Kapitel 4-1

2002 Words
4 FORD Ich hob meine Axt und ließ sie nach unten schwingen, um einen weiteren Baumstamm zu spalten. Da die Sonne vom Himmel brannte, hatte ich mein Shirt schon vor einer Weile ausgezogen. Holz zu hacken, war meine Methode, Dampf abzulassen, und f**k, in den letzten drei Tagen hatte ich Feuerholz für den ganzen Winter vorbereitet. Tatsächlich hatte ich genug, um es auf der Ladefläche meines Trucks zu stapeln und zu Bucks Eltern zu fahren. Der Frust, den ich verbrannte, rührte nicht daher, dass ich fortwährend von Schuldgefühlen darüber geplagt wurde, wie ich mit Bucks Tod umgegangen war. Er hatte auch nichts mit Indis Überraschungsbesuch zu tun. Und ich hatte definitiv keine blauen Eier, nachdem ich sie beinahe nackt gesehen hatte. Erneut. Fick mich. Ich hatte einfach den Kopf voll, weil ich mein Team zusammenstellen und unsere nächsten Schritte planen musste. Ja, klar. Das redete ich mir zumindest ein. Roscoe kam herbei und ließ einen Stock zu meinen Füßen fallen. Ich hob das vollgesabberte Holzstück auf und warf es übers Feld. Er rannte ihm hinterher. Da meine Rückenmuskeln zu schmerzen begannen, spaltete ich das letzte Holzscheit und ließ die Axt im Baumstumpf stecken. Ich würde schon bald wieder hier draußen sein. Mit meinem abgelegten T-Shirt wischte ich mir die Stirn ab und marschierte anschließend über das Feld zur Hintertür. Roscoe holte mich mit dem Stock im Maul ein. Ich hatte mich noch immer nicht daran gewöhnt, dieses Haus als meines zu betrachten. Ich war nach dem Tod meines Dads bei meinen Großeltern eingezogen, als ich noch auf der Middleschool war. Er und meine Mom hatten sich Jahre zuvor getrennt. Meine Mom war einer der Menschen, die ein Kind für eine Bürde hielten. Ich hatte das zu spüren bekommen und unsere Beziehung war beschissen. Meine Großeltern hatten mich gewollt und zur Hölle, ich hatte sie auch gewollt. Rückschauend betrachtet, hatte ich mich verzweifelt nach Stabilität und Sicherheit gesehnt, die sie mir geschenkt hatten. Ich war nach Montana gekommen und hatte diesen Berg zu meinem Testgelände gemacht. Opa war vor zwei Jahren gestorben, als ich im Ausland gewesen war. Eines Nachts war er in seinem Sessel eingeschlafen und nie wieder aufgewacht. Oma war seitdem allein, abgesehen von Roscoe, den sie ihrer Aussage nach geholt hatte, um Opa zu ersetzen. In den fast fünfzehn Jahren, die ich beim Militär gewesen war, hatte ich nie Wurzeln geschlagen und mir nie ein Apartment gemietet, da ich ständig in einem anderen Land stationiert gewesen war und nie mehr als die Unterkünfte gebraucht hatte, die einem das Militär zur Verfügung stellte. Zur Hölle, ich hatte kein richtiges Zuhause. Abgesehen von diesem Haus. Als ich plötzlich unehrenhaft entlassen worden war, war ich wie ein begossener Pudel hierher zurückgekehrt, um bei Oma zu wohnen. Wie sich herausstellte, war es der perfekte Platz, um meine neue Wach- und Sicherheitsfirma zu gründen. Oma war begeistert gewesen, mich zurückzuhaben, und die Vorstellung, einen Haufen meiner Kumpels zu beherbergen, gefiel ihr ebenfalls. Sie war alles andere als eine typische Großmutter. Sie backte zwar Kekse für uns alle, überließ uns aber auch ihr Nähzimmer, damit wir es als vorübergehende Kommandozentrale benutzen konnten, bis das neue Gebäude fertiggestellt war. Es war eine Sache, auf dem Anwesen zu wohnen, um auf Oma aufzupassen, es war eine ganz andere Sache, in meinem alten Schlafzimmer am Ende des Ganges zu schlafen. Daher schlief ich jetzt, da sie fertig war, mit Kennedy und den anderen in der Schlafbaracke. Fürs Erste. Die Bauarbeiter arbeiteten auch an einer Hütte für mich unten am Bach, wo wir all die Partys gefeiert hatten. Ich drückte die Hintertür auf, trat hindurch und ging schnurstracks zum Kühlschrank. Roscoe ging zu seiner Wasserschüssel, ließ den Stock in seinen Fressnapf fallen und begann, selbst etwas zu trinken. Der Geruch eines Schmorbratens stieg mir in