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KELSEY
„Denkst du, er ist überall groß?“
„Ich wette, er ist so groß wie sein Kontostand. Gott, kannst du dir vorstellen einen reichen Schwanz zu reiten? Ich wette, er mag es ein bisschen wilder.“
Ich hielt die Tür der Preschool auf, damit Tanner wieder nach draußen auf den Spielplatz rennen konnte. Er hatte seine Hände komplett mit Matsch verschmiert und ich hatte ihn nach drinnen gebracht, damit er sie hatte waschen können. Während er zur Rutsche davonrannte, hörte ich die zwei Mütter, die miteinander plauderten.
„Mmmh, ich hätte nichts dagegen, von ihm an eine Wand gepresst zu werden. Ich werde eine Möglichkeit finden, das in die Tat umzusetzen.“
Es war Nachmittag und Abholzeit und die Frauen waren erst vor ein paar Minuten hergekommen. Sie saßen gemeinsam auf einer der Bänke innerhalb des eingezäunten Spielplatzes. Ihre Stimmen waren zwar gesenkt, da ihr Gesprächsthema nicht für kleine Ohren bestimmt war, aber mir entgingen ihre Worte trotzdem nicht. Oder die Richtung, in die sie starrten. Oder wen sie anstarrten.
Einen Mann. Einen großen, heißen Cowboy auf dem Parkplatz.
Er schloss gerade die Fahrertür eines alten Pickup-Trucks – der definitiv die Größe seines Bankguthabens verbarg – setzte sich seinen Stetson auf den Kopf und machte sich mit langen Schritten auf den Weg zu dem niedrigen Zaun. Mir entging das Muskelspiel unter seiner abgetragenen Jeans nicht oder dass die Ärmel seines weißen Hemdes nach oben gerollt waren und seine muskulösen Unterarme zeigten. Er beugte sich nach unten, legte seine Hände auf die oberste Zaunstange und lächelte, während er die Kinder beobachtete.
Whoa. Dieses Lächeln war tödlich. Für meinen Slip.
Ich hatte ihn noch nie zuvor gesehen, aber das musste nichts heißen. Ich arbeitete erst seit einem Monat in der Preschool und da Sommer war, kamen die Kinder an beliebigen Tagen, je nachdem wie es zu ihren Urlaubsplänen passte.
Claire, ein fünfjähriges Mädchen, dessen blonde Haare zu einem einzigen Zopf geflochten waren, rannte zu ihm und streckte die Arme hoch.
Ihr Vater warf sie mühelos in die Luft und gab ihr einen lauten Schmatzer auf die Wange. Sie kicherte, dann wand sie sich in seinen Armen, damit er sie wieder absetzte. Er stellte sie auf ihre Füße, die in Sneakers steckten, und sie rannte zu den Schaukeln. Anscheinend war sie noch nicht bereit, zu gehen, denn sie hatte gerade erst gelernt, wie sie ihre Beine bewegen musste, um sich selbst anzuschubsen.
Meine Eierstöcke explodierten, nur weil ich die zwei beobachtete. Es gab nichts Niedlicheres – und merkwürdigerweise Erregenderes – als einen Mann zu sehen, der so gut mit seinem Kind umging. Es erging nicht nur mir so, denn die anderen zwei Frauen fächerten sich mit den Händen Luft zu, während sie fortfuhren, in seine Richtung zu starren.
Diese Frauen? Sie hatten bereits Kinder. Ihre eigenen Männer. Sie konnten über Mr. Heißer Cowboy so viel fantasieren, wie sie wollten, denn sie würden nach Hause gehen und von ihren Ehemännern in Empfang genommen werden.
Ich? Kein Ehemann. Kein fester Freund. Die einzige Action, die ich erhielt, bekam ich von meinem Vibrator.
Ich machte ein finsteres Gesicht, denn die heißen Cowboy Gedanken wurden von der Bitterkeit, die von Gedanken an meinen Ex hervorgerufen wurde, in die Wüste geschickt. Das Arschloch war aalglatt und ein Fremdgeher gewesen. Klar, ich hatte mir meinen aktuellen Schlamassel ganz allein eingebrockt, indem ich leichtgläubig und zu freigiebig mit meinen Gefühlen gewesen war, doch Tom hatte auch gelogen, dass sich die Balken bogen, als er mir weißgemacht hatte, er wäre single. Erst als ich mein Auto vollgeladen hatte und ihm gefolgt war, hatte ich herausgefunden, dass er alles andere als das war. Eine Ehefrau und zwei Kinder machten einen Mann nicht zum Single, so viel war mal verdammt sicher. Mein Leben in Colorado zurückzulassen, war schlicht und ergreifend dumm gewesen und jetzt saß ich hier fest.
