Lenore
Mein Wecker weckte mich aus einem angenehmen Traum. Ich rannte über ein Feld voller Wildblumen und wurde von einem riesigen schwarzen Wolf gejagt. Ich rannte nicht aus Angst, sondern lachte die ganze Zeit. Als der Wolf mich einholte, wurde ich von ihm abgeleckt und beschnüffelt. Ich wollte mehr, und dann ging der Alarm los.
Ich seufze und schalte das Ding aus, bevor ich mich aus meinem gemütlichen Bett erhebe. Ich ziehe mein Lieblings-Trainingsoutfit an, werfe mein langes braunes Haar zu einem Pferdeschwanz und verlasse mein Zimmer. Mein Vater, Wyatt Moonglade, der Alpha des Moonglade-Rudels, sitzt in der Küche, trinkt Kaffee und liest eine Zeitung. Ich gehe zu ihm hinüber und gebe ihm einen Kuss auf die Wange. "Guten Morgen, Vater", begrüße ich ihn und nehme mir ein Glas aus dem Schrank. Er ist ein gut aussehender Mann mit sandblondem Haar und braunen Augen.
"Guten Morgen, Prinzessin", antwortet er mir. "Hast du gut geschlafen?"
Ich nicke, während ich mir ein Glas Orangensaft einschenke. Ich setze mich auf einen Hocker neben ihn. "Ich habe gut geschlafen."
"Das ist gut zu hören. Wir werden heute Besuch bekommen", sagt er mir. "Alpha Edwin Dante kommt, und er bringt seinen Sohn Simon mit", wackelt Papa mit den Augenbrauen zu mir.
"Vater", seufze ich. Mein Vater versucht schon seit einem Jahr, mich dazu zu bringen, der auserwählte Gefährte von Simon Dante zu werden. Ich bin neunzehn und habe immer noch nicht meinen Schicksalsgefährten gefunden, aber ich habe es nicht eilig, einen Gefährten zu finden. Ich mag mein Leben. Seit dem Tod meiner Mutter, als ich sechzehn war, habe ich die Aufgaben von Luna übernommen. Mein älterer Bruder Ryland wird in zwei Jahren Alpha werden, und seine Gefährtin Bethany wird dann Luna werden. Ich habe Bethany geholfen, alles zu lernen, was sie braucht, um eine gute Luna zu sein. Danach möchte ich eine Weltreise machen, um herauszufinden, was ich mit meinem Leben anfangen will. Ein Kumpel würde mir dabei in die Quere kommen.
"Was? Ich glaube, du und Simon würden gut zusammenpassen, Lenore", antwortet Vater, als Ryland und Bethany mit ihrem zweijährigen Sohn Andrew die Küche betreten.
"Willst du Simon Dante schon wieder Lenore aufdrängen, Vater?" fragt Ryland unseren Vater. Mein Bruder sieht fast genauso aus wie unser Vater, hat aber längere Haare und haselnussbraune Augen.
"Nicht drängen, Ryland, ermutigen", sagt Papa zu meinem Bruder.
Ich lächle meinen Neffen an, der mit einem fröhlichen Quietschen zu mir herüberläuft. Ich hebe ihn hoch und setze ihn auf meinen Schoß. "Wie geht es meinem kleinen Andy heute Morgen?" Ich küsse ihn auf die Wange. Er sieht meinem Bruder so ähnlich.
"Hi, Tante Lenny", grinst er, als ich ihn wieder auf die Wange küsse.
Meine Schwägerin setzt sich mir gegenüber. "Er liebt sein Tantchen einfach", lacht sie.
Ich knutsche noch einmal mit Andys Wange: "Ich liebe ihn einfach", lächle ich Bethany an.
"Wenn du einen Kumpel hättest, könntest du auch einen eigenen haben", fügt mein Vater grinsend hinzu.
"Vater", seufze ich. "Versuchst du, mich loszuwerden?"
"Nein, Lenore, natürlich nicht", faltet Papa das Papier zusammen und legt es hin. Er sieht mich mit seinen braunen Augen an. "Ich möchte, dass du glücklich bist und ein erfülltes Leben hast."
