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Der Letzte Sitzplatz Auf Der Hindenburg

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Blurb

Eine falsch gewählte Telefonnummer bringt Donovan an die Haustür von Sandia. Er dachte, er solle einer blinden Person die Brailleschrift beibringen, während sie dachte, er sei ein Anwalt für Behinderte. Als Donovan von den schrecklichen Umständen von Sandia und ihrem Großvater erfährt, ist die Braille-Lektion vergessen und er begibt sich auf eine Mission, um Sandia bei der Lösung der verschiedenen Dilemmas zu helfen, die sie zu überwältigen drohen.

PUBLISHER: TEKTIME

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Kapitel 1
Kapitel 1 Zeitrahmen: Moderne Zeit, in einem kleinen Land in Zentralasien Sie rollte sich aus ihrer Koje und wandte sich der Tür zu, wobei sie den eisigen Zement unter ihren nackten Füßen spürte. "Fünf ... vier ...", flüsterte sie, "drei ... zwei ... eins." Die Tür schwang auf, und sie trat heraus. "Guten Morgen, Lurch." Die Wache grunzte. Das war alles, was sie je von ihm bekam. Sie kannte seinen Namen nicht, aber sie dachte, er sah aus wie 'Lurch' aus der Addams Family; groß, stämmig, kastenförmiger Kopf, verschattete Augenhöhlen. Als die schwere Tür polternd zufiel, machte sich Lurch auf den Weg zur Treppe. Sie folgte ein paar Schritte hinter ihm. Die Wache trug eine altmodische blau-rote Grenadieruniform. Mit ihren ausgefransten Manschetten und dem zerfledderten Kragen brauchte sie eine gute Wäsche und ein bisschen Flickwerk. Im Treppenhaus stiegen sie drei Stockwerke hinunter und gingen hinaus auf den Übungshof. Er war menschenleer, wie immer, wenn sie um 10 Uhr morgens an der Reihe war. Warum er leer von anderen Insassen war, wusste sie nicht. War es zu ihrer Sicherheit ... oder zu deren? Das Schloss klickte hinter ihr, dann schloss sie die Augen, hob das Gesicht und atmete tief ein, als würde sie den warmen Sonnenschein einatmen. Nach dreiundzwanzig Stunden, die sie in ihrer elenden Zelle eingesperrt war, fühlte es sich an wie der erste Atemzug des Frühlings. Nach einem ruhigen Moment öffnete sie die Augen. Ein Kondensstreifen zog über sie hinweg wie ein perfekter Kreidestrich über den blauen Himmel. Ein Verkehrsflugzeug, so hoch fliegend, dass man nicht einmal die Triebwerke hören kann. Gefüllt mit glücklichen Betrunkenen, die zu einem exotischen Strand fliegen. Hunderte von Menschen, denen alles egal ist. So hoch, dass sie diesen hässlichen Käfig aus Stein und Stahl nicht sehen können, geschweige denn den Fleck einer Frau, der darin gefangen ist. Sie seufzte, wandte sich nach rechts und ging zügig an der Seite des Gebäudes entlang. Als sie eine Wand erreichte, ging sie nach links und ging ein paar Meter weiter. Dort kniete sie sich hin und hob einen Stein von seinem Ruheplatz am Fuß der Mauer auf. Es war ein Flussstein, etwa so groß wie ein Päckchen Kamele. Glatt und abgerundet, mit einem kleinen Abschnitt an der Seite, der zu einer Kante abgeflacht war. Sie verbarg ihn in ihrer Hand und ging weiter zur Außenmauer, die vierzehn Fuß über ihren Kopf ragte. Sie blieb stehen und schaute vierzehn Fuß hoch zu dem Stacheldraht, der spiralförmig an der Spitze angebracht war. Er war über eine doppelte Reihe von zerbrochenem Glas gespannt - grüne und braune Überreste der zerbrochenen Weinflaschen der längst verstorbenen Arbeiter. Eingebettet in