die Nase. Ich blickte zur Theke auf den olivgrünen Schongarer. Kennedy war ein genauso begnadeter Koch wie Oma und benutzte diesen Schongarer ständig. Ich wusste nicht, wer das heutige Abendessen begonnen hatte, aber bei dem Geruch lief mir das Wasser im Mund zusammen. „Vollidiot“, murrte Kennedy, als er mich dabei erwischte, wie ich die Milch direkt aus der Packung trank. „Du lebst nicht allein, Arschloch. Wenn Mrs. L sieht, dass du das tust…“ Mehr sagte er nicht, sondern schüttelte nur den Kopf. Ich trank die Milch und ignorierte ihn und die kalte Luft, die aus dem Kühlschrank gegen meinen Hintern wehte. „Also behältst du die als Souvenirs?“ Ich schluckte schwer, als Kennedy Indigos Sport-BH und Höschen hochhielt und von seinen Fingern baumeln ließ. „Leg die hin“, blaffte ich, bevor ich mich so weit im Griff hatte, dass ich meine Reaktion zügeln konnte. Er grinste und ließ die weißen Fetzen hin und her schwingen. f**k. Ich hatte ihm noch Treibstoff für sein verdammtes Spiel gegeben. „Die meisten Männer heben die Dessous der Frauen auf, mit denen sie bereits geschlafen haben, nicht die der Frauen, auf die sie scharf sind.“ Er lehnte eine Hüfte an die Theke. Er hatte viel zu viel Spaß an dem Ganzen. Hayes stapfte die hintere Treppe herauf und kam in die Küche, wobei die Tür hinter seinem Arsch zuknallte. Seine Augen weiteten sich, als er den baumelnden BH entdeckte. „Wer zum Teufel hatte Glück?“ Ich setzte meine Master Chief Miene auf – die, die sagte, ich habe einen höheren Rang als du, Kumpel – und schüttelte den Kopf. „Kein verdammtes Wort mehr.“ „Was ist das Problem? Wirst du sie anbaggern? Wenn nicht, bin ich absolut…“ Ich knallte die Milchpackung auf die Theke, streckte die Hand aus und riss Indis Unterwäsche aus Kennedys Händen. „Du gehst nicht in ihre Nähe.“ Ich deutete auf ihn, dann auf Hayes, mit den Gegenständen in meinen Händen ging der Nachdruck allerdings verloren. „Was? Spielst du jetzt ihren großen Bruder?“ Kennedy zog eine Braue hoch. Ich war der Ernste und er der Witzbold. Der Playboy. Wir hatten auf der Basis in beengten Quartieren gelebt und auf Missionen unter noch schlimmeren Umständen, doch diese Küche wurde mit uns dreien viel zu voll. Bei der Erwähnung von Buck zog sich meine Brust zusammen. „Großer Bruder… nun das ist ein merkwürdiger Kink, aber wenn du eine Frau so aus ihrem BH kriegst, könnte es vielleicht…“ „Halt die Fresse, Hayes“, blaffte ich. „Wo zur Hölle ist Oma?“ „Wir haben ihr Auto bei Landers abgegeben, aber sie hat eine Nachricht bekommen und hatte eine Verabredung zum Kaffee. Diese Frau lässt uns mit all ihren Terminen wie Einsiedler dastehen.“ Das stimmte. Meine Großmutter kannte jeden in der Stadt und auch alle Geheimnisse. Sie nahm an jedem Programm teil von der Kirche bis hin zum Seniorenprogramm und der T-Ball Spendengala. Sie war selten zu Hause und wenn sie da war, huschte sie durch die Gegend in der ständigen Hoffnung, die Waffen abfeuern zu dürfen, die wir in der Schlafbaracke gelagert hatten. Sie konnte jeden zu allem überreden, doch wir vier waren standhaft geblieben, als es um meine achtzigjährige Großmutter und Feuerwaffen gegangen war. „Also habe ich sie zum Agrar-Shop gefahren und dort abgesetzt.“ Der Laden wurde von Holly Martin geführt. Er war seit Generationen in der Hand ihrer Familie – wie es bei den meisten Geschäften in Sparks der Fall war. Was Holly getan hatte, ging jedoch weit über das eigentliche Sortiment eines Agrar-Shops hinaus. Sie hatte das alte Getreidelager in einen Coffee-Shop umgebaut, sodass sie jetzt mehr Scones als Salzsteine verkaufte. Als ich mit sechzehn Jahren dort gearbeitet hatte, war es ein ganz anderer Laden gewesen. „Sie meinte, sie würde sich später nach Hause fahren lassen, und dass sie Kennedys Schmorbraten um nichts in der Welt verpassen würde. Zurück zu der Schnecke mit dem BH. War sie gut? Hat sie Schwestern?