3. Hass auf den ersten Blick

2366 Words
***Mateos POV*** „Ähm, entschuldige bitte, aber kannst du verdammt noch mal von mir runtergehen?“ Sie knurrt mich an. Ihre Stimme klang arrogant und ich konnte die Wölfin in ihr spüren, ein mächtiges Tier. Ich verspürte den Drang, mich vor ihr zu verbeugen, und da wusste ich, dass sie ein Goldwölfin war. Sie muss die Prinzessin Sofia sein, stöhne ich vor mich hin. Ich mochte die königliche Familie nicht besonders. Tatsächlich mochte ich niemanden, der seinen Titel zu ernst nahm. Alphas waren einfach nur Arschlöcher, die Autorität mochten, Betas krochen den Leuten in den Arsch und führten Befehle aus, und Gammas waren einfach nur bessere Leibwächter. Was die Royals anging, so wurden sie in ihre Position hineingeboren. Ihre Fähigkeit, andere zu führen, verdankten sie einzig und allein den Gaben von Mond und Sonne. Sie kümmerten sich alle herzlich wenig darum, was in ihren Rudeln vor sich ging. Verdammt, seit dem jüngsten Sturz des Medellín-Kartells gab es in der Drogenwelt ein Gerangel um die Macht, und während wir Wölfe uns in der Regel aus menschlichen Angelegenheiten heraushielten, beteiligten sich einige Schurken und sogar einige etablierte Rudel am Drogenkrieg. Jeder in Mexiko spürte, wie der Einfluss der Kartelle zunahm, und die Royals taten wenig, um unsere Rudel vor der wachsenden Gewalt zu schützen. Das Golfkartell und seine Verbündeten, das Cali-Kartell, hatten sich entlang der Küste niedergelassen, während im Norden das Sinaloa-Kartell den Markt beherrschte. Sicher, unsere Rudel waren untereinander im Frieden, aber Wölfe waren nicht frei von Gefahren durch den plötzlichen Zustrom von Drogen und Waffen. Kinder waren besonders gefährdet, und ich fürchtete jedes Mal um meinen Bruder und meine Schwester, wenn sie zur Schule gingen. Sie hatten sich nicht verwandelt, und eine einzige verirrte Kugel konnte ihr Leben beenden. Für die Royals war nur das Territorium von Bedeutung, alles andere war nur Politik. Sie eroberten ständig neue Rudel und erweiterten ihr Machtgebiet. Wenn Sie mich fragen, waren sie nicht anders als die gierigen Kartelle, die Lateinamerika plagen. Aber diese Prinzessin hatte etwas, das ich verlockend fand. Ich hatte eine fügsame Prinzessin erwartet, eine, die zu sehr mit der neuesten Mode beschäftigt war, um sich einen echten, zusammenhängenden Gedanken über das Land zu machen, das sie regieren sollte, aber ich habe mich gewaltig getäuscht. Das Feuer in Sofias wunderschönen bernsteinfarbenen Augen, diese hypnotisierenden Honigtümpel, die mich mit solch reiner Wut anblicken, sagen mir, dass diese Prinzessin alles andere als eine hochnäsige Adelige war. „Würden Sie aufhören zu starren und abhauen?“, schnauzt sie und starrt mich mit funkelnden Augen an. Sofort stehe ich auf und reiche ihr die Hand, um ihr beim Aufstehen zu helfen. Sie schaut angewidert auf die Hand und steht ohne meine Hilfe auf. Ratlos und gegen meinen Willen verbeuge ich mich respektvoll und entschuldige mich dafür, dass ich sie angerempelt habe. „Pass das nächste Mal auf, wo du hingehst“, knurrt sie. „Idiot“, murmelt sie. Ich grinse. „Für eine Prinzessin sind Sie aber ziemlich unhöflich.“ Sie errötet und starrt mich finster an. „Was hast du gesagt?“, zischt sie. Ich zucke spielerisch mit den Schultern und grinse, was sie zu meinem Vergnügen noch mehr verärgert. „Ich sage nur, dass ich von einer zukünftigen Königin viel mehr erwartet hätte“, lache ich. „Eine Prinzessin, die ihre Untertanen beleidigt, wird es wahrscheinlich nicht lange machen.