Natürlich war das nicht nur Toms Schuld. Nachdem ich von seiner geheimen Familie erfahren hatte, hatte ich eine schreckliche Mitbewohnerin aus dem Internet gewählt, die beschlossen hatte, all mein Hab und Gut abgesehen von meinen Kleidern zu stehlen… plus das Geld für meine Miete, und die mich einfach sitzengelassen hatte. Pleite und exmittiert. So war es dazugekommen, dass ich jetzt in Montana festsaß.
Ich hätte Tom nicht vertrauen sollen. Ich hätte Laila, der Kleptomanin, nicht trauen sollen. Ich dachte, ich hätte von meiner Mutter und der Art und Weise gelernt, wie sie sich einem Mann nach dem anderen an den Hals geworfen hatte und immer in die Wüste geschickt worden war, nachdem sie ihrer überdrüssig geworden waren. Da sie mich zuletzt nach ihrer letzten Trennung kontaktiert hatte, ging ich davon aus, dass sie noch in Phoenix bei Kerl Nummer sieben war. Oder war es acht? Männern war nicht zu trauen. Und dennoch hatte ich es getan. Nur einmal.
Ich seufzte und machte mir vor allem Vorwürfe dafür, dass ich mehr wie meine Mom war, als ich gedacht hatte.
Die Frauen kicherten, was mich aus meinen Gedanken riss. Auch wenn Montana nicht gerade dafür bekannt war, dass sich die Leute schick machten, sahen sie in Jeans, niedlichen Oberteilen und Sandalen mit Keilabsätzen stylisch aus. Ihre Haare waren kunstvoll zerzaust und ihr Make-up subtil, aber effektiv. Falls der heiße Cowboy eine Frau auf dem Preschool-Spielplatz ansprechen wollte, würde es eine von ihnen sein. Definitiv nicht ich in meinen alten Jeans und Sneakers. Auf der Vorderseite meines T-Shirts war blaue Farbe und meine Haare waren zu einem schlichten Pferdeschwanz gebunden, sodass sie mir nicht ins Gesicht fielen, auch wenn sich einige wilde Locken gelöst hatten.
Ich hatte keine Ahnung, warum ich auch nur daran dachte, dass dieser Kerl eine von uns wählen würde. Er war zweifelsohne verheiratet. Natürlich war er verheiratet, vermutlich mit einer Frau mit blonden Haaren, wie sie ihre Tochter hatte, die wusste, wie groß er war. Überall.
„Mommy, Claire hat an meinen Haaren gezogen.“ Die jammernde Stimme kam von Tamara, die sich bei einer der Mütter beschwerte. Sie war gerade erst vier geworden und wirklich niedlich, aber sie würde definitiv anstrengend sein, wenn sie älter wurde.
Tamaras Mutter, die die gleichen dunklen Haare hatte, sie aber nicht als zwei Zöpfe trug, hob ihren Kopf und scannte den Spielplatz. Ich tat das ebenfalls. Claire saß noch immer auf der Schaukel und lachte über etwas, das Tanner soeben gesagt hatte, während er auf der Schaukel neben ihr saß.
Die Frau stand auf, nahm Tamaras Hand und kam zu mir. „Sie müssen Claire bestrafen. Sie ist gemein.“
Ich zog eine Braue hoch, aber sagte nichts, sondern ging nur vor Tamara in die Hocke. Mit Männern kam ich nicht klar, aber Kinder? Da hatte ich den Dreh raus. Ihr ein kleines Lächeln schenkend, sagte ich: „Sie hat dich an den Haaren gezogen, hm?“
Sie nickte, wobei ihre Zöpfe auf und ab wippten. „Es hat wehgemacht.“
„Ich habe dich auf dem Spielplatz nicht in Claires Nähe gesehen.“
„Sie hat es gemacht“, verkündete Tamara sofort und schob ihre Unterlippe vor.
Ich legte den Kopf schief. „Ich sage nicht, dass sie es nicht getan hat, aber wann hat sie es getan, Tamara?“
Tamara schaute zu ihrer Mutter hoch.
