Kapitel Drei
Der Mann saß in seinem Wagen auf dem Parkplatz und beobachtete die Nutte, die die Straße entlang ging. “Chiffon”, nannte sie sich. Offensichtlich nicht ihr richtiger Name. Und er war sich sicher, dass es noch eine Menge gab, was er nicht über sie wusste.
Ich könnte sie allerdings dazu bringen es mir zu sagen, dachte er. Aber nicht hier. Nicht heute.
Er würde sie heute auch nicht töten. Nein, nicht genau hier, so nah an ihrem üblichen Arbeitsplatz - dem sogenannten “Kinetic Custom Gym.” Von seinem Blickwinkel aus konnte er die altersschwachen Geräte im Schaufenster sehen - drei Laufbänder, eine Rudermaschine, und ein paar Gewichtstrainingsgeräte, von denen keine funktionierte. Soweit er wusste, kam niemand her, um wirklich zu trainieren.
Zumindest nicht auf die übliche Art und Weise, dachte er mit einem Grinsen.
Er kam nicht oft her - nicht seit der Brünetten, die hier vor Jahren gearbeitet hatte. Natürlich hatte er sie nicht hier getötet. Er hatte sie für “Extra Service” und mit dem Versprechen von viel Geld in ein Motelzimmer gelockt.
Selbst da war es noch kein vorsätzlicher Mord gewesen. Die Plastiktüte über ihrem Kopf war nur eine Fantasie gewesen, um dem Ganzen ein Gefühl von Gefahr zu geben. Aber nachdem es vorbei gewesen war, hatte ihn das Gefühl tiefer Befriedigung überrascht. Es war höchster Genuss gewesen, einzigartig selbst in seinem Leben voller Genüsse.
Trotzdem hatte er in seinen Rendezvous seither mehr Vorsicht und Zurückhaltung walten lassen. Oder zumindest hatte er das bis zur letzten Woche, als das gleiche Spiel mit einem Callgirl wieder tödlich ausgegangen war – wie war noch gleich ihr Name?
Oh, ja, erinnerte er sich. Nanette.
Er hatte vermutet, dass Nanette nicht ihr richtiger Name war. Jetzt würde er es nie herausfinden. Tief in seinem Herzen wusste er, dass ihr Tod kein Unfall gewesen war. Nicht wirklich. Er hatte es tun wollen. Und sein Gewissen war unbefleckt. Er war bereit es wieder zu tun.
Die, die sich selber Chiffon nannte, kam ihm etwa einen halben Block entfernt entgegen. Sie trug ein gelbes Top und einen kaum vorhandenen Rock und stöckelte auf unglaublich hohen Schuhen in Richtung Fitnessstudio, während sie telefonierte.
Er wollte unbedingt wissen, ob Chiffon ihr richtiger Name war. Ihr bisher einziges Treffen war ein Fehlschlag gewesen - ihre Schuld, nicht seine, dessen war er sich sicher. Etwas an ihr hatte ihn abgestoßen.
Er wusste, dass sie älter war, als sie vorgab. Es war mehr als nur ihr Körper - selbst Nutten im Teenageralter hatten oft Schwangerschaftsstreifen von der einen oder anderen Geburt. Und es waren auch nicht die Falten in ihrem Gesicht. Nutten alterten deutlich schneller, als alle anderen Frauen, die er kannte.
Er konnte nicht genau sagen warum. Aber es gab viel an ihr, was ihn verwirrte. Sie zeigte eine Art mädchenhaften Enthusiasmus, der nicht das Zeichen einer wahren Professionellen war - nicht einmal das einer Anfängerin.
Sie kicherte zu viel, als würde sie ein Spiel spielen. Sie war zu eifrig. Und er vermutete sogar, dass sie seltsamerweise ihren Job tatsächlich zu mögen schien.
Eine Nutte, die Spaß an dem s*x hat, dachte er, während er sie näherkommen sah. Wer hat so was schon mal gehört?
Wenn er ehrlich war, dann törnte es ihn ab.
Wenigstens war er sich sicher, dass sie keine verdeckte Ermittlerin war. Das hätte er sofort bemerkt.
Als sie nah genug war, um ihn zu sehen, drückte er auf die Hupe. Sie hielt einen Moment inne, sah in seine Richtung und schirmte ihre Augen von der Sonne ab. Als sie sah, wer es war, winkte sie und lächelte - ein Lächeln, das für alle Welt völlig aufrichtig aussehen musste.
Dann ging sie auf die Rückseite des Fitnessstudios zum “Mitarbeiter” Eingang. Ihm wurde klar, dass sie wahrscheinlich eine Verabredung in dem Puff hatte. Es machte nichts aus, er würde sie ein andermal nehmen, wenn ihm nach einer anderen Art von Vergnügen war. In der Zwischenzeit gab es hier genug andere Nutten.
Er erinnerte sich daran, wie sie das letzte Mal auseinander gegangen waren. Sie war fröhlich gewesen und freundlich und entschuldigend.
“Komm jederzeit wieder”, hatte sie ihm gesagt. “Das nächste Mal wird es besser. Wir verstehen uns dann bestimmt besser. Das wird dann wirklich anregend.”
“Oh Chiffon”, murmelte er laut. “Du hast ja keine Ahnung.”