“ Ihre Augen verengen sich bei meinem Seitenhieb. „Was glaubst du eigentlich, wer du bist, dass du so mit mir reden kannst?“ Egal, sie ist ein Snob. Ich seufze. Noch eine Wölfin, die sich selbst zu ernst nimmt. Ich reiche ihr erneut meine Hand und grinse sie frech an. „Mateo, zu Ihren Diensten.“ „Mateo und weiter?“, sagt sie und mustert meine Hand misstrauisch. „Nur Mateo“, antworte ich. Ich wusste, was sie wollte, aber ich hasste es, meinen Nachnamen zu nennen. Die Leute behandelten mich immer anders, wenn sie wussten, dass ich ein Altamirano-Silberwolf war. Dieser verfluchte Nachname hatte Macht und Prestige, aber ich wollte für meine eigenen Verdienste gesehen werden, nicht für den Namen meiner Familie. Die Prinzessin sieht mich verächtlich an, klopft sich den Staub von ihrem Kleid und richtet ihr Haar. „Nun, Just Mateo, wie heißt dein Rudel? Ich würde mich gerne mit deinem Alpha unterhalten, um dir Manieren beizubringen oder zumindest, dass du Frauen mit Respekt behandelst und deine Augen bei dir behältst!“, murmelt sie, und ich muss fast lachen. „Schmeichel dir nicht selbst, Nena. Du bist heiß, aber nicht mein Typ. Ich stehe nicht auf verklemmte Zicken.“ Ein Schlag ins Gesicht bringt mich zum Schweigen. Ich schätze, das habe ich verdient. Ich reibe mir die schmerzende Wange und lächle die Prinzessin an. Ihr Gesicht ist rot vor Wut. Ich weiß nicht, was es mit der zukünftigen Königin auf sich hat, aber ich finde sie unerklärlicherweise amüsant. Vielleicht liegt es an ihrer winzigen Statur. Mit fast 18 Jahren war Ihre Hoheit nur 1,50 m groß. Ich lasse meinen Blick über sie schweifen und nehme ihre Gesichtszüge in mich auf. Ihr Haar ist schwarz wie die Nacht und ihre Haut hat eine tiefe olivfarbene Farbe, die in der Sonne fast glitzert. Sie hatte perfekte Schmollmünder, die ich unbedingt kosten wollte, und eine süße kleine Stupsnase. Ihre Augen waren bei weitem das beste Merkmal, ihre goldenen Kugeln wurden von einer dicken Schicht Wimpern beschattet Ihre Stimme reißt mich aus meiner Trance. „Wenn du mich jemals wieder prüde nennst, dann werde ich...“ Sie stampft wütend mit den Füßen, während sie sich eine Drohung ausdenkt, und das ist absolut bezaubernd. „Ich werde...“ „Wirst du?“ Ich grinse sie an. Sie errötet, behält aber den finsteren Gesichtsausdruck bei. „Ich werde dir zeigen, was eine Goldwölfin tut, wenn ein Wolf aus der Reihe tanzt“, droht sie. Ich unterdrücke den Drang, mit den Augen zu rollen und zu lachen, aber ich entscheide, dass es vorerst das Beste ist, sie nicht weiter zu provozieren. „Wie Ihr wünscht, Majestät“, sage ich und verbeuge mich spöttisch vor ihr. „Es heißt nicht Majestät, sondern Eure Hoheit.“ „Teo! Sag ihm, er soll aufhören, mich zu nerven!“, kreischt Valentina und stürmt auf uns zu, während Emiliano ihr etwas ins Gesicht hält. Ihre Gesichtszüge verziehen sich vor Ekel und sie stößt einen Schrei aus. Ich funkle Emi böse an, aber er ist zu aufgeregt über das, was er in der Hand hält, um mich zu fürchten. „Mateo, schau mal!“, zwitschert Emiliano, als er mit einem kleinen Einsiedlerkrebs in der Hand zu mir eilt. „Ist das nicht cool? Schau dir sein kleines Casita (Haus) an. Er ist so süß! Darf ich ihn behalten? Darf ich? Bitte?“ Emilianos Augen waren wie Untertassen, erleuchtet von purer, unverfälschter Freude über die Existenz des kleinen Wesens. „Es ist bezaubernd, Emi, jetzt lass deine Schwester in Ruhe und leg es wieder dorthin zurück, wo du es gefunden hast“, seufze ich und schüttle missbilligend den Kopf. „Aber ich will es behalten. Ich verspreche, dass ich mich gut um es kümmern werde!