den Mörtelhügel fingen die zerklüfteten Scherben das morgendliche Sonnenlicht ein und zerschnitten es in tausend gefrorene Diamanten. Selbst wenn sie einen Weg hätte, die Mauer zu erklimmen, wäre es unmöglich, sich durch den Stacheldraht und über Glasscherben zu schlängeln. Mit einer schweren Drahtschere könnte sie den Draht durchtrennen und mit der Drahtschere die Glasscherben abharken. Aber es würden immer noch winzige Glassplitter aus dem Mörtel ragen. Vielleicht eine dicke Decke, die sie über das Glas legen könnte ... aber auch die hatte sie nicht. Selbst wenn sie auf die Mauer käme, was dann? Auf der anderen Seite ging es vierzehn Fuß tief runter, vielleicht mehr. Vielleicht sogar noch viel mehr. Sie wusste, dass der Ort an einem Berghang gebaut war, denn hinter der grauen Granitstruktur erhoben sich schneebedeckte Gipfel. Vielleicht befand sich sogar eine steile Klippe unterhalb der Wand. Sie schritt vorwärts, dann wandte sie sich der Wand zu. Sie starrte einen Moment lang auf die Reihe der Xs. Mit der Kante ihres Steins kratzte sie einen Strich eines neuen X an das Ende der Reihe. Sie wusste, dass er das X vervollständigen würde, wenn er am Nachmittag herauskam. Sie hatte schon vor langer Zeit beschlossen, dass sie ihrem Leben ein Ende setzen würde, sollten jemals zwei X hintereinander unvollendet bleiben und der Funke aus seinem Fenster verschwinden. Es wäre ganz einfach. Aufhören zu essen. Das Essen die Toilette hinunterspülen. Die Gefängniswärter würden es nie erfahren, bis es zu spät wäre, sie vor dem Verhungern zu retten. Oder sie könnte Lurch während des Trainings angreifen und ihn zwingen, das Feuer zu eröffnen. Ein schnelles Ende wäre vielleicht besser, als zehn Tage zu verhungern. Wenn sie versuchte, sich selbst zu verhungern, könnten sie ihren bewusstlosen Körper zur Krankenstation tragen und sie mit intravenöser Ernährung wiederbeleben. Nein. Es war besser, wenn Lurch sie mit seiner Kalaschnikow niederstreckte. Sie zählte die Xs; neunzehn. Die Reihe über ihr hatte zwanzig, und die darüber. Sie trat zurück und starrte auf die Reihen und Reihen von Xs. Die Xs auf dem linken Teil der Wand hatten begonnen, zu verblassen. Dreitausendsiebenhundertneunzehn Xs. Eines für jeden Tag ihrer Gefangenschaft. Sie blickte auf das Gebäude. Als sie nach oben blickte, sah sie den dritten Stock; ihre Etage. Dann weiter zur sechsten Etage; seine Etage. Sie zählte vergitterte Fenster auf der rechten Seite...sieben...acht...neun. Da. Sein Fenster. Sie beobachtete es aufmerksam. Dann sah sie es - einen kurzen Lichtschimmer. Wie er es machte, wusste sie nicht, aber selbst an bewölkten Tagen gab er ihr dieses subtile Signal. Es war nicht viel, nur ein kurzer Funke, aber ihre ganze Existenz drehte sich um diesen Moment, diesen Bruchteil einer Sekunde unter den Tausenden am Tag, der ihr mit einem Mal sagte, dass er noch am Leben war, dass er sie liebte und dass sie diese Tortur irgendwie gemeinsam überstehen würden. Sie hob den Stein an die Lippen, den Blick auf das Fenster gerichtet, wissend, dass er sie beobachtete, so wie sie ihn am Nachmittag beobachtete, als er das gleiche Ritual durchführte. Sie wagte es nicht, ein anderes Zeichen zu machen, als den Stein an ihre Lippen zu führen, damit niemand sie sah und wusste, dass sie miteinander kommunizierten. Viele weitere Gefangene waren dort. Wie viele, das wusste sie nicht, aber