„Spielt das eine Rolle?“, fragte die Frau. „Ich glaube meiner Tochter. Was werden Sie diesbezüglich unternehmen?“
„Ich werde etwas unternehmen“, erwiderte ich und hob mein Kinn, sodass ich der Mutter in die Augen blicken konnte. „Wir lösen unsere Probleme hier durch Reden. Wann hat Claire dich an den Haaren gezogen?“ Mein Blick huschte zu Tamara.
Sie biss auf ihre Lippe, schielte zu mir und dann weg. „Gestern, als wir unsere Jacken auszogen.“
Obwohl Sommer war, waren manche Morgen noch kühl. Wie gestern, als ich bis nach dem Mittagessen einen Pullover hatte tragen müssen.
„Hast du da jemandem erzählt, was passiert ist?“, fragte ich.
Tamara schüttelte den Kopf.
„Es gibt keine Verjährungsfrist für schlechtes Benehmen“, sagte Tamaras Mom. Mir entging nicht, dass sie mit ihrem Fuß auf den Boden klopfte, da ich mich selbst dicht am Boden befand.
Ich ignorierte sie und konzentrierte mich auf Tamara. Es war offensichtlich, wessen schlechtes Verhalten sie hier imitierte, weshalb ich ein gutes Beispiel setzen musste. „Was genau ist passiert?“
Sie legte beim Sprechen ihren Finger an den Hals. „Ich zog meine Jacke aus und meine Haare steckten im Reißverschluss fest. Claire half, aber es zog.“
Ich stand auf und streichelte Tamara über den Kopf. „Klingt so, als müsstest du deiner Jacke klarmachen, dass sie nicht so gemein sein soll. Ich hoffe, du hast dich bei Claire bedankt, weil sie dir geholfen hat.“
Tamara blickte zu Boden, dann warf sie ihrer Mutter einen Blick von der Seite zu. „Nein.“
Ich sagte nichts, sondern gab Tamara eine Minute, um sich zu überlegen, was sie tun musste. „Danke, Claire!“, rief sie über den Spielplatz, dann zupfte sie an der Hand ihrer Mom. „Ich will jetzt gehen.“
Natürlich wollte sie das jetzt, da sie die Aufmerksamkeit ihrer Mutter erlangt hatte, die sie sich gewünscht hatte.
Die Mom musterte mich von oben bis unten, als wäre sie verwirrt darüber, wie ich die Situation umgedreht und einen Reißverschluss zum Bösewicht gemacht hatte. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, überquerte das Duo den Spielplatz und ging zum Seitentor, das zum Parkplatz führte.
Ich seufzte, während ich sie beim Gehen beobachtete, und fragte mich, wie die Frau in diesen High Heels laufen konnte. Ich war nie so mädchenhaft gewesen.
„Dankeschön.“
Die Stimme erklang hinter mir und ich drehte mich um und rannte praktisch geradewegs in Mr. Heißer Cowboy. Meine Hand flog an meine Brust. „Scheibenkleister, Sie haben mich erschreckt.“
„Vorsicht.“ Er griff nach meinem Ellbogen, als wolle er mich stützen.
Schlagartig war es draußen sehr warm und das nicht wegen der Nachmittagssonne. Mein Herz setzte einen Schlag aus, während ich hoch, hoch, hoch zu Claires Vater starrte. Mir war völlig entgangen, dass er seinen Posten am Zaun verlassen hatte. Er musste nach drinnen gegangen sein, während ich mit Tamara und ihrer Mom geredet hatte, denn er hielt Claires kleinen rosa Rucksack in der Hand.
Aus dieser Nähe konnte ich nicht übersehen, dass seine Augen hell waren, obgleich seine Haare dunkel waren. Der Kontrast war umwerfend. Genauso wie das kantige Kiefer mit den dunklen Stoppeln, als hätte er sich seit ein paar Tagen nicht rasiert. Er starrte auf mich nieder und sein Blick glitt über mein Gesicht, meinen Körper, dann wieder zurück zu meinen… Lippen?
„Scheibenkleister?“, fragte er und sein Mundwinkel bog sich nach oben.
Ich runzelte die Stirn und blickte zu seiner Hand. Sofort zog er sie weg.
