Kapitel 3

3096 Words
3 GRAY Ich hatte es verbockt. Das war alles, woran ich denken konnte, während ich mich bei einer Jogging-Runde von fünf Meilen verausgabte und meine übliche dreißig minütige Übung mit einem Springseil begann. Klack. Klack. Klack. Das Geräusch des Plastiks, das auf den Hallenboden klatschte, war schon fast hypnotisierend und ich verfiel in meine Routine, meine Muskeln waren noch warm vom Joggen. Einatmen, ausatmen. Klack. Klack. Klack. Ein paar Frühaufsteher waren auch hier und trainierten, aber es war Samstag, weshalb der Großteil von uns nur hier war, um zu trainieren, wieder zu verschwinden und kein Interesse an Gesprächen hatte. Das war mir nur recht. Mein erster Kunde würde um zehn kommen, aber im Moment trainierte ich in meinem Tempo. Außerdem wussten die Jungs, dass ich immer für sie da war – es war immerhin mein Fitnessstudio – aber die Trainingszeit eines Mannes war hochheilig und jeder wusste, dass man mich bei meiner nicht unterbrechen sollte. Die Putzkolonne war über Nacht da gewesen und der durchdringende Geruch von Kiefernreiniger und Bleiche hing noch in der Luft. Aus den Lautsprechern dröhnte ein Techno Beat. Ich hasste es, wenn Lyrics gespielt wurden, während ich trainierte, weil mich die Stimmen ablenkten. Deshalb ließ ich immer eine Playlist laufen, deren stetiger Rhythmus dabei half, die Motivation zu befeuern. Als Eigentümer leitete ohnehin ich das Studio. Da mir mein Ruf in dieser Welt vorauseilte, würde niemand mich oder meine Vorgehensweise infrage stellen. Und falls es doch jemand tat, konnte derjenige woanders hingehen. Das Fitnessstudio war bereits seit mehreren Jahren geöffnet und ich hatte Stammkunden, plus meine vertrauenswürdigen Langzeitangestellten, was mir gut in den Kram passte. Ich mochte es ruhig. Beständig. Die einzigen Kämpfe, in die ich heutzutage verwickelt sein wollte, fanden im Ring statt und normalerweise war nicht ich derjenige, der kämpfte. Nicht mehr. Ich hatte mit diesem Leben abgeschlossen. Ich war nur noch der Trainer hinter der Absperrung. Als ob. Es bestand keine verdammte Chance, dass ich jemals nur der Trainer hinter der Absperrung sein konnte. Niemand ließ das zu. Mein Agent, die Sponsoren, alle wollten ein Stück des Outlaws. Und ich? Ich wollte einfach nur…Ruhe. Genau wie es Emory gesagt hatte. Da sich mein Angestellter, der frühmorgens das Studio öffnete, am Empfangstresen um die täglich anstehenden administrativen Aufgaben kümmerte, die bei einem Fitnessstudio anfielen, wurde ich nicht abgelenkt. Ich nickte mit dem Kinn leicht einem Kerl zu, der auf dem Weg zu den Umkleiden war, unterbrach aber nicht meinen Rhythmus mit dem Seil. Dann verlor ich mich in meinen Gedanken, die sich sofort darum drehten, was für ein Idiot ich doch gestern Abend gewesen war. Mein Abendmeeting mit meinem Kämpfer Reed und den PR-Jungs hatte lang gedauert. Als ich mich schließlich verabschieden hatte können, hatte ich quer durch die Stadt zu der Verlobungsfeier rasen müssen. Die Art, wie Paul seine Verlobte Christy angeschaut hatte, war allerdings den ganzen Stress wert gewesen. Doch zu beobachten, wie eine Frau den Barkeeper verzaubert hatte, war das Highlight meines Abends gewesen. Ich hatte bei zwei Männern