2. Verpflichtungen

2466 Words
***Sofias POV*** Seine Worte scheinen von den Wänden widerzuhallen und treffen in schmerzhaften Stößen auf meine Ohren. Der Raum füllt sich mit Gemurmel, während die Alphas untereinander über den Vorschlag diskutieren. Ich? Seinen Sohn heiraten? Ich war angewidert, wenn ich ihn nur ansah! Prinz Julian grinst mich triumphierend an und erfüllt jede Zelle meines Körpers mit unglaublicher Wut. Ich möchte nichts lieber, als ihm mit meinen Fäusten ins teuflisch gutaussehende Gesicht zu schlagen, damit er mich nie wieder so ansieht. Aber leider! Ich bin eine Prinzessin und Prinzessinnen haben keine Gewaltausbrüche oder morden vor Gästen. Irgendwie schaffe ich es, meine Abscheu zu unterdrücken, setze ein unbeeindrucktes Lächeln auf und starre den herablassenden König und seinen idiotischen Sohn an. Mein Vater hingegen sieht aus, als würde er gleich explodieren, beleidigt von einem solchen Vorschlag. Er springt von seinem Sitz auf und lässt seinen Stuhl gegen die Wand krachen, sodass er in Stücke zerbricht. Ich zucke bei dem Geräusch zusammen und höre, wie Prinz Julian über meine Reaktion kichert. „Ihr wollt meinen einzigen Erben mit Eurem erbärmlichen Sohn verheiraten?“ Er knurrt. Das Gesicht des Königs verfinstert sich und seine Augen verfärben sich gelbgrün, sein Wolf übernimmt die Kontrolle vor Wut. Er knurrt meinen Vater bedrohlich an, der mit einem leisen Knurren antwortet. Meine Mutter ergreift die Hand meines Vaters, um ihn zu beruhigen, und flüstert ihm beruhigende Worte ins Ohr. Mein Vater entspannt sich sichtlich, obwohl der Ausdruck des Zorns nicht aus seinem Gesicht verschwindet. Eine unangenehme Stille erfüllt den Raum. „Damit ist eine Grenze völlig überflüssig“, spricht der König schließlich und legt seinen Zorn ab. „Eure Prinzessin wird die Krone übernehmen, ebenso wie mein Sohn. Wenn sie verheiratet sind, können sie die beiden Königreiche vereinen und sie gemeinsam regieren. Ich sehe kein Problem darin, dass mein Sohn Ihre Tochter zur Königin nimmt und umgekehrt. Beide sind goldene Wölfe, beide haben eine starke Herkunft und beide haben ihr ganzes Leben darauf trainiert, zu führen. Ich könnte mir keine perfektere Verbindung vorstellen“, fügt er hinzu. Ich schon!, möchte ich schreien. Eine Ratte und der Prinz wären ein schönes Paar! Meine Mutter dreht sich zu mir um und ich kann sehen, wie die Zahnräder in ihrem Kopf arbeiten. Sie zieht das doch nicht wirklich in Betracht, oder? Ich möchte aus vollem Halse schreien, dass ich mich weigere, einen Mann aus politischen Gründen zu heiraten. Ich möchte meinen Gefährten heiraten. Seit Jahren träume ich von nichts anderem als dem, was meine Eltern haben. Die bedingungslose Liebe, die sie teilen, das Glück, das sie einander mit ihrer bloßen Anwesenheit schenken. In zwei Monaten werde ich 18, was bedeutet, dass meine Wölfin bald ihren Gefährten wittern wird. Das darf nicht wahr sein! Sie können mir diesen Traum doch nicht rauben, oder? Es war mein Recht, den Mann zu heiraten, den die Mondgöttin für mich ausgewählt hat! „Und wenn wir uns nicht einig sind?“, fragt mein Vater drohend. seufze ich erleichtert auf. Danke, Vater! Der König zuckt lässig mit den Schultern. „Dann bleibt mir nichts anderes übrig, als Sol de Oro den Krieg zu erklären. Diese Ländereien gehören mir und ich beabsichtige, sie bis zu meinem letzten Atemzug zu verteidigen. Ich biete dir einen Ausweg, um einen solchen Konflikt zu vermeiden. Dein Königreich genießt einen Frieden wie nie zuvor. Willst du das wirklich wegen eines Landstreits aufs Spiel setzen?