KAPITEL VIER

545 Words
KAPITEL VIER Er saß in einer Bürokabine. Überlegen, siegreich, mächtiger als irgendjemand auf dem Planeten. Vor ihm stand ein Computerbildschirm. Mit einem tiefen Atemzug schloss er die Augen und begann sich zu erinnern. Er erinnerte sich an den höhlenartigen Keller seines Hauses, das eher wie ein Kindergarten in einem Garten war. Mehrere Sorten Mohnblumen säumten den Hauptraum: rot, gelb und weiß. Viele andere psychedelische Pflanzen, die über unzählige Jahre herangewachsen waren, waren in langen Wannen gepflanzt; Einige Unkräuter sahen wie Aliens aus, oder faszinierende Blumen; Viele sahen unauffällig aus, in freier Natur würde man sie, trotz ihrer starken Wirkungen, übersehen. Eine zeitgesteuertes Bewässerungssystem, Temperaturanzeige und LED-Leuchten sorgten für ihr Gedeihen. Ein langer Flur aus Holzbalken führte zu anderen Räumen. An den Wänden hingen Bilder. Die meisten Bilder zeigen Tiere in verschiedenen Todesphasen und der folgenden „Wiedergeburt“, wie sie ausgestopft und positioniert wurden: eine Tabby-Katze, gestützt auf ihre Hinterbeine, spielt mit Garn; Ein schwarz-weiß gefleckter Hund, zur Seite gerollt und wartend, den Bauch gekrault zu bekommen. Es folgten noch weitere Türen. Er stellte sich vor, die Tür auf der linken Seite zu öffnen. Dort sah er sie wieder, ihren nackten Körper auf einem silbernen Tisch. Helle Leuchtstofflampen beleuchteten den Raum. In einem Glaskasten standen transparente Gläser aufgereiht, gefüllt mit zahlreichen bunten Flüssigkeiten. Er hatte ihre Haut gefühlt, als er seine Finger an der Oberseite ihres Oberschenkels entlang gleiten ließ. In seinen Gedanken wiederholte er jeden Griff der heiklen Prozedur: ihr Körper wurde entwässert, konserviert, gereinigt und ausgestopft. Er machte Fotos während der ganzen Wiedergeburt, die später die Wände bedeckten, die für seine menschlichen Trophäen zur Verfügung standen. Einige Fotos waren bereits platziert. Eine enorme, surreale Energie floss durch ihn hindurch. Jahrelang hatte er Menschen gemieden. Sie waren beängstigend, gewalttätiger und unkontrollierbarer als Tiere. Er liebte Tiere. Er stellte jedoch fest, dass Menschen für den Großen Meister größere Opfer darstellten. Nach dem Tod des Mädchens hatte sich der Himmel geöffnet, das Schattenbild des Großen Schöpfers hatte ihn angeschaut und gesagt: Mehr. Seine Träumereien wurden von einer bellenden Stimme unterbrochen. „Träumst du wieder?“ Ein murrender Arbeiter stand mit einem finsteren Gesicht über ihm gebeugt. Er hatte das Gesicht und die Statur eines ehemaligen Footballspielers. Ein akkurater blauer Anzug konnte nur wenig dazu beitragen, diese Wildheit zu mildern. Kleinlaut senkte er den Kopf. Mit gebeugten Schultern, verwandelte er sich in einen unauffälligen, kleinen Arbeiter. „Es tut mir leid, Mr. Peet.“ „Ich habe deine Entschuldigungen satt. Bring mir endlich Zahlen.“ Der Mörder lächelte in sich hinein wie ein lachender Riese. Bei der Arbeit war das das Spiel fast so spannend wie sein Privatleben. Niemand ahnte, wie besonders er war, wie aufopfernd und essentiell er für das empfindliche Gleichgewicht des Universums war. Niemand von ihnen würde einen Ehrenplatz im Reich der Überwelt erhalten. Ihre alltäglichen, banalen, irdischen Aufgaben waren: Anziehen, zu Meetings gehen, Geld von einem Ort zum anderen schieben - sie waren bedeutungslos; Es war nur bedeutungsvoll für ihn, weil es ihn mit der Außenwelt verband und ihm erlaubte, das Werk des Meisters zu erfüllen. Sein Chef grummelte und ging weg. Die Augen geschlossen, stellte sich der Mörder seinen Großen Meister vor: eine schattenhafte, dunkle Gestalt, die ihm in seinen Träumen zuflüsterte und seine Gedanken lenkte. Ein Lied des Lobpreises kam aus seinem Mund und er sang flüsternd: „Oh Meister, oh Meister, unsere Arbeit ist rein. Sprich und ich gebe dir: Mehr.“ Mehr.
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