gestanden, die mich über den nächsten großen Kampf ausgefragt hatten, als ich sie erblickt hatte. Ich hatte mich gefühlt, als hätte ich einen Roundhouse-Kick gegen den Kopf bekommen, und hatte den Blick einfach nicht abwenden können. Sie hatte braune Haare gehabt, lockig und lang, die auf die magische Weise, mit der Frauen ihre Haare zähmten, aus ihrem Gesicht frisiert worden waren. Aber ihre Haare wirkten nicht ganz so zahm. Vielleicht kontrolliert. Als würde ein kräftiger Wind oder die Hände eines Mannes, die durch die seidigen Strähnen fuhren, sie sofort befreien können. Ihre Augen waren dunkel gewesen, aber Übermut hatte in ihnen gefunkelt. Ihre vollen Lippen waren mit etwas Klarem und Glänzendem überzogen gewesen. Sie hatten geradezu zum Küssen eingeladen. Der Barkeeper hatte über etwas gelacht, das sie gesagt hatte. Es war kein Flirt gewesen. Sie hatte ihn nicht berührt, hatte sich nicht zu ihm gebeugt, um ihren weiblichen Charme spielen zu lassen. Hatte nicht einmal mit den Wimpern geklimpert. Sie hatte einfach eine Art an sich gehabt, von der ich gewollt hatte, dass sie nur mich damit verzauberte – nicht den verfluchten Kerl hinter der Bar. Als er ihr dann ein Glas Wasser, das er als Gin Tonic getarnt hatte, gereicht hatte, war ich fasziniert gewesen. Und das wollte etwas heißen, da ich in letzter Zeit von so gut wie nichts fasziniert war. Ihr Kleid war gelb gewesen und ärmellos, sodass ihre gebräunten, wohlgeformten Arme entblößt gewesen waren. Aber das war auch schon alles gewesen, was sie gezeigt hatte, denn ihr Ausschnitt war so hochgeschlossen wie bei einem T-Shirt gewesen. Sie hatte nur den kleinsten Blick auf ihr Dekolleté erlaubt, aber der figurbetonte Schnitt hatte ihre offenkundigen Kurven und schmale Taille gut in Szene gesetzt. Und f**k, sie hatte genau die richtige Menge Kurven an all den richtigen Stellen. Ich war ein Mann, was zum Geier wusste ich schon über Kleider, aber es erinnerte mich an etwas, das ein Filmstar in einem dieser alten Schwarzweißfilme getragen hätte. Das Kleid hatte einen Vintage-Look gehabt, mit einem weiten Rock, der ihre Hüften und Beine bis zu ihren Knien verborgen hatte. Sandalen mit einem vernünftigen Absatz hatten sie…weiblich wirken lassen. Nicht so wie die übertriebenen, aufdringlichen, fick-mich-jetzt Frauen im Barbereich, die mich beäugt hatten, als wäre ich ein Stück Fleisch oder der Mixed Material Arts – MMA – Champion, als den sie mich kannten. Sie hatten lediglich gewollt, dass ich sie mit auf die Toilette nahm, die Tür abschloss und ihnen das Gehirn rausvögelte. Keine Namen, keine Verbindung. Nur ein Quickie mit dem Champion. Ich hatte die Schnauze voll von diesem Scheiß. Aber diese Frau, diese Frau, Emory sie war weich und üppig. Mysteriös. Faszinierend. Ich war in ein weiteres Gespräch übers Kämpfen verwickelt und gezwungen worden, den Blick von ihr abzuwenden. Ich hatte sie allerdings wieder ins Auge fassen können, als ich mich endlich zu Paul durchgekämpft hatte. Sie war in die Enge getrieben worden und hatte sich mit irgendeinem Arschloch unterhalten, das zu nah bei ihr gestanden und seine Hand auf ihren Arm gelegt hatte. Da ich auf der anderen Seite des Raumes gestanden hatte, hatte ich nicht