verließ dann schnell den Raum. „Oh Bob, Süßer, bist du bitte so lieb und hilfst mir kurz?“, ertönte die heisere Stimme von einem großen Felsen, auf dem sie balancierte. „Fred, Schätzchen, kannst du bitte noch ein paar Minuten die Stellung halten. Ich glaube, diesmal hab ich‘s.“ „Sie ist Riley St. Claire aus Denver, Colorado – wo auch immer das sein mag”, sagte Tor belustigt, während er zusah, wie sie wieder fast vom Felsen fiel. „Sie ist ... eine sehr ungewöhnliche Kreatur.“ „Weißt du, was sie ist? Ich meine, abgesehen davon, dass sie dafür sorgt, dass sich meinem Kater die Haare aufstellen?“, schnaubte Vox und warf Lodar einen Blick zu, der beunruhigt zusah, wie die Frau einen Moment lang schwankte, ehe sie ihr Gleichgewicht wiederfand. „Nein, ich habe noch nie so eine Frau gesehen“, stöhnte Lodar mit zusammengebissenen Zähnen, als sie erneut ins Straucheln geriet. „Die meisten Spezies, die ich kenne, haben einen gewissen Selbsterhaltungstrieb. Diese hier scheinbar nicht. Sie ist jetzt schon drei Mal von dem Felsen gefallen, und es ist ein Wunder, dass sie sich dabei noch nicht das Genick gebrochen hat!“ Vox fletschte die Zähne. Es war ihm durchaus bewusst, wie oft sie heruntergefallen war. Einmal hatte Tor sie aufgefangen – gerade noch rechtzeitig – das zweite Mal Lodar und das letzte Mal war sie auf dem Tiliqua gelandet, den sie Fred nannte. Er selbst hatte sie nicht auffangen können, da er dank ihr immer noch nicht aufrecht stehen konnte, und bei dem Versuch wahrscheinlich selbst hingefallen wäre. Mittlerweile war sogar sein Kiefer wund, da er immer, wenn sie fast herunterfiel oder sich bückte, die Zähne zusammenbiss. Er stöhne erneut, als sein Schwanz steif wurde, als sie sich bückte und liebevoll einen von Freds Köpfen tätschelte. „Du bist einfach so ein Süßer“, gurrte sie. „Bob, du Süßer, kannst du das andere Seilende an der Wand befestigen, so wie ich es auf dieser Seite getan habe?“ Der große Gelatiner bewegte sich auf Riley zu, um ihr das Seil abzunehmen, das sie ihm hinhielt, blieb jedoch stehen, als Vox leise und bedrohlich knurrte. Das große Wesen erschrak und geriet ins Taumeln. Er blickte zwischen Riley und Vox hin und her. Vox rappelte sich steif auf und warf dem Wesen einen warnenden Blick zu. „Mein Lord“, stieß Bob hervor. „Die Frau – sie –“, stotterte der Gelatiner, ehe er wieder verstummte. „Ach, ignoriere ihn einfach, Süßer. Große Klappe und nichts dahinter“, sagte Riley. Mit zusammengebissenen Zähnen machte Vox einen Schritt auf die Frau zu. „Frau, wenn du mir noch einmal einen Schlag verpasst, leg ich dich übers Knie und versohle dir deinen dicken Hintern, bis er so rot ist wie der Brighton-Zwergstern.“ Riley drehte sich um und schwankte eine Sekunde lang gefährlich. Sie musterte den großen Mann, der ihre drohte. Sie war jetzt genauso groß wie er. Sie ließ ihre Hand seitlich an ihrem Körper entlang gleiten und tastete in ihrer Rocktasche nach dem kleinen Zylinder, den sie vorhin aus ihrem Gepäck geholt hatte. Ihre Augen blitzten gefährlich und ihre Lippen verzogen sich, allerdings nicht zu einem Lächeln. Oh verdammt, er hat wirklich gerade gesagt, dass ich einen dicken Hintern habe, dachte Riley verärgert. Ihre Lippen verzogen sich zu einem Schmollmund und entspannten sich dann wieder. „Wie du schon gesagt hast“, erwiderte sie in einem ruhigen, sarkastischen Tonfall. „Ich würde nur zu gerne sehen, wie du es versuchst.“ Vox lächelte. Er würde es genießen, endlich ihren köstlichen Körper zu berühren! Er würde die Vorhangwand aufhängen, sie aufs Bett drücken und sie schnell und hart nehmen. „Und wie du bereits gesagt hast, das hättest du wirklich nicht sagen sollen!