sie spürte Hunderte von Augen auf sich gerichtet. Sie waren alle Männer, bis auf einen. Zumindest mochte sie den Gedanken, dass irgendwo in diesem riesigen, schrecklichen Gefängnis, das als Kauen Bogdanovka bekannt war, eine andere Frau war. Es hatte etwas Beunruhigendes, als Frau allein mit Hunderten von Männern zu sein, selbst in der Isolation. Nur sie und ihr Mann benutzten diesen speziellen Hof. Zwei größere Höfe befanden sich links und rechts, wo die anderen Gefangenen in Gruppen hinausgeschickt wurden. Sie konnte sie nicht sehen, aber sie hörte ihre Rufe, wenn sie Sport trieben oder miteinander kämpften. Warum sie isoliert waren, wußte sie nicht. Vielleicht waren sie zu wertvoll, um der Gewalt der anderen Gefangenen ausgesetzt zu sein. Sie fühlte sich jedenfalls nicht wertvoll. Die Zellen waren nach hinten versetzt und wurden tagsüber im Dunkeln gehalten, so dass sie vom Übungshof aus nicht in sie hineinsehen konnte. Ich würde für ein fünfminütiges Gespräch mit einer Frau töten - oder mit Lurch, was das betrifft - selbst wenn er kein Englisch spricht, was er wahrscheinlich nicht tut. Vielleicht ist seine Sprache Türkisch oder Russisch. Sie ging an der Außenwand entlang, bis sie das Ende erreichte. Sie wandte sich nach links und ging zum Gebäude, wo sie erneut nach links ging und an der Tür vorbeiging. Wieder links für ein paar Schritte. Dort legte sie den Stein an seinen Platz zurück. Ihr abgetragenes T-Shirt mit dem verblichenen roten Bild von Che Guevara hatte keine Ärmel, aber sie machte eine Bewegung, um einen echten Ärmel hochzuziehen. Sie wiederholte dieselbe schrullige Geste an ihrem anderen Arm, als ob sie sich darauf vorbereitete, sich zu beschäftigen. Sie wich einen halben Schritt nach links aus und ging dann, ihrem vorherigen Weg folgend, einen halben Schritt nach vorne. Den ganzen Weg um den Übungshof herum und zurück zum Flussstein, einen Seitenschritt, und weiter und weiter um die schrumpfende Begrenzung herum, bis sie genau die Mitte des Hofes erreichte. Dort stand sie vor der grauen Metalltür, die nur noch einen Meter entfernt war. Nach einem kurzen Blick in den sechsten Stock marschierte sie auf die Tür zu. Wie aufs Stichwort öffnete sie sich. * * * * * Zurück in ihrer Zelle, stand sie am Fußende ihrer Koje, mit dem Rücken zur Wand. Konzentriert starrte sie auf die gegenüberliegende Wand. Es hatte vier Monate gedauert, den Trick zu lernen. Vor Jahren, als sie siebzehn war, hatte sie Straßentänzern in New York City dabei zugesehen, wie sie die gleiche Nummer vorführten, also wusste sie, dass es machbar war. Es erforderte Konzentration, Schnelligkeit und Kraft in den Unterschenkeln. Bei den ersten Versuchen fiel sie hart auf den Beton und zog sich Prellungen an den Ellbogen und Schultern zu. Sie konzentrierte sich auf die beiden Kratzspuren an der Wand, ging in die Hocke und sprintete auf sie zu. Sie sprang hoch und landete mit dem linken Fuß auf der ersten Schramme, etwa einen halben Meter über dem Boden. Sie nutzte ihren Schwung und setzte ihren rechten Fuß auf die zweite Kratzspur und stieß sich ab. Sie überschlug sich in der Luft, und mit ausgestreckten Armen landete sie auf den Füßen, mit Blick auf die Wand, wo die beiden Schrammen den staubigen Abdruck ihrer nackten Füße trugen. Sie verbeugte sich und drehte eine Pirouette für ihr unsichtbares Publikum. Mit dem Rücken zugewandt, stand sie an