"Ich bin glücklich, Vater", antworte ich ihm. "Ich habe ein erfülltes Leben", sage ich und lasse Andy auf meinem Knie hüpfen.
"Schätzchen, du bist neunzehn und unverheiratet. Und obwohl ich alles schätze, was du seit dem Tod deiner Mutter getan hast, brauchst du einen Partner", argumentiert Vater.
Ich schnaufe und setze meinen Neffen auf dem Boden ab. Er rennt zu meinem Bruder hinüber, der ihn aufhebt. "Vater", rolle ich mit den Augen. "Ich bin noch nicht bereit für einen Partner", seufze ich.
"Schätzchen, ich habe deine Mutter an dem Tag kennengelernt, als sie achtzehn wurde, und acht Monate später haben wir Ryland bekommen", argumentiert Vater. "Wir waren sehr glücklich zusammen", sagt er etwas verlegen. Es ist jetzt drei Jahre her, und er trauert immer noch um sie.
Ich lege meinen Arm um seine Schulter und küsse ihn auf die Wange. "Ich muss zum Training", sage ich ihm. "Delta Reyes hasst es, wenn ich zu spät komme."
"Natürlich hasst er es", schnaubt Vater. "Du bist meine Tochter, also musst du dich an einen höheren Standard halten." Er klopft mir auf die Schulter. "Viel Spaß und nimm dich vor diesem Lyle in Acht."
"Lyle ist mein Freund, Vater", schüttele ich den Kopf.
"Ja, und er wünschte, er wäre so viel mehr", fügt Ryland hinzu.
Ich ignoriere meinen Bruder und verlasse die Wohnung. Sie ist mit dem Hauptgebäude verbunden. Ich gehe die Treppe hinunter und treffe auf meine beste Freundin Judi. Sie ist die Tochter des Betas. Ihr Vater, Beta Carl, und mein Vater sind beste Freunde. "Hey, Judi", sage ich zu ihr.
"Hey, Len", grüßt Judi mich. Sie ist auch für das Training angezogen. Wir gehen immer zusammen zum Training. "Ich hoffe, dass Delta Reyes heute nicht zu hart mit uns umgeht. Ich bin immer noch sauer von gestern."
"Ich wollte dich nicht gegen die Wand schubsen", lache ich.
Judi wirft mir einen Blick zu. "Schlampe, du hast mich gegen die Wand geknallt", schreit sie mich fast an.
"Judith Stewart, Sprache", höre ich ihren Vater, Carl, hinter uns knurren. Wir bleiben stehen und stellen uns dem Beta gegenüber. Er ist groß für einen Beta. Gerüchten zufolge ist er mit dem König verwandt, also hat er Alpha-Blut.
"Vater, ich bin neunzehn Jahre alt. Ich kann Schlampe sagen", schnaubt Judi.
"Judith, du bist meine Tochter. Du musst ein Vorbild für andere Rudelmitglieder sein, wie Lenore hier", erklärt Carl ihr. Er blickt zu mir und dann wieder zu Judi. "Seid ihr beide auf dem Weg zum Training?"
"Ja, Sir", antworte ich ihm.
"Ihr wollt doch nicht zu spät kommen", sagt Carl zu uns.
"Wir kommen nicht zu spät, wenn du aufhörst, mich anzuschreien", schnauzt Judi ihren Vater an und geht die Treppe hinunter.
"Über die Missachtung reden wir später, Judith", ruft Carl ihr hinterher.
Ich lächle ihn an und folge dann meiner Freundin. Judi und ich gehen nach draußen und rennen zum Trainingsgelände. Als wir dort auftauchen, ist Delta Reyes bereits auf dem Platz und bellt den Kriegern Befehle zu.
"Frau Moonglade, Ms. Stewart, ich bin froh, dass Sie sich endlich entschlossen haben, sich uns anzuschließen", schreit uns das Delta an.
"Tut mir leid, Delta Reyes", sage ich zu ihm.
"Wir wären pünktlich gewesen, aber mein Vater musste mich anschreien", schnaubt Judi.
"Ihr zwei werdet mit Alvin trainieren", zeigt Delta Reyes auf seinen Sohn Alvin.