gewusst, worüber sie geredet hatten, aber es war offensichtlich gewesen, dass sie kein Interesse gehabt hatte, vor allem als sie sich aus seinem Griff befreit hatte. Ich hatte das Arschloch eingehend beobachtet. Er war definitiv nicht ihre Begleitung gewesen. Wenn er das gewesen wäre, hätte er an dem Abend jedenfalls kein Glück gehabt. Ihr Blick war ständig zu den großen Fenstern gehuscht und sie hatte regelmäßig tief Luft geholt, als wäre sie bereit gewesen, zu fliehen oder ihm ihr Knie in die Eier zu rammen. Etwas, das er gesagt hatte, hatte sie ihre Stirn runzeln lassen, sodass sich eine leichte Falte auf ihrer glatten Stirn gebildet hatte und ich war wütend geworden. Sie sollte nichts anderes tun als lächeln, aber nicht mit diesem Armleuchter. Wenn er sie mit dem, was er gesagt hatte, beleidigt hatte, fragte ich mich, warum sie ihm nicht einfach ihr Getränk ins Gesicht geschüttet hatte und gegangen war. Paul musste es auch bemerkt haben, er hatte mir erzählt, dass der Typ sein Cousin – sein sehr aufdringlicher, strunzdummer Cousin – war, und mich gebeten, einzuschreiten und sie zu retten. Paul hatte sich nicht von der Gruppe, bei der wir standen, lösen können, aber ich hatte nichts dagegen gehabt, kein bisschen. Er hatte gesagt, die Frau sei eine Freundin von Christy und wäre zu nett, um ein Arschloch – jede Familie hatte einen Arschloch Cousin – abblitzen zu lassen. Paul hatte keine Ahnung gehabt, dass ich sie beobachtet hatte, aber es war verdammt nochmal ein Highlight meines Abends gewesen, dass er sie gekannt und mich um Hilfe gebeten hatte. Es war die perfekte Ausrede gewesen, sie dazu zu bringen, mir dieses strahlende Lächeln zu schenken, ohne dass ich wie ein weiterer Kerl gewirkt hatte, der versuchte, sie abzuschleppen. So wie sie ausgesehen hatte, so wie sie einfach geleuchtet hatte, wären ihr die Männer sicherlich in Scharen hinterhergejagt. Während ich immer weiter in ihre Richtung gelaufen war, hatte ich sehen können, dass sie nicht die hübscheste Frau im Raum gewesen war. Ich war an Frauen in ihren Zwanzigern vorbeigelaufen, die ihre Vorzüge zu ihrem Vorteil genutzt hatten in dem Versuch, bei jemandem zu landen. Es waren nicht nur die Männer auf der Pirsch gewesen. Das Restaurant war eine beidseitige Fleischbeschauung gewesen. Dekolletés, entblößte Schenkel, Stilettos, rotte Schmolllippen waren offen präsentiert worden. Die Jugend war auch auf deren Seite gewesen, aber Jugend mangelte es ebenfalls an Erfahrung. Leben. Diese rätselhafte Frau war definitiv in ihren Dreißigern gewesen, wahrscheinlich näher an der Vierzig dran. Sie hatte ihr Alter mit Stolz getragen, als würde sie wissen, wer sie war, was sie vom Leben wollte, und würde allen anderen sagen, sie sollten sich verpissen. Außer Mr. Arschloch. Er hatte dafür gesorgt, dass sie finster dreingeschaut hatte. Als ich mich durch den Raum geschlängelt hatte, war die Hand des Kerls zu ihrer Taille gewandert und ich hatte rotgesehen. Ich hatte dorthin stürmen und ihm den Arm ausreißen wollen, weil er sie angefasst hatte. Sie war nach hinten getreten und ich hatte gewusst, dass sie nicht interessiert gewesen war. Das stimmt, Baby. Er ist nicht der Richtige für dich. Sie war keine schnelle Nummer. Sie