der Wand neben ihrem Bett. Nach einem tiefen Atemzug lief sie wieder auf die gegenüberliegende Wand zu. Es war ein lächerlicher Stunt, das wusste sie, aber es war nur eine von vielen verschiedenen nutzlosen Routinen, die sie jeden Tag durchführte. Sie musste ihre Zeit mit Aktivität füllen, irgendeiner Aktivität, sonst würde die Stille und Isolation sie in den Wahnsinn treiben. Nach drei weiteren Klimmzügen an der Wand ließ sie sich auf den Boden fallen, um einhändige Liegestütze zu machen. Auch diese Übung hatte Monate gebraucht, um sie zu perfektionieren. Als sie das erste Mal inhaftiert wurden, waren sie und ihr Mann in guter körperlicher Verfassung gewesen; das mussten sie in ihrem Beruf auch sein. Sie war in der Lage gewesen, vierzig Standard-Liegestütze zu machen, bevor sie inhaftiert wurden. Nach vier Monaten hatte sie sich auf siebzig hochgearbeitet. Dann beschloss sie, sie mit einer Hand zu machen. Zuerst schaffte sie nicht einmal eine, aber schließlich konnte sie sich auf ihrer rechten Hand abstützen. Jetzt, mit einer Hand hinter dem Rücken, konnte sie zwanzig einhändige Liegestütze in weniger als fünfundvierzig Sekunden durchführen. Nach den Liegestützen ging sie zum Waschbecken, um sich das Gesicht zu waschen. Neben dem Waschbecken stand eine Kommode, darüber ein polierter Metallspiegel. Das Metall bot keine sehr gute Reflexion, aber es reichte aus, um ihr Haar zu pflegen. Sie zog ihr kastanienbraunes Haar über eine Schulter zurück. Sie wollte es ordentlich trimmen, aber man erlaubte ihr keine scharfen Gegenstände. Allerdings hatte sie gelernt, sich die Haare abzuschneiden, indem sie Strähnen davon an den rostigen Gitterstäben ihres Fensters rieb. Die auf diese Weise abgeschnittenen Haare behielt sie und flocht die zerzausten Strähnen zu einer langen Strähne. Vielleicht würde sie eines Tages das kleine Seil um Lurchs Hals schlingen und ihn erwürgen. Lächelnd trocknete sie sich das Gesicht mit dem einzigen Handtuch, das sie hatte, und hängte es wieder an einen Pflock in der Wand. Am Fenster verschränkte sie die Arme und starrte hinaus in den persischblauen Herbsthimmel, wo ein Flug von wogenden Kumuluswolken im Westwind schwebte. Ihr Fenster hatte kein Glas, nur sieben rostige Stahlstangen. Im Sommer ließ das Fenster eine leichte Brise durch, aber im Winter pfiff der kalte Nordwind durch die Gitterstäbe. Während der kalten Monate stellten ihr die Gefängniswärter zwei grobe Wolldecken zur Verfügung. Sie hängte eine über die Gitterstäbe, um Wind und Schnee abzuhalten. Die zweite breitete sie über ihre dünne Musselin-Bettdecke. Sie drehte sich um und schritt in die Mitte ihrer Zelle. Sie verlangsamte ihren Atem, wandte sich der vernieteten Tür zu und begann eine Tai-Chi-Übung in Zeitlupe, die sie "Stomping the Tiger's Tail" nannte. Dreißig Minuten später ließ sie sich auf ihre Pritsche fallen und starrte auf die wasserbefleckte Decke, wo sich zickzackförmige Risse durch wolkenverhangene Schatten zu den Wänden schlängelten. In den zufälligen Wirbeln konnte sie Bäume und Berge ausmachen. Verschwommene Formen und geisterhafte Bilder verwandelten sich in eine kindliche Gestalt mit einem besorgten Gesicht. Erinnerungen fluteten zurück und überwältigten sie mit Wellen der Trauer. Sie rollte sich mit dem Gesicht zur Wand, zog die Knie fest an die Brust und schluchzte.

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