Landons Perspektive
Ich schaffe es mit Tia im Arm zur Rudelunterkunft. Ich bringe sie in mein Zimmer und setze sie auf das Bett. Ich beobachte, wie sie sich im Raum umsieht und alle Details aufnimmt. Ich habe ein Kingsize-Bett an der Rückwand des Zimmers. Ein großer Fernseher ist an der gegenüberliegenden Wand montiert, groß genug, dass ich ihn von mehreren verschiedenen Stellen aus sehen kann. Es gibt einen kleinen Essbereich im Raum mit einem Zweiersofa und einem kleinen Tisch. Ich habe einen riesigen 4-türigen Kleiderschrank mit passenden Beistelltischen auf jeder Seite des Bettes. Mein Zimmer hat auch einen begehbaren Kleiderschrank sowie ein luxuriöses Badezimmer. Das Zimmer meines Bruders ist so ziemlich dasselbe, nur mit unterschiedlichen Farbschemata. Tatsächlich gibt es eine Tür, die direkt von meinem Zimmer in sein Zimmer führt.
Ich lehne Tia an das Kopfteil und stütze ihren Fuß auf den Kissen ab. Ich weiß, dass sie bald heilen wird, aber damit sichergestellt ist, dass sie richtig heilt. „Warte hier, ich hole dir eine Kühlkompresse.“ Tia packt meinen Arm und ich schaue sie an.
„Du musst dir wirklich nicht die Mühe machen.“ Ich schüttele den Kopf und gehe aus dem Raum, um die Kühlkompresse zu holen. Als ich zurückkehre, schläft Tia und schnarcht leise. Ich lege die Kühlkompresse auf ihren Knöchel und ziehe meine Schuhe, Jacke und Krawatte aus. Ich öffne ein paar Knöpfe meines Hemdes und lege mich neben Tia. Ich sitze neben ihr und lege meinen Arm um ihre Schultern, um sie nicht aufzuwecken. Sie bewegt sich ein wenig und kuschelt sich an meine Schulter, legt eine Hand auf meinen Bauch. Daran könnte ich mich wirklich gewöhnen. Ich schließe die Augen und lasse ihren Geruch mich in das Traumland entführen.
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Ich höre die Tür aufgehen und schaue mich um. Draußen ist es dunkel und irgendwie sind Tia und ich weiter auf dem Bett gerutscht. Unsere Arme sind umeinander geschlungen und ihr Kopf ruht auf meiner Schulter. Ich schaue zur Tür, meine Sicht erfasst den Eindringling.
Wo zum Teufel warst du?
Ich musste nachdenken.
Denkst du?! Was zum Teufel hattest du zu denken? Sie ist unsere Alte......unsere verdammte Alte.
Ich weiß, aber wir haben den Zwillingen versprochen.
Scheiß darauf! Dieses Versprechen wurde hinfällig, als wir unsere Alte gefunden haben. Lincoln nähert sich dem Bett und nimmt Tia in den Arm. Warum bist du wirklich weggelaufen? Lincoln zieht seinen Kopf zurück und schaut zur Decke, als wäre etwas Faszinierendes dort.
Ich......Ich weiß nicht, ob ich teilen kann. Ich weiß nicht, ob ich damit okay sein kann. Ich möchte keine Eifersucht und Wut zwischen uns kommen lassen. Mein Wesen wird bei diesen Worten weicher. Ich erinnere mich daran, dass Lincoln immer zögerte, eine Alte zwischen uns beiden anzunehmen. Er hat mir nie wirklich erzählt warum.
Linc, sie ist für uns gemacht…für UNS. Die Göttin will, dass wir nur sie haben, und sie braucht uns beide. Ich seufze, Du weißt, sie hat nach dir gefragt. Sie hat sich gefragt, wo du warst. Sie wird nicht vollständig sein, wenn sie nur einen von uns hat, und wir werden nur mit ihr vollständig sein. Wir schauen uns im Dunkeln an, ich versuche alles durch unsere Zwillingsbindung zu vermitteln. Diese Bindung ist fast so stark wie die Altenbindung, und wir hatten sie schon immer.
Lincoln seufzt und zieht sich aus, und behält nur seine Boxershorts an. Seine Kleidung sieht schmutzig aus, also vermute ich, dass er die ganze Zeit im Wald war. Er zieht sich ein Paar meiner Jogginghosen mit einem T-Shirt an und schlüpft neben Tia ins Bett. Lincoln streckt vorsichtig eine Hand aus und legt sie auf ihren Oberschenkel. Er rückt näher, aber nicht zu nah. Tia seufzt und rückt ein Stück zurück. Sobald ihr Körper Kontakt mit seinem hat, kuschelt sie sich an ihn, legt eine Hand auf seinen Oberschenkel. Ein Seufzer der Zufriedenheit entweicht ihren Lippen und Lincolns Augen weiten sich vor Überraschung.
