Prolog

793 Words
PROLOG im Himmel. Der Herr, die himmlischen Heerscharen, nachher Mephistopheles. Die drey Erzengel treten vor. Raphael. Die Sonne tönt, nach alter Weise, In Brudersphären Wettgesang, Und ihre vorgeschriebne Reise Vollendet sie mit Donnergang. Ihr Anblick giebt den Engeln Stärke, Wenn keiner sie ergründen mag. Die unbegreiflich hohen Werke Sind herrlich wie am ersten Tag. Gabriel. Und schnell und unbegreiflich schnelle Dreht sich umher der Erde Pracht; Es wechselt Paradieses-Helle Mit tiefer schauervoller Nacht; Es schäumt das Meer in breiten Flüssen Am tiefen Grund der Felsen auf, Und Fels und Meer wird fortgerissen In ewig schnellem Sphärenlauf. Michael. Und Stürme brausen um die Wette Vom Meer aufs Land vom Land aufs Meer, Und bilden wüthend eine Kette Der tiefsten Wirkung rings umher. Da flammt ein blitzendes Verheeren Dem Pfade vor des Donnerschlags. Doch deine Boten, Herr, verehren Das sanfte Wandeln deines Tags. Zu Drey. Der Anblick giebt den Engeln Stärke Da keiner dich ergründen mag, Und alle deine hohen Werke Sind herrlich wie am ersten Tag. Mephistopheles. Da du, o Herr, dich einmal wieder nahst Und fragst wie alles sich bey uns befinde, Und du mich sonst gewöhnlich gerne sahst; So siehst du mich auch unter dem Gesinde. Verzeih, ich kann nicht hohe Worte machen, Und wenn mich auch der ganze Kreis verhöhnt; Mein Pathos brächte dich gewiß zum lachen, Hättst du dir nicht das Lachen abgewöhnt. Von Sonn’ und Welten weiß ich nichts zu sagen, Ich sehe nur wie sich die Menschen plagen. Der kleine Gott der Welt bleibt stets von gleichem Schlag, Und ist so wunderlich als wie am ersten Tag. Ein wenig besser würd’ er leben, Hättst du ihm nicht den Schein des Himmelslichts gegeben; Er nennts Vernunft und braucht’s allein Nur thierischer als jedes Thier zu seyn. Er scheint mir, mit Verlaub von Ew. Gnaden, Wie eine der langbeinigen Cicaden, Die immer fliegt und fliegend springt Und gleich im Gras ihr altes Liedchen singt; Und läg’ er nur noch immer in dem Grase! In jeden Quark begräbt er seine Nase. Der Herr. Hast du mir weiter nichts zu sagen? Kommst du nur immer anzuklagen? Ist auf der Erde ewig dir nichts recht? Mephistopheles. Nein Herr! ich find’ es dort, wie immer, herzlich schlecht. Die Menschen dauern mich in ihren Jammertagen, Ich mag sogar die Armen selbst nicht plagen. Der Herr. Kennst du den Faust? Mephistopheles. Den Doctor? Der Herr. Meinen Knecht! Mephistopheles. Fürwahr! er dient euch auf besondre Weise. Nicht irdisch ist des Thoren Trank noch Speise. Ihn treibt die Gährung in die Ferne, Er ist sich seiner Tollheit halb bewußt; Vom Himmel fordert er die schönsten Sterne, Und von der Erde jede höchste Lust, Und alle Näh’ und alle Ferne Befriedigt nicht die tiefbewegte Brust. Der Herr. Wenn er mir jetzt auch nur verworren dient; So werd’ ich ihn bald in die Klarheit führen. Weiß doch der Gärtner, wenn das Bäumchen grünt, Daß Blüt’ und Frucht die künft’gen Jahre zieren. Mephistopheles. Was wettet ihr? den sollt ihr noch verlieren! Wenn ihr mir die Erlaubniß gebt Ihn meine Straße sacht zu führen. Der Herr. So lang’ er auf der Erde lebt, So lange sey dir’s nicht verboten. Es irrt der Mensch so lang er strebt. Mephistopheles. Da dank’ ich euch; denn mit den Todten Hab’ ich mich niemals gern befangen. An meisten lieb’ ich mir die vollen frischen Wangen. Für einen Leichnam bin ich nicht zu Haus; Mir geht es wie der Katze mit der Maus. Der Herr. Nun gut, es sey dir überlassen! Zieh diesen Geist von seinem Urquell ab, Und führ’ ihn, kannst du ihn erfassen, Auf deinem Wege mit herab, Und steh’ beschämt, wenn du bekennen mußt: Ein guter Mensch, in seinem dunkeln Drange, Ist sich des rechten Weges wohl bewußt. Mephistopheles. Schon gut! nur dauert es nicht lange. Mir ist für meine Wette gar nicht bange. Wenn ich zu meinem Zweck gelange, Erlaubt ihr mir Triumph aus voller Brust. Staub soll er fressen, und mit Lust, Wie meine Muhme, die berühmte Schlange. Der Herr. Du darfst auch da nur frey erscheinen; Ich habe deines gleichen nie gehaßt. Von allen Geistern die verneinen Ist mir der Schalk am wenigsten zur Last. Des Menschen Thätigkeit kann allzuleicht erschlaffen, Er liebt sich bald die unbedingte Ruh; Drum geb’ ich gern ihm den Gesellen zu, Der reizt und wirkt, und muß, als Teufel, schaffen. Doch ihr, die ächten Göttersöhne, Erfreut euch der lebendig reichen Schöne! Das Werdende, das ewig wirkt und lebt, Umfaß’ euch mit der Liebe holden Schranken, Und was in schwankender Erscheinung schwebt, Befestiget mit dauernden Gedanken. Der Himmel schließt, die Erzengel vertheilen sich, Mephistopheles allein. Von Zeit zu Zeit seh’ ich den Alten gern, Und hüte mich mit ihm zu brechen. Es ist gar hübsch von einem großen Herrn So menschlich mit dem Teufel selbst zu sprechen.
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