Alvin ist ein knallharter Typ, der immer zur Sache kommt: "Macht eure Dehnübungen und trefft mich auf Feld D", brummt Alvin und geht weg.
Judi und ich trainieren normalerweise mit den weiblichen Kriegern, aber manchmal trainieren wir auch allein. Als Töchter des Alphas und des Betas müssen wir härter trainieren als die anderen Frauen. Mein Vater leitet ein relativ fortschrittliches Rudel, das es jedem erlaubt, als Krieger zu trainieren, unabhängig von seinem Rang. Nicht alle schaffen es, aber sie dürfen lernen, wie man kämpft. Vater hält es für notwendig, dass jeder weiß, wie man sich verteidigt.
Das Moonglade-Rudel ist ein mittelgroßes Rudel im Norden Nevadas. Wir haben uns auf den Kohle- und Silberbergbau spezialisiert. Aber wir betreiben auch einige Kasinos und Hotels in Reno. Mein Vater hat uns zu einem harten, aber fairen Rudel aufgebaut. Wir sind streng, was das Training angeht, aber in anderer Hinsicht unbeschwert. Seit dem Tod meiner Mutter habe ich die Moral des Rudels aufrechterhalten. Wir feiern Geburtstage und Abschlussfeiern gemeinsam. Ich zeige jedem im Rudel Respekt und kenne sogar alle Namen. Ich arbeite hart daran, dass jeder alles hat, was er braucht. Das ist einer der Gründe, warum ich es hinausgezögert habe, meinen Schicksalsgefährten zu finden.
Judi und ich machen unsere Aufwärmübungen und Dehnübungen, bevor wir uns auf den Weg zu Feld D machen. Lyle und ich sind seit der Mittelschule eng befreundet. Ich weiß, dass er sehr in mich verknallt ist, was sich nur noch verstärkt hat, als seine Partnerin ihn zurückgewiesen hat. Ich habe ihm gesagt, dass ich nur befreundet sein will, aber er will mehr.
"Guten Morgen, Lenore. Du siehst heute heiß aus", grinst Lyle, und seine braunen Augen funkeln.
Meine Wölfin Astrid knurrt in meinem Kopf. Sie mag es nicht, wenn Männchen mit mir flirten. Sie besteht darauf, dass ich auf meinen Gefährten warte und keinem anderen Mann nachgebe. Ich hatte schon ein paar Freunde, aber Astrid macht es mir schwer, ihr zu nahe zu kommen.
Ich lächelte Lyle an: "Nun, ich bin gerade zwanzig Runden gelaufen", sagte ich zu ihm.
"Das habe ich nicht gemeint, Lenore", schnaubt Lyle.
"Okay, meine Damen, nehmt eure Positionen ein", befiehlt Alvin uns.
"Warum sind es nur Lenore und ich?" fragt Judi.
Alvin ignoriert ihre Frage. "Wir machen heute nur Sparring. Mein Vater will, dass ich euch beide beurteile."
"Beurteilen", Judi stemmt die Hände in die Hüften. "Wir sind besser als die Hälfte der Leute hier." Meine beste Freundin stellt ständig alle in Frage. Sie mag es gar nicht, wenn man ihr sagt, was sie tun soll.
Alvin sieht mich an. "Hör zu, das kommt nicht von meinem Vater. Es kommt von deinen Vätern."
"Komm schon, Judi. Lass uns das hinter uns bringen. Ich habe noch eine Menge Papierkram zu erledigen, bevor Alpha Dante kommt", sage ich zu meiner Freundin.
"Oh, kommt Simon auch?" Sie lacht.
Ich schnaufe, "Ja." Ich antworte und höre Lyle knurren.
"Drängt dich dein Vater immer noch, dich mit ihm zu paaren?" fragt Judi, und Lyle knurrt wieder. "Reg dich ab, Roth."
"Judith, halt die Klappe und mach Sparring", knurrt Alvin sie an.
Wir stellen uns auf und kämpfen etwa anderthalb Stunden lang. Judith ist schneller als ich, aber ich habe das Gefühl, dass ich stärker bin. Am Ende schaffen wir es beide, uns umzudrehen, und es gibt keinen klaren Sieger.
