Kapitel 8

1445 Words
Autumn Mein Magen drehte sich um, als wir die lange Auffahrt hinauffuhren. Ich war so nervös, diese Leute aus Dads Arbeit kennenzulernen, und ich wusste nicht, warum. Normalerweise habe ich keine Angst vor Menschen. Als das Haus in Sicht kam, war ich mehr als überrascht. Dieses Gebäude war kein Haus, es war eine verdammte Villa. Das Erste, was mir auffiel, war, dass draußen eine Menge Leute arbeiteten. Bei der Größe dieses Anwesens braucht man definitiv einen Gärtner, um alles in Schuss zu halten. Dad fuhr bis vor den Eingang und hielt an. Ich schaute mir die Vorderseite des Hauses an; es war wunderschön. Die Veranda war groß, sie erstreckte sich über die gesamte Länge der Vorderseite des Hauses. Ich konnte Schaukelstühle und perfekt platzierte Stühle sehen, die zusammen mit Blumen das Geländer schmückten. Ich war so fasziniert von der wunderschönen Veranda, dass ich nicht bemerkte, dass alle schon aus dem SUV ausgestiegen waren. Plötzlich öffnete sich meine Tür, und Zach stand da und schaute mich an. Er wedelte mit seiner Hand vor meinem Gesicht, um mich aus meiner Trance zu holen. Ich schaute ihn an, und er lächelte nur. „Es ist nicht höflich zu starren,“ signalisierte er mir schnell, während er lachte. Ich schlug nach seiner Hand. „Ach, halt den Mund,“ antwortete ich ihm. Ich sprang hinaus, und Zach schloss die Tür. Ich sah, wie Dad und Mom uns mit diesem „Benehmt euch“-Blick ansahen. Ich zeigte nur auf Zach, und Dad warf ihm einen strengen Blick zu, die Augenbrauen hochgezogen. Zach lachte und hob die Hände in einer Geste der Kapitulation. Ich sah, wie Dad wieder zum Haus schaute. Als ich meinen Kopf drehte, sah ich einen Mann die Treppe herunterkommen. Er war ziemlich attraktiv, muskulös und groß, mit dunkelbraunem Haar und grünen Augen. Er ging direkt auf Dad zu und streckte ihm die Hand entgegen. Dad schüttelte seine Hand, und ich sah, wie er auf Mom zeigte, während er sie ihm vorstellte. Dann winkte Dad uns zu sich. Zach legte sofort seine Hand auf meinen Rücken, auf Höhe meiner Schulterblätter, und ging mit mir. Er bot Zach die Hand an, und sie schüttelten sich die Hände. Dann sah er zu mir. Er streckte seine Hand aus, und ich legte meine in seine. Er schenkte mir ein kleines Lächeln, und ich spürte, wie meine Wangen rot wurden. Zachs Hände hoben sich, und ich löste meinen Blick von ihm, um Zach anzuschauen. „Das ist Herr Keaton, er ist hier die rechte Hand,“ signalisierte Zach mir, und der Mann schaute nur zu, offenbar ohne zu verstehen, was Zach sagte. Ich schaute zurück zu diesem Keaton. Ich lächelte ihn an. „Hi, ich bin Autumn. Schön, Sie kennenzulernen,“ sagte ich zu ihm. Er schien etwas überrascht, dass ich sprechen konnte. Die meisten Menschen merken nicht, dass ich trotz meiner Taubheit eine Stimme habe. Es ist nur so, dass ich manchmal nicht einschätzen kann, wie laut ich spreche, und deshalb lege ich meine Hand an die Seite meines Halses in der Nähe meiner Kehle, um die Vibrationen zu spüren. Er nickte mir zu und schaute zu Dad. Ich sah, wie er anfing zu sprechen. „Hier entlang, Herr Collins,“ sagte er, und Dad trat vor mit seinem Arm um Mom gelegt, seine Hand auf dem unteren Rücken, um sie ins Haus zu führen. Zach ging voran, hielt aber an. Er griff nach meiner Hand und legte sie auf seinen Arm, während er mich hineinführte. Drinnen folgten wir ihm durch einen übergroßen Wohnraum. Die Details in diesem Haus waren atemberaubend. Ich wäre ungern die Person, die es putzen muss. Gerade als wir die Treppe hinaufgehen wollten, kam uns eine Gruppe von Männern entgegen. Ich sah, wie sich alle Köpfe zu uns drehten, und als ihre Augen auf mich fielen, konnte ich nicht anders, als näher an Zach heranzurücken. Ihre Blicke ließen mich unbehaglich fühlen. Zach bemerkte es, und ich sah, wie er sich zu ihnen umdrehte. Plötzlich zerstreuten sie sich schnell. Als ich zurückschaute, sah ich, dass dieser Keaton ihnen einen Todesblick zuwarf. Er schaute mich mit einem entschuldigenden Blick an, dann drehte er sich um und ging weiter. Wir folgten ihm zu einer großen Holztür, die er öffnete und uns einlud, einzutreten. Wir blieben direkt hinter der Tür stehen. Das musste das Büro des Chefs sein. Vor uns stand ein