Ich habe dir gesagt, sie braucht uns beide. Kämpfe nicht dagegen an, Lincoln. Wir haben jetzt unsere verdammte Alte, unsere Tia. Genießen wir unseren Segen.
Tia? Ich lache durch die Gedankenverbindung.
Ja, sie nennt sich Tia. Ich lasse sie es dir erklären. Lincoln nickt und legt seine Nase auf ihren Kopf, er atmet ihren Duft ein. Ich rücke näher an Tia heran und schließe meine Augen wieder und schwelge darin, wie richtig sich das anfühlt.
Tias Perspektive
Ich gähne und strecke mich ein wenig, spüre die Wärme auf beiden Seiten von mir. Der Geruch von Pfefferminze ist so stark, dass ich ihn praktisch schmecken kann. Der Zitronenduft von gestern ist immer noch da, aber ich kann auch Grapefruit riechen. Ich drehe mich um und bemerke Lincoln, der auf dem Rücken schläft. Ich schaue nach vorne, und Landon sieht mich an, sein Gesicht ruhig, während er schwer atmet. Ich rutsche ans Ende des Bettes und ziehe mich langsam heraus.
Ich trete vorsichtig auf den Boden, teste die Stärke meines Knöchels aus. Alles ist in Ordnung, und es fühlt sich nicht einmal schmerzhaft an. Ich stehe auf und strecke mich, auf dem Weg zum Badezimmer. Nachdem ich mich erleichtert habe, schaue ich in den Spiegel und wasche meine Hände. So übel sehe ich gar nicht aus, alles in Betracht gezogen. Ich muss zugeben, dass letzte Nacht der beste Schlaf war, an den ich mich erinnern kann.
Ich stehe in der Tür und betrachte die schlafenden Alphas. Sie sind so wunderschön. Sie haben dunkle braune Haut und sauber rasierte Gesichter. Sie haben kurze Haare, Wellen sind deutlich erkennbar. Sie sind größer als ich mit 6'0 und extrem muskulös. Ich muss zugeben, dass ich einmal in meinem Leben auf sie stand, aber ich dachte nicht weiter darüber nach. Es gab keine Möglichkeit, dass sie mich überhaupt bemerkt haben, geschweige denn an mir interessiert sein würden. Ich hätte nie gedacht, dass sie meine Gefährtin sein würden.
PORTIA! Sobald ich realisiert habe, dass ich gestern meine Gefährtin gesehen habe, habe ich meine Blockade hochgehalten. Ich habe beschlossen, die Blockade abzulegen, sobald ich heute Morgen aufgewacht bin. Ich bin sicher, dass Lynn und Mark versucht haben, mich zu erreichen.
J…j…ja, Vater?
Warum konnte ich dich nicht erreichen?!
I…i…ich… brummt er in der Verbindung.
Komm jetzt sofort nach Hause!
Ich schleiche ins Schlafzimmer und greife nach meiner Handtasche.Ich gucke auf mein Handy und merke, dass es den Geist aufgegeben hat. Ich öffne leise die Tür, werfe einen letzten Blick auf die Kerle im Bett und schließe die Tür leise hinter mir. Ich stürze aus dem Packhaus und gehe zu meinem Elternhaus. Ich weiß nicht, worum es hier geht, aber ich fürchte es genauso sehr.
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Ich komme bei meinem Elternhaus an und bleibe an der Tür stehen, um mich zu sammeln. Ich hasse es hier zu sein, deshalb war ich all die Jahre weg. Dieser Ort hat für mich keine wirklichen schönen Erinnerungen. Meine guten Erinnerungen sind an anderen Orten, nur nicht in diesem Zuhause.
Die Tür öffnet sich, gerade als ich nach dem Griff greifen will. Meine Mutter tritt nach draußen und umarmt mich. Ihre Umarmung ist warm und fest, und ich habe sie so sehr vermisst. Das Schlimme daran, wegzubleiben, ist, von ihr getrennt zu sein. Ich liebe sie abgöttisch und sie ist das einzige Familienmitglied, das mir je einen Funken Zuneigung gezeigt hat. „Ich liebe dich so sehr, Tia. Vergiss das niemals oder zweifle daran.“ Ich atme den Duft meiner Mutter ein, während ich mich noch fester um sie schlinge.