"Okay, ihr könnt aufhören", schreit Alvin uns an, als wir keuchend und mit blauen Flecken bedeckt auf dem Boden liegen. "Geht duschen", knurrt er.
Judi schnaubt und hilft mir auf die Beine, und wir stolpern beide zurück zum Packhaus. Normalerweise frühstücke ich mit der Meute im Speisesaal, aber heute habe ich Lust auf einen schnellen Happen in der Wohnung. Judi beschließt, in den Speisesaal zu gehen. Ich laufe die Treppe hinauf, und in der Wohnung ist es ruhig.
Ich nehme eine lange Dusche und summe ein Lied, das mir meine Mutter immer vorgesungen hat. Ich fange an, über den schwarzen Wolf nachzudenken, der mich in meinen Träumen geplagt hat. Astrid summt in meinem Kopf, während ich an ihn denke. Ich spüre, dass er mein Gefährte ist, aber ich hoffe, dass ich noch ein paar Jahre warten kann, bevor ich ihn treffe.
Du kannst das Schicksal nicht aufhalten, Lenore", sagt Astrid.
Ich ignoriere sie und dusche weiter. Ich verbringe ein paar Minuten damit, mich zu entscheiden, was ich anziehen soll. Ich entscheide mich für einen schwarzen Rock und ein hellblaues Hemd. Mein langes honigbraunes Haar lasse ich offen. Es hat die gleiche Farbe wie das meiner Mutter. Alle sagen mir immer, wie sehr ich ihr ähnele. Ich habe ihre blauen Augen und einen blassen Teint. Ich weiß, dass es meinem Vater manchmal weh tut, mich anzusehen, denn ich sehe die Sehnsucht in seinen Augen. Ich esse eine Banane und einen Müsliriegel, bevor ich die Wohnung verlasse und ins Büro gehe.
Mein Vater erlaubt mir, das alte Büro meiner Mutter zu benutzen, um meine Arbeit zu erledigen. Ich habe es so gelassen, wie meine Mutter es hinterlassen hat. Ich schalte den Computer ein und lege meine Lieblings-80er-New-Wave-Playlist auf, während ich mich an die Arbeit mache. Ich will mit den Finanzen anfangen, bevor Alpha Edwin eintrifft.
Lenore, Alpha Edwin Dante und sein Sohn sind angekommen", lässt mich Vater nach ein paar Stunden wissen. Ich möchte, dass du sie mit mir begrüßt.
Ich schimpfe. Ich bin gleich da, Vater", antworte ich ihm und seufze. Ich beende die Seite, an der ich gearbeitet habe, und stehe auf. Ich streiche mein Hemd glatt, richte mein Haar und mache mich auf den Weg. Als ich am Eingang des Packhauses ankomme, sind mein Vater und mein Bruder dort, zusammen mit Beta Carl und Gamma Brent. Ich stelle mich neben meinen Bruder.
"Hey, Schwesterchen", grüßt Ryland mich.
Ich stoße ihn mit dem Ellbogen an. "Ry", antworte ich.
"Benehmt euch", schimpft Vater, als zwei schwarze Geländewagen vor dem Packhaus halten.
Ein großer Mann mit roten Haaren steigt aus dem Geländewagen und grinst meinen Vater an. "Wyatt", ruft er aus.
"Eddie", mein Vater streckt seine Arme aus und umarmt den anderen Mann.
Ein jüngerer, aber immer noch großer Mann mit roten Haaren gleitet aus dem Fahrzeug. Ich stöhne auf, als er mich hungrig von oben bis unten mustert. Er kommt auf Ryland und mich zu. Er wackelt mit den Augenbrauen, bevor er meinem Bruder die Hand hinhält. "Es ist schön, dich wiederzusehen, Ryland."
"Simon", antwortet Ryland knapp. Er und Simon kommen nicht gut miteinander aus. Simon hat während des Alpha-Trainings gerne auf Ryland herumgehackt. Simon hat sogar versucht, Bethany dazu zu bringen, meinen Bruder zu verlassen.