“, schnurrte er, während er langsam auf sie zuging. „Vox“, murmelte Tor hinter seinem Freund, der gleichzeitig auch sein Anführer war. „Ich glaube, das ist keine gute Idee“, sagte er und bei dem Blick der Frau beschlich ihn ein ungutes Gefühl. Sie sah nicht besonders besorgt aus. Tatsächlich wirkte sie eher so, als wäre sie auf Blut aus – Vox‘ Blut, wenn er raten müsste. „Sie hat keine Waffe“, erwiderte Vox mit einem Nicken in Richtung des kleinen Tasers, der auf dem Bett lag. „Sie wird schnurren wie ein Kätzchen, wenn ich Anspruch auf sie erhebe.“ Vox lächelte und seine Augen glitzerten besitzergreifend. „Das ist es doch, was du brauchst, kleines Kätzchen, oder? Einen guten Fick.“ Die dunkle Verheißung, die in der Stimme des großen Mannes mitschwang, trieb Riley die Röte ins Gesicht. „Ich werde es so richtig genießen, dich noch mal fertig zu machen!“, zischte sie, während sie versuchte dem Drang, einfach wegzulaufen, zu widerstehen. Problem Nummer eins war, dass es in dem kleinen Raum keine Fluchtmöglichkeit gab. Problem Nummer zwei, dass sie schon vor langer Zeit gelernt hatte, dass man Fieslinge lieber gleich in die Schranken weisen sollte, weil man später vielleicht nie wieder die Gelegenheit dazu bekommen würde. „Letzte Chance, Großer“, warnte Riley ihn leise. „Geh wieder über die weiße Linie, und lass mich in Ruhe oder ich muss dich noch einmal aufs Kreuz legen.“ Bei dem leisen warnenden Unterton in ihrer Stimme hätte Vox fast inne gehalten. Da war eine gewisse Härte, die ihm sagte, dass sie nicht weglaufen würde. Sie würde standhaft bleiben und sich dem Kampf Auge um Auge, Klaue um Klaue stellen. Als er ihr in die Augen blickte, sah er ihre Entschlossenheit. Sie würde nicht nachgeben. Er war stolz, dass sie so entschlossen war, gegen ihn anzutreten, obwohl er sah, dass ihre Hand etwas zitterte, als sie sich eine Strähne ihres weißblonden Haars hinters Ohr schob. Sie war eine würdige Gefährtin für einen König. „Du gehörst mir, kleines Kätzchen“, erwiderte Vox leise. „Du solltest akzeptieren, was die Götter dir geschenkt haben. Komm zu mir, freiwillig oder nicht, aber komm zu mir.“ Riley schüttelte den Kopf und kniff entschlossen ihre Lippen zusammen. „Tut mir leid, Kumpel, ich habe genug Alien-Filme gesehen, um zu wissen, dass es für die Nebendarsteller nie gut ausgeht. Und da ich noch nie eine Heldin war, kann ich gar nicht gewinnen. Da kann ich auch im Kampf untergehen.“ Vox‘ Grinsen wurde noch breiter. „Ich war schon immer ein Fan von einem guten Kampf vor dem s*x“, sagte er und streckte seine Arme nach ihr aus, um sie von dem Felsen herunter zu heben. „Deine Entscheidung“, murmelte Riley und hielt den Atem an, als sie den kleinen Zylinder hochhob und den Sprühkopf nach unten drückte. Vox‘ Brüllen hallte durch den kleinen Raum, als sie ihm das Pfefferspray ins Gesicht sprühte. Riley stand wie erstarrt auf dem Felsen und hielt sich die Ohren zu, als sein lautes Fluchen und sein schmerzerfülltes Fauchen durch den Raum hallte. Er wich zurück, die Hände fest auf sein Gesicht gepresst, dann fiel er schmerzerfüllt auf die Knie. „Was hast du getan?“, fragte Lodar entsetzt, der versuchte, Vox zu helfen, der auf seinen Knien vor und zurück wippte und dabei qualvoll miaute. „Die Schmerzen lassen nach, wenn er sich seine Augen ausspült ... denke ich“, flüsterte Riley. „Ich musste es noch nie benutzen, aber so steht es zumindest in der Gebrauchsanweisung.“ „Du hast diese Waffe noch nie benutzt?