war so viel mehr. Das Restaurant war nicht der beschissene Ring gewesen und ich hätte ihn nicht einfach grün und blau prügeln können. Ich hatte mich zivilisiert benehmen müssen, damit ich nicht verhaftet worden war, aber noch viel wichtiger, damit ich der Frau keine Heidenangst eingejagt hatte. Ich hatte einige tiefe Atemzüge gemacht und war ruhiger geworden als ein Valium und hatte mir die Frau geschnappt. Zumindest für eine kleine Weile. Klack. Klack. Klack. Ich warf einen Blick auf die Digitaluhr hoch über den Wandmatten. Noch fünfzehn Minuten. Schweiß durchtränkte mein T-Shirt und meine Beine begannen, müde zu werden. Mein Atem erklang als gleichmäßiges Keuchen, aber ich machte weiter und dachte über das Gespräch mit Emory nach, damit ich mein Training durchhielt. Sie hatte tatsächlich in Erwägung gezogen, dass ich sie mit dem Wasser hatte betäuben wollen. Jemand wie Emory sollte nicht solche Gedanken hegen, sollte nicht vor Raubtieren auf der Hut sein müssen. Vor Männern, die gewillt waren, sie schlecht zu behandeln oder Schlimmeres zu tun. Hatte sie irgendein Kerl – vielleicht ihr Ex – schlecht behandelt und verletzt? Mist gemacht, wie ihr etwas ins Getränk zu kippen? War das der Grund für ihre Vorsicht? Als sie mich betrachtet hatte, war sie zurückhaltend gewesen. Ja, ich hatte ein Blumenkohlohr vom Kämpfen. Meine Nase war mehrfach gebrochen worden. Ich hatte Narben auf den Narben. Tattoos. Ich kleidete mich auch, als käme ich von einer Ranch in der Nähe einer Kleinstadt in Wyoming, nicht dass ich jemals zu diesem Drecksloch zurückkehren würde. Ich mochte meine Lederstiefel, Jeans und große Gürtelschnalle. Ich trug einen Stetson, den ich besaß, seit ich zweiundzwanzig gewesen war. Ich entsprach nicht der Norm von Brant Valley. Ich entsprach keiner Norm, nirgendwo. Ich war nicht nur ein MMA-Kämpfer, sondern auch ein Marine. Unter all dem war ich im Herzen ein Cowboy. Mein erster fetter Check, den ich durchs Kämpfen bekommen hatte, war für den Kauf meiner eigenen Ranch eine Stunde entfernt von der Stadt, gerade auf der anderen Seite des Passes, draufgegangen. Große offene Flächen und eine Menge Ruhe. Meine Zufluchtsstätte. Man konnte den Cowboy aus dem Land holen, aber man konnte das Land nicht aus dem Cowboy holen. Dann hatte ich das Gebäude in Brant Valley gekauft, mein Fitnessstudio eingerichtet und war oben eingezogen. Diese Stadt war garantiert keine Kämpferstadt, aber ich würde mich auf keinen Fall in einem Ort wie Vegas niederlassen. Ich war berühmt in der Branche, so berühmt, dass ich mein Fitnessstudio überall aufbauen konnte. Also hatte ich genau das getan… in der Stadt, die meiner Ranch am nächsten war. Und die Männer, die es in der MMA-Szene zu etwas bringen wollten, suchten mich auf und machten Brant Valley zu ihrem zu Hause, während sie mit mir arbeiteten. Ich griff nach Hemden mit Druckknöpfen und Jeans, nicht nach Anzügen und Krawatten. Auf der Matte waren es Shorts und barfuß. Dennoch sah ich gefährlich aus und für manche Leute war ich auch gefährlich, aber nicht für Emory. Das bewies nur wieder, wie verkorkst mein Leben war, dass eine gute Frau wie sie Angst davor hatte, mit jemandem wie mir allein zu sein. Sie hatte erzählt, dass sie