“, jammert Emiliano. „Was ist, wenn jemand darauf tritt und meinen kleinen Freund tötet?“ Emilianos Herz ist manchmal zu rein. „Emiliano, das ist kein Haustier“, sage ich und gehe in die Hocke, um ihm in die Augen zu sehen. „Dieser Strand ist seine Heimat. Stell dir vor, jemand würde dich entführen und mit zu sich nach Hause nehmen , um dort als Haustier zu leben, weit weg von deiner Familie und deinen Freunden. Dein kleiner Freund hier hat eine Familie. Du willst ihn doch nicht von seiner Familie trennen, oder?“, frage ich. Sein Gesicht verzieht sich und er schüttelt den Kopf. „Nein...“ „Also setz ihn wieder zurück, Junge. Hier wird er viel glücklicher sein.“ Emiliano seufzt schweren Herzens und streicht mit einem zarten Finger über den Panzer des Einsiedlerkrebses. „Weißt du, du kannst ihm hier am Strand einen viel besseren Platz zum Leben suchen“, bietet die Prinzessin an, und ihre Stimme erschreckt mich für den Bruchteil einer Sekunde. Ich hatte völlig vergessen, dass sie da war. Emiliano und Valentina hatten sie anscheinend auch nicht bemerkt und beide erröten knallrot, weil sie das schöne Mädchen übersehen haben, das direkt vor ihnen steht. Sie verbeugen sich nervös und die Prinzessin lächelt sie höflich an und geht zu Emiliano hinüber. „Emiliano, richtig?“, fragt sie und er nickt schüchtern. „Du kannst ihn dort auf die Felsen legen, damit niemand auf ihn tritt. Er kann hier, wo er hingehört, ein langes und glückliches Leben führen“, zwitschert sie. Emilianos Erröten vertieft sich, als sie mit ihm spricht. „D-danke, Eure Hoheit“, stottert er, bevor er sich erneut vor ihr verbeugt und zu den Klippen eilt, wie sie es vorgeschlagen hat. Valentina zupft sich hektisch die Haare zurecht und knickst vor der Königlichen, sobald Emiliano gegangen ist „Eure Hoheit, was für eine Freude, Sie kennenzulernen“, kichert sie aufgeregt. „Meine Güte, was für eine höfliche junge Dame. Nichts im Vergleich zu dem Rohling, der neben dir steht“, murmelt sie, und ihr Blick gefriert, als er auf mir ruht. Valentina lacht. „Oh, nehmen Sie meinen älteren Bruder nicht so ernst. Er ist ein Idiot, aber völlig harmlos.“ Ich knurre sie an, aber sie winkt nur ab. Valentinas Augen leuchten auf, als ihr eine Idee kommt „Wir wären sehr geehrt, wenn Sie uns zum Abendessen begleiten würden. Sie könnten unsere Eltern kennenlernen! Sie sind...“ Ich halte ihr den Mund zu, damit sie still ist, und sie schlägt nach meiner Hand. Die Prinzessin zieht eine Augenbraue hoch, aber ich lächle nur, während ich Valentina weiter den Mund halte. „Sie sind gerade nicht zu Hause, wollte sie sagen, und wir sollten wirklich gehen, Eure Hoheit. Außerdem bin ich sicher, dass Sie viel wichtigere Dinge zu erledigen haben, als mit einem Haufen gewöhnlicher Wölfe abzuhängen. Ich wünsche Ihnen einen schönen Spaziergang. Entschuldigen Sie uns.“ Ich schiebe Valentina schnell in die entgegengesetzte Richtung, während die Prinzessin uns verständnislos anstarrt, als wir gehen, völlig verwirrt von den Ereignissen, die sich gerade abgespielt haben. Als wir in sicherer Entfernung sind, stößt Valentina mich weg. „Gewöhnliche Wölfe? Teo, wir sind Silberwölfe, Altamirano-Silberwölfe. Jetzt hat sie gedacht, wir wären ein Haufen Nobodys! Und warum warst du so unhöflich zur Prinzessin?