“, fragte Tor, der Vox an der Schulter fasste und versuchte herauszufinden, was seinem Freund solche Schmerzen bereitete. „Nun, ich habe ihn gewarnt!“, sagte Riley zu ihrer Verteidigung. „Seine Schuld, wenn er nicht auf mich hört.“ „Frau“, fauchte Vox schmerzerfüllt. „Ich erwürge dich, sobald ich wieder etwas sehen kann“ „Denk nicht einmal daran, oder ich werde ... ich werde ...“, drohte Riley. „Ich weiß nicht, was ich tun werde, aber es wird auf jeden Fall noch schmerzhafter sein!“ „Nicht, wenn ich es verhindern kann“, knurrte Vox, während Lodar ihm ein kühles, feuchtes Tuch auf seine brennenden Augen legte. Gott, er brauchte auch eins für seine Nase, seinen Hals und seinen Mund. Als sie ihre Hand gehoben hatte, hatte er gedacht, sie würde ihn nur warnen, dass er zurückbleiben sollte. Er hatte nicht damit gerechnet, dass sie etwas in der Hand hielt. Sie hatte doch nur das Seil festgehalten, das sie dem Gelatiner vor ein paar Minuten reichen wollte. Nach dem ersten Mal hatte er extra darauf geachtet, dass sie diesmal nichts in den Händen hatte. Bei Gualls Eiern, er hatte keine Ahnung, woher sie diesen Gegenstand hatte, mit dem sie ihn angegriffen hatte. Er würde jedoch verdammt vorsichtig sein, wenn er das nächste Mal in ihre Nähe kam! Verdammt, seine Augen, Nase, Mund und sein Hals brannten! „Halt … halt dich einfach fern von mir und ich muss dir nicht noch einmal wehtun“, murmelte sie, bevor sie sich wieder zu dem Gelatiner und dem Tiliqua umdrehte. „Kommt Jungs, helft mir mit dieser Wand, bevor der Typ wieder auf sein hohes Ross steigt.“ Riley betrachtete das grüne, gelatineartige Wesen und lächelte, als er sich schüttelte und zurückwich. „Ist schon gut, Schatz. Es dauert nur einen Moment. Ich werde dir nichts tun, du wunderschöner grüner Klumpen.“ „Er ist nicht wunderschön“, knurrte Vox heiser und sah die Frau durch seine trüben, brennenden Augen an. „Sprich nicht so mit ihm. Ich bin dein Gefährte!“ Riley drehte sich wieder zu dem großen, vor Wut kochenden Mann um, der sie mit wässrigen, geröteten Augen anblickte. Sie spürte, wie ihr Puls bei seinem tiefen Knurren schneller wurde und genau das machte sie noch wütender. Sie würde nicht zulassen, dass ihr Körper so auf einen aufdringlichen, aufgeblasenen Alien reagierte, egal wie süß er war! Sie dachte an die letzten fünf Alien-Filme, die sie gesehen hatte und rief sich in Erinnerung, dass keiner davon gut für die Menschen ausgegangen war. Wenn man nur bedachte, was mit Sigourney Weaver passiert war. Nicht nur, dass ein Alien aus ihr herausgekommen war – sie hatte sich auch noch selbst in einen verwandelt! Riley konnte auf keinen Fall das Risiko eingehen, dass das auch mit ihr passierte. „Ich glaube, ich habe nicht mit dir gesprochen“, knurrte Riley zurück. „Jetzt verzieh dich und geh jemand anderem auf die Nerven. Bob. Schatz, beweg sofort deinen grünen Körper hierher. Ich glaube, ich bekomme Kopfschmerzen und will mich eine Weile ausruhen.“ „Frau“, stieß Vox warnend hervor und rieb sich die Augen. „Wenn du Hilfe brauchst, dann helfe ich dir.“ „Mein Name ist Riley. Riley St. Claire aus Denver, Colorado, nicht Frau. Vergiss das nicht.“ Riley schnaubte würdevoll und strich sich eine Haarsträhne hinter ihr Ohr, während sie versuchte, ihr Gleichgewicht zu halten und nicht wieder von dem Felsen herunterzufallen. „Jetzt lass dir von Lodar helfen. Er scheint zu wissen, was zu tun ist. Und hör auf, dieses schreckliche knurrende Geräusch von dir zu geben. Das geht mir langsam auf die Nerven.“
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