„Arbeitsplatzanforderung“, erwiderte ich. „Man muss das Sch-Wort zensieren.“
Er betrachtete mich. Studierte mich sogar, wobei seine Augen zwischen meine blickten, dann nach unten zu meinem Mund glitten und wieder hoch. „Ich habe Ihre kleine Unterhaltung mit Tamara überhört. Sie ist genau wie ihre Momma und fängt schon an, die Sachen zu ihrem Vorteil zu verdrehen. Ich kenne Delilah, seit wir Kinder waren, und sie hat sich kein bisschen verändert.“
Ich hatte auch eine Momma, die gerne Dinge verdrehte, aber das würde ich ihm nicht verraten. Ich konnte seinen prüfenden Blick nicht ertragen und verlagerte meinen Blick auf den Knopf an seinem Hemd. Ich spürte, dass meine Wangen heiß wurden. Verfluchte helle Haut.
„Nun, ja.“ Schlecht über eine Vierjährige – oder ihre Mutter – zu reden, war nicht die beste Idee.
Ich könnte meinen Job verlieren.
Als ich nicht mehr sagte, fügte er hinzu: „Es ist faszinierend, dass jemand so Junges schon so geschickt darin sein kann.“
Er hatte nicht unrecht. Ich war froh, dass ich Preschool-Kinder unterrichtete und nicht Teenager, denn Tamara würde in ungefähr zehn Jahren bestimmt große Aufstände veranstalten und für Trubel sorgen.
Ich sagte nichts, sondern blickte nur zu den Kindern, die noch nicht abgeholt worden waren. Die andere Preschool-Lehrerin, Sarah Jane, war auf der gegenüberliegenden Seite des Spielplatzes, von wo sie ein Auge auf alles hatte, während sie mit Tanner sprach und ihre Arme auf und ab bewegte, vermutlich um ihm zu erklären, wie er seine Beine wie Claire bewegen musste.
„Ich bin Delilah jahrelang aus dem Weg gegangen. Ich weiß es zu schätzen, dass Sie Claire den Rücken freigehalten haben.“
Daraufhin schaute ich zu ihm auf. Seine Augen wanderten abermals über mein Gesicht.
„Claire ist ein braves Mädchen“, sagte ich.
„Sind Sie es?“, erkundigte er sich. Oder zumindest glaubte ich, dass er das gefragt hatte.
Ich runzelte die Stirn und hob meine Hand an die Stirn, um meine Augen vor der Sonne zu schützen, während ich zu ihm hochsah. Hatte ich ihn richtig verstanden? „Wie bitte?“
Er packte meine Schultern und drehte mich so, dass ich nicht geblendet wurde. Dann räusperte er sich, während er seine Hände fallen ließ. „Ich habe Sie noch nie zuvor hier gesehen. Sind Sie neu?“ Seine Stimme war tief und rumpelnd.
Als ich tief Luft holte, um zu antworten, stieg mir eine Wolke seines Dufts in die Nase. Kiefern und Wald und starker Mann.
„Ja. Ich bin seit ungefähr zwei Monaten in der Stadt.“
Er schenkte mir ein geistesabwesendes Nicken. „Ich hätte mich an Sie erinnert. Gott, diese Haare.“
Ich fasste mir mit einer Hand an den Kopf. Errötete. Ich hatte wilde rote Locken und sie waren mit einem Haargummi in meinem Nacken zusammengefasst. Nichts zähmte sie, ganz gleich, wie sehr ich es auch versuchte. Da ich nur die Handtrockner in der Frauenumkleide des Gemeindezentrums hatte, um sie zu trocknen, war es schlimmer denn je.
Er streckte die Hand aus, zupfte an einer Locke, die meinem Zopf entkommen war, und starrte sie wie fasziniert an. Als Kind hatten mich viele wegen meiner roten Haare gehänselt und ich war mir nicht sicher, ob er sich über mich lustig machte oder sie ihm wirklich gefielen.
„Sie sind rot“, sagte ich.
Er grinste und begegnete meinem Blick. „Das sind sie auf jeden Fall.“
Sie sind rot? Im Ernst? So etwas kam aus meinem Mund? Ich wandte den Blick ab und kam mir wie eine Vollidiotin vor.
Er ließ seine Hand sinken und schob sie in die Vordertasche seiner Jeans.