“ Im Raum kommt lebhafte Diskussion auf, als die Alphas ihre Meinungen zu diesem Thema äußern. Mein Vater hört sich ihre Bedenken aufmerksam an und dreht sich ab und zu zu mir um. Ich bleibe wie eine Statue auf meinem Platz sitzen, aus Angst, in Tränen auszubrechen, wenn ich mich bewege. Die ganze Zeit über spüre ich die Augen des Prinzen auf mir, die Löcher in meinen Kopf bohren. Die Augen meiner Mutter werden feucht, als sie meinen Vater gedanklich über ihre Meinung informiert. Sie besprechen meine Zukunft untereinander und werfen verstohlene Blicke auf den Prinzen und mich. Trotz meiner ruhigen Haltung höre ich, wie mein Herz in meiner Brust klopft, und ich habe das Bedürfnis, mein Frühstück wieder auszukotzen. Das kann doch nicht wahr sein. Im Laufe der Diskussion scheint meine Zukunft bereits besiegelt zu sein. Ich werfe dem Prinzen einen letzten Blick zu, sein arrogantes Lächeln bleibt unerschütterlich. Er scheint amüsiert über den ganzen Trubel um den Heiratsantrag. Ich wende meinen Blick ab und höre mir aufmerksam die Bedenken der Alphas bezüglich der Grenzen an. Sie waren nicht bereit, einen Krieg zu führen. Die Altamirano-Wölfe starren mich mitleidig an, und ich zwinge mir ein starkes Lächeln auf. Ich wollte ihr Mitleid nicht. Ich wollte ihren Respekt. Egal, wie es ausgeht, ich werde Königin sein und ich werde vor meinen zukünftigen Untertanen nicht schwach erscheinen. Solana wimmert, als ich meine Entscheidung treffe. „Ich nehme das Angebot an“, antworte ich und versuche verzweifelt, die Verachtung in meiner Stimme zu verbergen. „Ich werde Prinz Julian heiraten.“ Der Raum wird totenstill und die Augen meines Vaters füllen sich mit Traurigkeit, als er sich zu mir umdreht. „Sofia-“ Ich greife nach seiner Hand, um ihn aufzuhalten, und erhebe mich, ohne eine Gefühlsregung zu zeigen. Mein Herz zerbrach in eine Million Stücke, aber ich würde Prinz Julian nicht die Genugtuung geben, zu wissen, wie sehr mich das verletzte. „Mein König, Ihr habt unermüdlich daran gearbeitet, den Frieden zu erreichen, in dem dieses Königreich lebt, und ich werde das Schicksal meines Volkes nicht für meine eigenen egoistischen Wünsche aufs Spiel setzen. Es ist meine Pflicht, die Rudel unter Sol De Oro zu schützen“, sage ich, meine Stimme bleibt ruhig und stark, trotz des heftigen Schmerzes, den ich in mir spüre. „Wenn die Heirat mit dem Prinzen von Estrella del Monte den Frieden meiner Wölfe sichert, dann soll es so sein. Sol de Oro wird mein Königreich sein, unabhängig davon, wer neben mir regiert.“ Mein Vater starrt mich ausdruckslos an. „Vater?“ „Wir werden später darüber sprechen, Sofia“, antwortet er trocken und wendet sich wieder den Alphas im Raum zu. „Bitte entschuldige dich für die Sitzung.“ „Vater-“ „Ich werde nicht noch einmal fragen“, schnauzt er mit seiner königlichen Stimme. „Geh. Jetzt.“ „Juan!“ Meine Mutter schnauzt ihn an. „Das ist ihre Entscheidung. Wenn sie es tun will, dann kann sie es!“ Mein Vater schaut meine Mutter finster an und es scheint, als würden sie sich über die Gedankenverbindung streiten. Während ich gespannt auf ihre Antwort warte, scheinen der Prinz und sein Vater ihre eigene private Diskussion zu führen, und meine Angst wächst. Mein Vater knurrt drohend und lässt mich wissen, dass er den Kampf mit meiner Mutter verloren hat. Mein Herz rutscht mir in die Magengrube. „Ist es das, was du willst, Sofia?“, fragt er mit sanfter Stimme. „Nein!“ Ich drehe mich zum Prinzen um und blicke ihn trotzig an. „Ja“, antworte ich leise. Mein Vater seufzt und schließt die Augen, um die aufwallenden Emotionen zu unterdrücken. „Dann hast du meinen Segen.“ Ich schlucke den Kloß hinunter, der sich in meinem Hals bildet. „Danke.“ „Nun denn“, sagt König Jose fröhlich. „Wir müssen die Logistik klären.