„Komm endlich rein, verdammt noch mal. Ich habe noch andere Dinge zu tun.“ Meine Mutter seufzt und lässt mich los, tritt zur Seite, damit ich eintreten kann. Sie geht hinter mir hinein und schließt die Tür. Mein Vater sitzt im Wohnzimmer, rechts von mir, in einem großen Sessel. Adela und Aida sitzen zusammen auf einem Sofa in der Nähe meines Vaters. Adela und mein Vater sehen angepisst aus, was eigentlich nichts Neues ist. Aida sieht verletzt und verloren aus. Ich nehme mal an, sie wissen bereits, was gestern passiert ist, also wird das für mich nicht gut enden.
Ich stehe am Eingang des Raumes und weigere mich, jemanden anzusehen. Meine Mutter steht hinter mir, etwas seitlich. Ich weiß, dass das für sie viel zu bewältigen ist, und das hasse ich für sie. Adela kommt näher zu mir und atmet tief ein. Ihre Augen blitzen schwarz auf und sie stampft zurück auf das Sofa.„Sie war MIT ihnen zusammen!“
„Also hast du meine Gedankenverbindung die ganze Nacht ignoriert und jetzt finde ich heraus, dass du mit ihnen warst?“ Verdammt, das ist von Anfang an schlecht. Kein langsames Herantasten, verstehe schon.
„Ich war mit…mit wem?“ knurrt mein Vater und lässt das Zimmer erzittern.
„Spiel nicht verf***t mit mir! Ich habe keine Lust auf Spiele.“ Versuche, nicht laut zu seufzen.
„Wir wissen…“ sagt Aida leise. Ich drehe meinen Kopf zu ihr und sage nichts.
„Verdammt nochmal! Wir wissen, dass du angeblich die Gefährtin der Alphas bist… unserer Alphas!“ schreit Adela frustriert, aber ich lasse mein Gesicht emotionslos. Sie mögen die Wahrheit kennen, aber ich muss nichts bestätigen.
„Du wirst sie ablehnen.“ Mein Kopf schnellt nach vorne, und ich starre meinen Vater mit offenem Mund an. Das kann er doch nicht ernsthaft meinen. Er kann doch nicht ernsthaft glauben, dass ich das freiwillig tun würde. Sie sind meine vorbestimmten Gefährten, um Himmels willen. Wie zum Teufel soll ich sie so ablehnen können?
„Das werde ich nicht“, flüstere ich.
„Entschuldigung?!“ Mein Vater erhebt sich aus dem Stuhl und starrt mich entgegen. Mit 1,83 m ist er größer als ich, und seine natürliche Wut mir gegenüber lässt ihn noch größer erscheinen.
„Sie sind meine vorbestimmten… ich werde sie nicht ablehnen.“ Mein Vater kommt bedrohlich auf mich zu, bis er direkt vor mir steht. Er zieht seine Hand zurück und lässt sie los, schlägt mich so hart, dass ich zu Boden falle. Meine Ohren klingeln ein wenig und mir ist schwindelig. Ich halte mir die Wange und schaue meinen Vater mit Entsetzen in den Augen an. Ich höre das schnelle Atmen meiner Mutter und das Steigen ihres Herzschlags. Ich hoffe, sie bleibt dort, wo sie ist. Sie muss nicht versuchen, mich zu verteidigen oder zu retten. Ich brauche, dass sie sicher ist.
„Ihr Schwestern seid seit Jahren bei den Alphas. Sie wurden als zukünftige Lunas benannt. Sie verdienen den Titel und alles, was damit einhergeht. Du wirst ihnen das NICHT wegnehmen. Du wirst die Alphas ablehnen und dieses Rudel verlassen und nie zurückkehren.“Dies steht NICHT zur Diskussion und du hast keine Wahl.“
Ich schaue zu meinem Vater auf, Tränen laufen mir übers Gesicht, und ich bin angepisst. Ich habe mir immer gesagt, dass ich niemals vor ihm weinen werde. Adela grinst, und Aida sieht zufrieden aus. Ich krieche auf meine Knie und stürme aus der Tür, höre meinen Vater meinen Namen hinter mir schreien. Ich renne zu meinem Auto und springe hinein. Ich sehe Adela nicht weit vom Auto entfernt. Ich beeile mich und starte den Wagen, werfe ihn in den Rückwärtsgang, um mehr Abstand zwischen meiner Schwester und mir zu schaffen. Ich schalte den Wagen in den Vorwärtsgang und flitze die Straße entlang. Die Tore sind zum Glück bereits geöffnet, und ich rase durch sie hindurch, während ich versuche, so viel Abstand wie möglich zwischen mich und dieses Rudel zu bringen. Andricia wimmert in meinem Kopf und möchte, dass ich zu meinen Gefährten zurückkehre, aber ich kann es nicht riskieren. Ich muss so weit wie möglich weg sein.