„Woher kommen Sie ursprünglich?“
„Colorado, aber ich bin wegen des Jobs nach The Bend gezogen.“
Mehr als das würde ich nicht preisgeben. Er musste nicht von Tom wissen oder der beschissenen, kleptomanischen Mitbewohnerin oder der Tatsache, dass ich pleite war. Und im Grunde genommen obdachlos.
„Ich bin Sawyer Manning. Wir können uns gerne duzen.“
Er streckte seine Hand aus. Ich starrte sie eine Sekunde an, dann schüttelte ich sie. Das Zing, das ich verspürte, veranlasste mich dazu, den Kopf abrupt zu heben und ihm in die Augen zu schauen. Sein Händedruck war warm und fest und ich konnte Schwielen an meiner Handfläche fühlen. Ich hatte keinen blassen Schimmer, was er beruflich tat, um all das Geld zu verdienen, von dem Delilah gesprochen hatte, aber er saß nicht hinter einem Schreibtisch.
„Kelsey.“
„Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du wunderschön bist?“
Seine Stimme war sanft und die Worte brauchten eine Sekunde, bis sie zu mir durchsickerten.
Flirtete… flirtete er etwa mit mir?
„Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du zu forsch bist?“
Ich zog an meiner Hand in dem Versuch, sie von dem Händedruck zu befreien, aber er ließ einfach nicht los. Er grinste.
„Ähm, ich –“
Tanners Mom kam und sie winkte mir, während der kleine Junge zu ihr ans Tor rannte. Ich zog ein weiteres Mal und er gab mich frei. Ich winkte den beiden, bevor sie gingen, aber meine Gedanken beschäftigten sich mit dem sehr großen, sehr sexy Mann neben mir.
„Da du neu bist, wie wäre es, wenn ich dich in der Stadt herumführe?“, schlug er vor.
Ich blinzelte ihn an, dann schüttelte ich die Starre ab, in die mich der heiße Kerl versetzt hatte. Nur weil er so umwerfend war, dass er in einen Cowboy-Kalender gepasst hätte, bedeutete das nicht, dass er kein Scheißkerl war. Ich hatte mir schon einmal die Finger verbrannt. Das würde ich nicht noch einmal zulassen. The Bend war klein. Wirklich klein. Wenn er Tamaras Mutter kannte, seit sie Kinder waren, bedeutete das, dass er von hier kam. Alle kannte. Ich würde nicht die andere Frau sein. Meine Mutter mochte sich nicht um den Beziehungsstatus eines Mannes scheren, bevor sie sich auf ihn einließ, aber mich interessierte es sehr wohl.
Außerdem, wenn ich meinen Job in der Preschool verlor, wüsste ich nicht, was ich tun sollte. Ich schlief in dem Hinterzimmer des Gebäudes. Eine vorübergehende Lösung. Die Eigentümerin der Preschool, Irene, hatte mir angeboten, dass ich in ihrem Haus wohnen könne, als sie von meiner Situation erfahren hatte. Doch nach einer Nacht mit drei Grundschulkindern – von denen mir eines Erdnussbutter auf die Nase geschmiert hatte, als ich geschlafen hatte – sowie zwei Hunden und einem blinden Sittich, hatte ich gefragt, ob ich den kleinen Raum benutzen könnte, bis ich das Geld zusammen hatte, das ich für die Kaution eines Apartments brauchte. Sie hatte mehr für mich tun wollen, aber ich wollte keine Last für sie sein oder in ihrer Schuld stehen. Ich hatte kein Geld, aber ich hatte meinen Stolz. So wie ich mein Geld sparte, hoffte ich, dass ich in einigen Wochen in einem Apartment sein würde.
Ich war zuvor dumm gewesen und das ging auf meine Kappe. Aber nicht mehr. Ich trat von Sawyer Manning weg und schüttelte den Kopf. Ich hatte nichts Falsches getan. Dieses Mal hatte ich die Augen weit geöffnet. Er war das Arschloch. Gott, er war ein echter Player! Sich an Frauen auf dem Spielplatz ranmachen, während seine Tochter auf der Schaukel saß? Ich konnte nicht entscheiden, ob Tom schlimmer gewesen war, der seine Familie vor mir geheim gehalten und mich hingehalten hatte, oder dieser Typ, der mich unverblümt um ein Date bat, obwohl ich wusste, dass er ein Kind hatte. Eine Ehefrau. Wenigstens war er kein Lügner. Aber trotzdem…
Ich konnte mir nur ausmalen, für was er mich hielt. Eine Schlampe? Schlimmer, eine Frau, die eine Ehe zerstörte? Hatte er sich schon durch die Betten sämtlicher Frauen in der Stadt geschlafen, die ihn kannten?