“, zischt sie. „Erstens sollten wir nicht hier sein, also wie genau willst du unseren Eltern deine Verbindung zur Prinzessin erklären? Zweitens war sie zuerst unhöflich zu mir. Und drittens bedeutet es nicht, dass wir besser sind als alle anderen, nur weil wir Altamirano-Wölfe sind. Vergiss das nicht. Es ist nur ein Name, verdammt noch mal. Wir sind nicht anders als alle anderen Wölfe. Außerdem weißt du, dass ich meine Kräfte nicht so zur Schau stellen möchte.“ „Es ist nichts Falsches daran, stolz auf das zu sein, was man ist“, schnaubt Valentina. „Wir sind Silberwölfe. Es hat keinen Sinn, es zu verbergen.“ „Vielleicht verstehst du meinen Standpunkt, wenn du älter bist“, seufze ich und zerzaust ihr Haar. „Jetzt lass uns erst einmal nach Hause gehen, bevor Mama und Papa merken, dass wir ohne ihr Wissen gegangen sind.“ Valentina rollt mit den Augen, als ich Emiliano zu mir rüberpfeife. Sie kommt angerannt und ich führe sie durch den Dschungel, bis ich einen geeigneten Ort zum Verwandeln gefunden habe. ***Sofias POV*** Als ich vom Strand zum Hotel zurückkehre, ruft mich mein Vater in seinen Konferenzraum. „Ja, Majestät?“, sage ich leise, als ich den Raum betrete. Meine Mutter sitzt an einem Fenster mit Blick auf die Stadt und den Strand. Sie sieht in ihrer stillen Verzweiflung königlich aus. „Me puedes explicar porque aceptastes la propuesta de ese muchacho? {Kannst du erklären, warum du den Vorschlag des jungen Manns annehmen}“, fragt mein Vater. Ich starre auf meine Füße und seufze. „Madero ist eine wunderschöne Stadt“, antworte ich. „Es ist eine wunderschöne Stadt und die Heimat mehrerer Wölfe, die unter unserer Obhut stehen.“ Mein Vater hört mir ruhig zu, da er weiß, dass ich auf etwas hinaus will. Das bewundere ich an ihm. Er ist ein Anführer, der wirklich zuhört und nicht nur seinen Willen durchsetzt. Ich hoffe, eine gute Königin zu sein, so wie er ein guter König ist. „Aber...diese Stadt wird angegriffen. Nicht von Wölfen, sondern von den Kartellen. Ich bin nur durch die Stadt gelaufen und konnte den Schaden und die Angst der Menschen sehen. So ungern ich es auch zugebe, aber Mexiko ist in den Händen dieser Drogenbarone und es wird nicht lange dauern, bis die Kartelle auch uns in Mitleidenschaft ziehen. Ich werde die Last unseres Volkes nicht noch schwerer machen. Wenn der König von Estrella del Monte unsere Königreiche vereinen will und das wiederum unsere Armeen stärkt, dann ist eine Heirat ein kleines Opfer, das wir für die Sicherheit bringen müssen.“ Mein Vater sieht mich streng an, aber ich rühre mich nicht. „Vater, du hast mir beigebracht, dass die Bedürfnisse meines Volkes vor meinen eigenen kommen. Also überlasse es mir, unser Volk zu beschützen. Lass mich Julian heiraten“, flehe ich. Mein Vater umarmt mich und küsst mich auf die Stirn. „Wann bist du plötzlich erwachsen geworden? Du warst doch noch ein Kind.“ Ich kichere in seine Brust. „Ich bin fast 18, Vater. Ich versichere dir, ich bin kein Kind mehr.“ Er zieht sich zurück und umschließt mein Gesicht. „Du wirst immer mein kleines Mädchen sein, egal wie groß deine Krone wird, junge Dame. Vergiss das nicht.“ „Apropos Geburtstag“, sagt meine Mutter schließlich. „Dein geliebter Prinz wird auf deinem Geburtstagsball erscheinen“, seufzt sie. „Und er hat auch darum gebeten, dich zum Essen auszuführen, um dich kennenzulernen.“ Ich nicke. „In Ordnung.“ Sie strafft ihren Rücken. „Also mach dich bereit. Er wartet in diesem Moment unten auf dich.“
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