“ „Darum können wir uns später kümmern“, knurrt mein Vater. „Im Moment ist das Einzige, was zählt, dass die Grenzen zwischen Sol de Oro und Estrella del Monte offen sind und es keine Gebietsstreitigkeiten mehr geben wird.“ Der König lächelt zustimmend und das Treffen geht weiter. Ich passe nicht mehr auf, meine Gedanken kreisen um die Ereignisse, die gerade stattgefunden haben. Was habe ich getan? Ich gerate in Panik. Während sich das Treffen in die Länge zieht, fühle ich, wie ich ersticke, und zupfe unter dem Tisch am Kleid meiner Mutter. Sie schaut mich finster an. „Was ist los?“, zischt sie. „Kann ich aufstehen?“, flehe ich sie an. Sie schenkt mir ihre volle Aufmerksamkeit. Ihre starren Gesichtszüge werden weicher, als sie meine zitternden Hände bemerkt. „Nimm Roberto mit“, seufzt sie. Ich nicke und verabschiede mich leise von der Versammlung, wobei ich spüre, wie die Augen meines zukünftigen Ehemanns mir folgen, als ich den Raum verlasse. Roberto, die königliche Großmutter, kommt herausgeeilt, als er mich in den Flur stürmen sieht. „Que paso, su alteza, {was ist passiert, Majestät?}“, fragt er, während ich mich bemühe, meine Gefühle im Zaum zu halten. „Nichts, ich brauche nur etwas frische Luft“, lüge ich. Er runzelt die Stirn, aber ich weigere mich, ihm weitere Details zu nennen, und bitte ihn um einen schönen Spaziergang am nahe gelegenen Strand. „Wie du willst“, seufzt er. ***Mateos POV*** „Teo, lass uns gehen!“, ruft Emiliano aufgeregt, während er seine Badehose anzieht. „Wir müssen zurück sein, bevor unsere Eltern von der Besprechung nach Hause kommen!“ Ich werfe einen Ball zwischen meinen Händen hin und her und grinse ihn an. „Keine Sorge, Kleiner. Wir sind zurück, bevor sie es überhaupt bemerken.“ Valentina stürmt ins Schlafzimmer und starrt Emi und mich wütend an. „Wo wollt ihr beiden denn hin?“ Sie verschränkt die Arme und wippt ungeduldig mit dem Fuß. „Ihr wisst doch, dass Mama gesagt hat, dass wir nicht an den Strand gehen dürfen.“ Ich springe von Emilianos Bett und hocke mich vor sie hin. „Na ja, Mama ist gerade nicht hier, oder?“ Ich grinse, strecke ihr die Zunge raus und zerzaust ihr Haar. Sie rümpft die Nase und schiebt meinen Arm beiseite „Igitt! Mach mir nicht die Haare kaputt“, murrt sie. „Ach komm schon Vale, du weißt, dass du mitkommen willst“, necke ich sie. „Ich? Vier Stunden mit dir und dem Idioten da drüben verbringen?“ Sie sagt es und deutet mit dem Kopf auf Emiliano. „Äh. Nein danke. Da esse ich lieber Sand.“ „Das lässt sich einrichten“, zwitschert Emiliano, legt seinen Arm um ihre Schultern und zieht ihren Kopf in seine Achselhöhle, sodass sie seinen präpubertären Gestank riechen muss Sie kreischt ihn an, er solle sie loslassen, und schlägt wild mit den Armen um sich, wobei sie ihm mit aller Kraft ins Gesicht und auf die Brust schlägt. Ich knurre und ziehe sie auseinander, um zu verhindern, dass sie sich gegenseitig umbringen. Zwillinge. Doppelt so viel Ärger, doppelt so viel Ärger. „Hört auf, ihr beide“, schnauze ich. „Vale, zieh dich für den Strand an.“ „Aber...“ „Keine Widerrede, ich habe das Sagen, bis unsere Eltern zurückkommen, und ich sage, dass wir an den Strand gehen.