geschieden war. Der Kerl musste etwas Episches getan haben, das sie stark beeinflusst hatte. Sie war schreckhaft und nervös wie ein sechzehnjähriges Mädchen auf seinem ersten Date gewesen. Sie war so liebenswert errötet und das hatte es bewiesen. Ich hatte ihr Raum gelassen, hatte mit sanftem Ton gesprochen, mich bemüht, sie zu beruhigen, denn zum Teufel ich sah nun mal ziemlich furchteinflößend aus. Sie hatte gesagt, dass sie keine Angst vor mir hätte. Nur nervös wäre. Nun, das Gefühl hatte auf Gegenseitigkeit beruht. Ich war verdammt nervös in ihrer Gegenwart gewesen, denn ich hatte es nicht versauen wollen. Aber das war mir trotzdem gelungen. Ich war in ein Fettnäpfchen nach dem anderen getreten. Ich hatte ihr gesagt, dass ich nicht versuchte, bei ihr zu landen, und dann hatte ich beobachten müssen, wie ihr Lächeln verblasst war. Ich hatte ihr den Eindruck vermittelt, dass ich nicht interessiert wäre, dass sie nicht genug wäre, wo sie doch in Wahrheit zu viel war. Zu perfekt. Ich hatte nicht wie die anderen Drecksäcke in der Bar sein wollen. Denn auch wenn ich wahrscheinlich ähnlich versaute Gedanken hegte wie der Austern-Kerl, war ich Gentleman genug, um zu wissen, dass sie keine One-Night-Stands hatte. Sie wäre schreiend davongerannt, wenn sie gewusst hätte, wie viele Gedanken ich mir darum gemacht hatte, was sie wohl unter ihrem konservativen Kleid getragen hatte. Vielleicht ein sexy Teilchen mit Spitze. Und das hatte mich darüber nachdenken lassen, welche Farbe ihre Nippel hatten, ob ihre Haut so seidig weich war wie sie aussah. Ob ihre p***y so süß schmeckte, wie ich es mir ausgemalt hatte. Emory war nicht irgendeine Frau an der Bar gewesen, die nur auf eine gute Zeit aus gewesen war. Sie hatte offen zugegeben, dass sie nicht auf der Suche war. Punkt. Der Knaller war jedoch, dass sie keine Ahnung gehabt hatte, wer ich war. Keinen blassen Schimmer, dass ich berühmt in meiner Welt war. Sie wusste nichts über meine Karriere, nichts über meine Gewinne, meine Meisterschaftsgürtel, meinen Bekanntheitsgrad. Wusste nicht, dass ich mindestens fünf Mal innerhalb von eben so vielen Minuten gestoppt worden war, als ich in der Bar aufgetaucht war. Als ich ihr meinen Namen genannt hatte, hatte sie null Anzeichen gezeigt, dass sie mich kannte. Sie war kein Groupie, das auf etwas Reverse-Cowgirl-Action mit einem echten Cowboy hoffte, und das machte sie zu einer der einzigen Frauen, die mir ins Gesicht gesagt hatten, dass sie nichts von mir wollten. Ich war derjenige gewesen, der sich um sie bemüht hatte. Der ihr eine Option gegeben hatte, mich wiederzusehen und sie war die Erste seit langer, langer Zeit gewesen, der ich das angeboten hatte. Leider hatte mein Ruhm seinen Preis. Männer wollten sich mit mir anfreunden, wollten Freunde des MMA-Champions sein. Frauen wollten in mein Bett und den Grayson Green vögeln. Sie wollten von dem Outlaw grob angefasst werden und einen Bad Boy vögeln. Sie wollten den Schwanz eines Cowboys reiten. Jeder wollte ein Stück von mir. Für sich selbst. Für ihre eigene Bekanntheit. Nur wenige Einzelne standen auf meiner Liste echter Freunde. Diejenigen, denen ich vertraute, kannten die echte verkorkste Person hinter der Fassade. Ich könnte