Simon lenkt seine Aufmerksamkeit auf mich. "Lenore, du wirst jedes Mal hübscher, wenn ich dich sehe", schnurrt Simon.
"Das sagst du jedes Mal, wenn du mich siehst, Simon", antworte ich.
"Ich meine es jedes Mal ernst, Babe", zwinkert Simon mir zu.
"Kommt, Kinder, wir gehen rein und fangen mit der Besprechung an", sagt Papa. "Du musst dir Notizen machen, Lenore."
"Ich muss mein Notizbuch aus meinem Büro holen", sage ich und eile vor ihnen ins Packhaus. Ich gehe in mein Büro und hole mein Notizbuch, andere Papiere und mehrere Stifte. Die Männer sind bereits im Besprechungsraum, als ich ankomme. Ich vergewissere mich, dass Kaffee und andere Erfrischungen bereitstehen. Ich nehme mir eine Wasserflasche und setze mich neben meinen Bruder. Beta Carl und Gamma Brent sitzen auf der einen Seite meines Vaters, während mein Bruder und ich auf der anderen Seite sitzen. Alpha Edwin sitzt mit seinem Beta und Simon gegenüber von uns.
"Okay, lasst uns zur Sache kommen", verkündet mein Vater.
Die Sitzung dauert etwa eine Stunde, während Alpha Edwin und mein Vater über das Geschäftliche streiten. Dann schweifen sie ab und reden über nichts Wichtiges.
"Also, Lenore", Alpha Edwin richtet seinen Blick auf mich. "Hast du schon einmal darüber nachgedacht, Simon zu deinem Gefährten zu machen?" Simon funkelt mich mit seinen grünen Augen an. "Ich glaube, du und Simon wärt ein tolles Paar, und mein Rudel wäre dankbar, eine Luna wie dich zu haben."
Jetzt starren mich alle an, und ich beginne zu zittern. Für einen Moment bleibt mir der Mund offen stehen. "I-i-i-ich", schüttle ich den Kopf.
'Sag ihnen nein', knurrt Astrid.
"Ich muss darüber nachdenken, Sir", bringe ich hervor.
"Du denkst schon seit Monaten darüber nach", sieht Alpha Edwin Papa an. "Simon hat andere Wölfinnen, mit denen er sich paaren könnte, aber wir glauben, dass Lenore die beste Wahl ist."
Vater sieht mich an und legt eine Hand auf meine. "Gib ihr noch eine Woche, Ed", spricht Papa für mich. "Wir gehen nächste Woche zu König Tyrells Alphatierkonferenz und vielleicht-" Vater zwinkert mir zu. "Lenore wird vielleicht ihren Schicksalsgefährten treffen."
"Ich gehe mit?" frage ich ihn. Das wäre das erste Mal, dass er mich mitnimmt. Normalerweise nimmt er nur Ryland mit.
"Ja, Lenore. Es ist höchste Zeit, dass du deinen Gefährten triffst oder dir einen aussuchst", beharrt er.
"Papa", seufze ich und verschränke die Arme.
"Ich finde immer noch, dass du Simon wählen solltest", sagt Alpha Edwin zu mir. "Schicksalsgefährten sind nicht immer die besten. Nimm meine zum Beispiel. Chloe ist vor zehn Jahren abgehauen, um mit einem Schurken zusammen zu sein", schnaubt Alpha Edwin.
Ich sage nichts, als Alpha Edwin und mein Vater anfangen, über Sport zu reden. "Vater, kann ich jetzt gehen?"
"Ja, Lenore", antwortet er. "Hast du dir gut Notizen gemacht?"
Ich nicke. "Das tue ich immer", antworte ich, während ich aufstehe und meine Papiere zusammensuche, bevor ich den Besprechungsraum verlasse. Ich gehe in mein Büro, um meine Notizen abzutippen und sie für später aufzubewahren. Während ich tippe, betritt Simon Dante ohne anzuklopfen mein Büro.
"Das sieht aus wie das Büro einer alten Dame", rümpft er die Nase.
"Es war das Büro meiner Mutter", antworte ich. "Ich habe es nicht verändert, seit sie gestorben ist."