“ Emiliano streckt Vale die Zunge heraus, was sie wütend macht, und sie versucht erneut, sich auf ihn zu stürzen. Ich hebe sie hoch, bevor sie ihn berührt, und werfe sie über meine Schultern. Sie protestiert, aber ich höre ihr Lachen, als ich sie aus Emilianos Zimmer in ihr eigenes trage und sie auf ihr Bett werfe. „Fünf Minuten. Wir treffen dich unten“, befehle ich und sie nickt aufgeregt. Als ihre fünf Minuten um sind, trifft Valentina uns im Wohnzimmer, gekleidet in hoch taillierte Shorts, ein gestreiftes T-Shirt und Sandalen. „Das hat ja lange genug gedauert“, murmelt Emiliano, was Valentina dazu veranlasst, ihn wütend anzufauchen. Ich funkle die beiden an und sie hören sofort auf. Wir gehen in die Küche und holen ein paar Sandwiches und Colas für unterwegs und werfen sie in meinen Rucksack. Endlich bereit zu gehen, verwandle ich mich in meinen silbernen Wolf, meine kleinen Geschwister schnappen nach Luft bei diesem Anblick. Ihre erste Verwandlung stand kurz bevor und sie waren beide gespannt, welche Geschenke die Mondgöttin ihnen machen würde. Es war kein Geheimnis, dass die Altamirano-Blutlinie unglaublich mächtig war. Mein Vater, das Alpha unseres Clans, konnte die Atmosphäre manipulieren und nach Lust und Laune Stürme erzeugen. Ich war mit Telekinese begabt und konnte Gegenstände mit meinen Gedanken steuern. Unabhängig von ihren Gaben würden Emiliano und Valentina jedoch starke, respektierte Wölfe sein. Dafür sorgte unser Familienname. Oh Göttin, wie ich unseren Namen hasse! Valentina streichelt mein Fell und bewundert seinen metallischen Glanz, und ich stupse sie mit meiner Schnauze an, damit sie endlich aufspringt. Ich lasse mich nieder, und beide klettern auf meinen Rücken und halten sich an Büscheln meines Fells fest. Ich renne so schnell ich kann durch das Gebiet und höre Emi und Vale vor Freude quietschen, während der Wind an ihnen vorbeirauscht. In knapp 20 Minuten erreichen wir den Strand und sie lassen mir etwas Privatsphäre, um meine Badehose anzuziehen. Der Strand ist heute nicht überfüllt und wir finden schnell einen Platz im Schatten in der Nähe der Klippen. Emiliano macht sich auf den Weg zum Wasser und taucht in dem Moment ins warme Wasser, in dem er das Ufer erreicht, während Valentina losrennt, um Muscheln zu sammeln, die sie zu Armbändern für ihre Freunde auffädeln will. Ich sehe meinen beiden Geschwistern zu, wie sie sorglos in ihren Rollen spielen. Keine Verantwortung hält sie zurück. Frei, ihr Leben so zu leben, wie sie es wollen. Ich beneide sie. Niemand erwartete von ihnen, dass sie eines Tages das Rudel anführen würden. Niemand zwang sie, endlose Stunden zu trainieren oder Kriegstaktiken für den zukünftigen Einsatz zu studieren. Niemand entschied über ihr Leben. Das Alpha zu sein, ist eine Ehre, schnappt mein Wolf Luis. Es gibt eine ganze Welt da draußen zu erkunden, entgegne ich und starre zum Horizont. So viel werde ich nie sehen, wenn ich hier bleibe. „Deine Familie ist hier“, argumentiert Luis. „Dort draußen gibt es nichts, was du brauchst.“ Ich schürze missbilligend die Lippen. Ich habe diesen Streit unzählige Male mit meinem Wolf und sogar mit meinem Vater geführt, aber egal, was ich sagte, sie wollten, dass ich das Rudel anführte, während ich mich danach sehnte, die Welt zu durchstreifen und all ihre Geheimnisse zu entdecken. Verärgert stehe ich auf, wische mir den Sand von den Beinen und laufe ziellos am Ufer entlang. Luis ist jedoch noch nicht mit seiner Predigt fertig und fährt fort, mich dafür zu beschimpfen, dass ich der nächste Alpha unseres Clans werden soll. Ich bin so in unseren Streit vertieft, dass ich das Mädchen nicht bemerke, das auf mich zugeht, und mit ihr zusammenstoße, wodurch wir beide zu Boden fallen. Mein kräftiger Körper bedeckt ihren Körper und ihr Gesicht errötet vor Wut. Sie ist mit Abstand das schönste Mädchen, das ich je gesehen habe, und ich starre sie ein paar Sekunden lang sprachlos an, unwillig, meinen Blick von ihr abzuwenden. „Ähm, entschuldigen Sie bitte, aber könnten Sie verdammt noch mal von mir runtergehen?“
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