Die Arme vor der Brust verschränkt, reckte ich das Kinn. Begegnete seinem Blick. „Nein.“
„Nein?“, fragte er, seine Augenbrauen hoben sich und verschwanden unter seinem Hut, da ihn meine Antwort anscheinend schockierte. „Bist du dir sicher, denn ich wuchs hier auf und kenne all die Geheimstellen.“
Wäre er nicht verheiratet, würde ich es lieben, wenn er mir all die Geheimstellen zeigte. An meinem Körper. Doch da er verheiratet war, machten mich seine Worte nur noch wütender.
„Ich sagte Nein“, erwiderte ich, dann sah ich mich um, um mich zu vergewissern, dass keine Kinder in der Nähe waren. „Wenn ich für dich noch deutlicher werden muss, wie wäre es damit? Auf. Gar. Keinen. Fall.“
Ich wandte mich von ihm ab, erregte Sarah Janes Aufmerksamkeit und gab ihr das Zeichen, dass es an der Zeit war, dass ich mich für den Tag zurückzog. Da ich nachts im Hinterzimmer der Preschool schlief, öffnete ich morgens und jemand anderes schloss die Preschool. Sie nickte, dann winkte sie leicht und ich floh nach drinnen.
Ich war so angespannt, dass ich zitterte. Tom hatte eine echt übliche Nummer mit mir abgezogen, aber dieser Typ? Gott, der hatte vielleicht Nerven. Es befand sich vielleicht ein großer p***s in seiner Hose, aber er hatte auch Eier. Wirklich große.
Wieso zog ich ständig Arschlöcher an? Was zum Henker stimmte nicht mit mir? Ich öffnete in dem hinteren Raum einen der Hochschränke, die die Kinder nicht erreichen konnten, und zog meine Handtasche herunter.
Eine Hand legte sich auf meine Schulter und ich kreischte.
„Schau mal, es tut mir leid, ich –“
Ich verarbeitete die Stimme, die Worte, aber ich reagierte nur. Vielleicht lag es an allem, das ich durchgemacht hatte, vielleicht war Sawyer Manning der Trigger für all den Scheiß, den ich verdrängt hatte und der wegen Tom geschehen war. Die Konsequenzen, mit denen ich noch immer zu leben hatte.
Oder vielleicht war er auch nur ein Arschloch.
Ich wirbelte auf meinem Absatz herum und rammte ihm mein Knie in die Eier. Er beugte sich an der Taille vornüber, sank auf die Knie und kippte auf dem Industrieteppich zur Seite in die Embryonalstellung. Seine Hände legten sich auf seinen Schritt.
„Oh Scheiße“, flüsterte ich, während er auf dem Boden ächzte. Ich blickte zur Tür und hoffte, dass Sarah Jane mit keinem der anderen Kinder reinkommen würde oder Claire auf der Suche nach ihrem Dad.
Der Atem entwich mir als Keuchen und das Adrenalin strömte wild durch meine Adern. Ich starrte auf ihn hinab, bemerkte, wie weiß sein Gesicht geworden war, und konnte das Pfeifen seiner Lungen nicht überhören. Ich hatte nicht vorgehabt, einem der Kunden der Preschool das Knie in die Eier zu rammen. Ich hatte einfach, ohne nachzudenken, reagiert. Aus Wut.
Das war schlimm. Wirklich schlimm, auch wenn er es verdient hatte.
Das war es, was ich mit meinem Ex hatte tun wollen. Ihn dort schlagen, wo es zählte, aber ich hatte nie die Gelegenheit dazu erhalten.
„Ich habe die Nase voll von Männern wie dir“, sagte ich und stemmte die Hände in die Hüften. Ihm ging es eindeutig elend. Geschah ihm recht. „Probiere deinen Flirt-Mist bei einer anderen.“
Ich schnappte mir meine Tasche und Schlüssel und stürmte aus der Eingangstür. Ich hatte Sawyer Manning eine Lektion erteilt, aber hatte ich auch eine gelernt? Auf die harte Tour, wie zum Beispiel indem ich meinen Job verlor und meine Schlafstätte für die Nacht?