“ Ich starrte ihn finster an. Er hielt die Hände hoch, als würde ich ihn mit Blicken töten. Oder mit meinem linken kleinen Finger, was ich tun könnte, und er wusste das. Hayes verfügte zwar nicht über den lässigen Charme, den Kennedy wie eine zweite Haut trug, aber er war keine Niete, wenn es um Frauen ging. Grübchen zierten seine dunklere Haut und seine dunkelbraunen Haare hatten Wellen, seit er sie wachsen ließ. Er war nicht so groß wie Kennedy, hatte jedoch eine breite Brust und konnte beim Bankdrücken das Doppelte von seinem Gewicht stemmen. „Ich werde die Geschichte irgendwann herauskriegen“, verkündete er. In diesem Haus benahmen wir uns wie in einer Studentinnenverbindung und steckten ständig die Nase in die Angelegenheiten der anderen. Das war ja schön und gut, wenn er über die Frau sprach, die er letzten Monat in der Kneipe gevögelt hatte, aber hier ging es um Indi. Indi. Das erinnerte mich daran, dass ich wütend auf Kennedy war, weshalb ich all meine Wut auf ihn richtete. „Bucks letzte Worte an mich waren, dass ich mich um Indi kümmern soll. Ich werde auf keinen Fall einen Trottel wie dich…“ „Bucks letzte Worte galten Indi?“, unterbrach mich Kennedy stirnrunzelnd. Er ging zum Schongarer, nahm den Deckel ab und rührte die gewürfelten Kartoffeln mit einem Löffel um, der daneben auf der Theke lag. „Das hast du mir nie erzählt.“ „Das ist der BH von Bucks Schwester?“, fragte Hayes, dessen Tonfall jetzt überrascht klang. Seine Hände hielt er nach wie vor erhoben, zeigte dieses Mal jedoch, dass er definitiv die Finger von ihr lassen würde. „Whoa.“ Ich ignorierte ihn. Wir waren nicht auf einer Mission gewesen, als Buck gestorben war. Ich war ihm von der Basis aus gefolgt und hatte ihm Deckung gegeben – oder ihm den Rücken freigehalten – wie es ein Freund und Anführer tun sollte. Hayes ging zum Kühlschrank und beugte sich hinein, um in Erfahrung zu bringen, was dort drin war. „Lass die Finger von der Milch“, riet ihm Kennedy. Hayes nahm einen Krug mit Eistee, den Oma immer im Kühlschrank hatte, und holte ein Glas aus dem Schrank. Ich stemmte die Hände in die Hüften und beobachtete meinen Freund. „Warum sollte ich?“ Ich bezog mich darauf, dass ich Kennedy nicht erzählt hatte, was Bucks letzte Worte waren. „Das ist wohl kaum relevant.“ „Was genau hat er gesagt?“, hakte Kennedy nach und es war verdammt nervig. Als würde er mit einem spitzen Stock in einer offenen Wunde herumstochern. Ich marschierte an ihm vorbei, um Indigos BH und Höschen wieder auf den Stapel ihrer ordentlich gefalteten Kleider auf dem Trockner zu legen, der im Waschraum stand, der sich direkt neben der Küche befand. Der Haufen, von dem ich versprochen hatte, dass ich ihn ihr bringen würde. Gestern. Das war die Aufgabe, die ich gemieden hatte. Kennedy – das Arschloch – setzte den Deckel wieder auf den Schongarer und folgte mir. „Was hat er gesagt?“ Ich runzelte die Stirn und rieb mit einer Hand über meinen Bart. „Er hat mir gesagt, dass ich auf Indi aufpassen soll“, wiederholte ich. Um Himmels willen, ich musste den Moment nicht mit Kennedy noch einmal durchleben, ich sah ihn bereits fast jede Nacht in meinen Albträumen. Kennedy ließ seine eigene Verärgerung durchblitzen. „Ich habe gefragt, was genau er gesagt hat.“ Mein Magen verknotete sich, als ich mich daran erinnerte, wie ich Buck von der Explosion weggezogen hatte. Wie ich ihn in den Armen gehalten und um Hilfe gerufen hatte. Ich konnte noch immer die Hitze der Explosion spüren. Die Gerüche. Die Schreie. Ich kniete auf der schmutzigen Straße und um mich herum war ein wahres Blutbad. Buck lehnte zerstört an meinen Schenkeln. Ein Bein war unterhalb des Knies fort. Er hatte eine klaffende Brustwunde und Blut tropfte aus seinem Mundwinkel. Er lag im Sterben und es gab nichts, was ich tun konnte. Sein Jeep lag umgedreht hinter ihm, einer der Reifen brannte und Rauch stieg aus dem Motor auf. Dennoch schrie ich: „Wir brauchen hier drüben Hilfe!“
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