Simon spottet. "Du kannst es ein bisschen umgestalten", zuckt er mit den Schultern.
"Was willst du, Simon?" frage ich ihn.
"Ich schätze, wir gehen alle zur Konferenz, und ich wollte wissen, ob du mit mir hingehen willst?" fragt er.
"Wir werden uns dort sehen, Simon, da unsere Väter befreundet sind", sage ich zu ihm.
"Ja, ich weiß, Lenore. Ich will nur wissen, ob du die schöne Frau an meinem Arm sein willst, mit der ich vor allen anderen angeben kann." Er wackelt mit den Augenbrauen zu mir.
Ich seufze und kneife mir in den Nasenrücken. "Wir können zusammen abhängen, Simon. Aber ich will kein Date."
"Du bist so prüde, Lenore", spottet Simon. "Gut, dann nehme ich eben jemand anderen."
"Okay", antworte ich beiläufig, woraufhin Simon erneut spottet. "Gibt es sonst noch etwas? Ich habe noch eine Menge zu tun."
"Mann, du bist zu jung, um so viel zu arbeiten. Du solltest mehr ausgehen und feiern", lacht Simon.
"Ich mag eigentlich keine Partys, Simon", seufze ich wieder.
"Das liegt daran, dass du nie auf eine gehst", argumentiert Simon und fährt sich mit der Hand durch seine roten Haare. Ich muss zugeben, dass Simon ein gut aussehender Mann ist. Er ist nicht so massig wie viele Alphamännchen. Ich mag auch seine mittellangen roten Haare und seine smaragdgrünen Augen. Aber es gefällt mir nicht, dass er ein Spieler und Partylöwe ist.
"Ich war schon auf ein paar", erwidere ich.
"Simon, bist du bereit zu gehen?" Sein Vater streckt den Kopf ins Büro. "Hallo, Lenore. Schwer am Arbeiten, wie ich sehe."
"Ja, Sir", antworte ich.
"Ich komme mit, Papa", antwortet Simon. "Wir müssen nach Hause gehen", sagt Simon zu mir. "Das ist deine letzte Chance, mit mir auf der Konferenz zu sein."
Ich schaue zu ihm auf. "Gut, Simon. Ich werde dein Date sein."
"Ich wusste, dass du dem Charme des alten Dante erliegen würdest", lächelt er. "Zieh dich auf jeden Fall schick an", sagt er und tätschelt meine Hand.
"Komm schon, Simon", fordert Alpha Edwin seinen Sohn auf.
"Tschüss Simon, tschüss Alpha Edwin", winke ich.
"Auf Wiedersehen, Lenore." Alpha Edwin zwinkert. Er und Simon verlassen mein Büro, und ich seufze erleichtert auf.
Ich verbringe noch ein paar Stunden im Büro, bevor ich beschließe, Zeit mit den verwaisten Welpen zu verbringen. Einige von ihnen waren Flüchtlinge aus Rudeln, die dezimiert wurden. Andere hatten einfach das Pech, dass ihre Eltern starben. Ich lese ihnen gerne vor und spiele mit ihnen. Ich stelle mir vor, dass ich verwaiste Welpen adoptiere, anstatt selbst welche zu haben.
Nach dem Waisenhaus esse ich mit meiner Familie in der Wohnung zu Abend, bevor ich in mein Zimmer gehe. Mein Vater sagt, dass die Konferenz in drei Tagen stattfindet, was mich aus irgendeinem Grund unruhig macht. Astrid verhält sich seltsam, seit ich gesagt habe, dass ich mit Simon zusammen sein werde. 'Paare dich nicht mit ihm', knurrt sie immer wieder.
'Ich werde mich nicht mit Simon Dante paaren', knurre ich zurück. 'Wir sind nur Freunde.'
'Er will nicht dein Freund sein', knurrt Astrid.
Warum verhältst du dich so seltsam, Astrid? frage ich sie, aber sie antwortet nicht und zieht sich stattdessen in mein Hinterstübchen zurück. Ich schüttele den Kopf, nehme mein Lieblingsbuch zur Hand und lese, bis ich einschlafe und wieder von dem schwarzen Wolf träume.