riesiger Schreibtisch, und an den Wänden reihten sich viele Aktenschränke. Er ging weiter zu einer kleinen Sitzecke am anderen Ende des Büros, und wir folgten ihm. Ich sah, wie er sich wieder zu Dad drehte. „Bitte nehmen Sie Platz, Herr Blackwood wird gleich da sein,“ sagte er zu Dad. Herr Blackwood? Ich fragte mich, ob das der Name von Dads neuem Chef ist. Mir gefiel der Name. Ich sagte ihn mir noch einmal vor und spürte, wie mir eine Gänsehaut über den Arm lief. Dad und Herr Keaton unterhielten sich, aber ich achtete nicht darauf und holte mein Handy heraus, um schnell durch ein paar Social-Media-Dinge zu scrollen. Ich spürte ein Klopfen auf meinem Knie, schaute nach rechts und sah Mom sowie alle anderen, die mich anschauten. Dad streckte seine Hände aus. „Autumn, Herr Keaton hat gefragt, ob du dich auf die Schule freust?“ Ich schaute zurück zu Herr Keaton. Ich nickte nur. Ich lüge nicht, eigentlich mag ich die Schule wirklich. Er schaut mich direkt an. „Welche Klasse?“ sah ich ihn fragen. Ich hob meine Hand, um ihm eine Eins und dann eine Zwei zu zeigen. Sein Gesichtsausdruck schien überrascht. „Also eine Seniorin, hmm? Besuchst du die Woodland High?“ Ich nickte erneut. Ich war überrascht, dass er mit mir sprach. Normalerweise, wenn die Leute erfahren, dass ich taub bin, schenken sie mir keine Beachtung oder beziehen mich nicht in die Gespräche ein. Es war schön, ein Teil davon zu sein. Er sprach nicht einfach wieder mit den anderen, sondern stellte mir gleich eine weitere Frage. „Was ist dein Lieblingsfach?“ Ich nahm mir einen Moment Zeit, tippte auf mein Kinn, um ihm zu zeigen, dass ich nachdachte. Ich war mir nicht sicher; ich mochte alle meine Fächer. Wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich wahrscheinlich Geschichte sagen. „Ich mag Geschichte,“ sagte ich dann und schaute zu Dad, um zu sehen, ob ich zu laut war. Er gab mir einen Daumen hoch. Er lächelte leicht. „Ich mochte immer Mathe, aber ich habe auch den Sportunterricht geliebt,“ erzählte er mir. Wir unterhielten uns weiter, er stellte mir eine Frage, und ich antwortete ihm. Die anderen stimmten ebenfalls in das Gespräch ein. Er fragte Zach nach seinen College-Kursen, und Zach sprach darüber. Ich mochte diesen Herr Keaton wirklich, er schien super nett zu sein. In diesem Moment öffneten sich die Türen plötzlich, und wir alle schauten hin. Ich sah einen Mann hereinkommen, der stehenblieb und uns anstarrte. Wir standen alle auf, und ich ergriff Zachs Arm. Ich war etwas erschrocken über ihn. Er begann, Dad anzuschauen, dann Mom und schließlich Zach, als seine Augen auf mir zum Stillstand kamen. Sein Blick war so intensiv, dass ich am liebsten hinter Zach verschwinden wollte. Er begann, in unsere Richtung zu gehen, als Dad plötzlich vor ihm stand und die Hände hob. Ich wurde sofort hinter Zach geschoben, der mich hinter sich hielt. Ich spähte um seinen Arm herum und traf erneut den Blick des Mannes. Dann brach plötzlich das Chaos aus. Ich sah, wie er sich nach vorne stürzte, und sah, wie Dad ihn zu Boden riss. Ich konnte den Schrei, der mir entwich, nicht unterdrücken. Zach griff nach Mom und zog sie zurück, drehte sie neben mich hinter sich. Mom umarmte mich schnell, während Zach sich nicht von der Stelle bewegte. Er verhielt sich wie eine Mauer, die uns schützte. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Herr Keaton sich in das Gerangel eingeschaltet hatte. Ich schaute nicht mehr hin und vergrub meinen Kopf an Moms Schulter. Ich spürte, wie Arme um mich und Mom gelegt wurden, und wir wurden rückwärts zur Wand geführt. Ich konnte nichts sehen, Zach hatte uns in eine enge Umarmung gezogen und versperrte mir erneut die Sicht. Ich wusste nicht, wie lange wir so da standen, als ich spürte, dass Zach losließ. Ich schaute auf und sah Dad auf uns zukommen. Er nahm mich schnell aus Moms Armen und hielt mich fest. Ich weinte, und als ich die Augen öffnete, sah ich, wie der Mann mit einer älteren Frau hinausging. Er hielt inne und schaute mich an. Ich klammerte mich nur noch fester an Dad. Ich verstand nichts von dem, was gerade passiert war, aber eines wusste ich: Ich wollte diesen Mann nie wiedersehen.
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