jederzeit flachgelegt werden, wenn ich wollte. Zum Teufel, ich hätte durch die Bar laufen und ohne Anstrengung eine zum Vögeln finden können. Hätte für einen Quickie zu dem Apartment der Frau gehen können. Zum Teufel, ich hätte sie sogar für einen wilden Ritt in die Abstellkammer zerren können. Das wäre schön und gut gewesen, als ich jünger und mir egal gewesen war, ob ich ihre Namen gekannt hatte. Ich hatte nur die bedeutungslose Erleichterung gewollt. Jetzt wollte ich…etwas mehr. Die Chance auf etwas Echtes. Keine unechten Titten. Keine Haut voller Selbstbräuner. Keine stumpfsinnigen Hirne. Keine Groupies. Ich wollte Ehrlichkeit und die hatte Emory zu Hauf. Jeder ehrliche Gedanke war über ihr Gesicht gehuscht. Als meine Stoppuhr klingelte, realisierte ich, dass ich Emory wollte und ich mich verdammt anstrengen musste, um sie zu bekommen. Nachdem ich das Springseil an einen Haken an der Wand neben die anderen gehängt hatte, schnappte ich mir mein Handtuch von der langen Bank und wischte mir den Schweiß von Kopf und Nacken, während ich um Atem rang. Sie war niemand, den ich einfach haben konnte. Auf diese Art würde es nicht passieren. Für sie musste ich mich richtig ins Zeug legen. Sie vorsichtig umwerben. Das Verlangen, mehr über sie zu erfahren, hatte mich dazu gebracht, sie zu bitten, sich am Sonntag das Flag Football Spiel anzuschauen. Obwohl ich sie weniger als fünfzehn Minuten gekannt hatte, hatte ich gewusst, dass sie nicht mit einem Kerl ausgehen würde, der sie in einer Bar aufgegabelt hatte, auch wenn ich Pauls Freund war. Ich hatte es ihr überlassen und hoffte, dass ihr Interesse so groß war, dass sie vorbeikommen wollen würde. Ich hatte es ihr leicht gemacht. Es offengelassen. Ich würde schon sehen, ob sie auftauchen würde und falls nicht, würde ich mir eine andere Methode überlegen müssen, wie ich sie für mich einnehmen konnte. Ich könnte über Christy mit ihr in Kontakt treten. Kaffee oder eine Wanderung oder…Scheiße. Warum sollte eine Frau wie Emory an einem Kerl wie mir Interesse haben? Sicher, ich war erfolgreich in meinem Beruf, stand finanziell auf sicheren Füßen, aber sie wusste nichts davon. Wer interessierte sich schon für so einen Mist, wenn es letztendlich um die Chemie ging? Ich hatte keinen blassen Schimmer, was sie tat, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, und wenn sie nicht gerade eine Escort oder Drogendealerin war, war es mir auch egal. Aber ich wusste, es musste etwas Gutes, etwas Ehrliches sein, so wie sie. Was mich anging, so saßen mir immer noch die Geister der Vergangenheit im Nacken, reizten mich, schlugen zu, wenn ich es am wenigsten erwartete. Wie beispielsweise jetzt, als die hübsche Emory wie aus dem Nichts aufgetaucht war. Sie war ein Tiefschlag, den ich nie hatte kommen sehen. Würde sie mir eine Chance geben? Sie wäre dumm, würde sie es tun. Sie kannte mich nur als den Typen, der dämliche Sachen gesagt und sie fast zum Weinen gebracht hatte. Scheiße. Ich steckte wirklich in Schwierigkeiten. Ich warf das Handtuch in den Wäschekorb und schlüpfte auf dem Weg in die Dusche aus meinem verschwitzten T-Shirt. Das war ein Kampf, den ich nicht zu verlieren gedachte.
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