Kapitel 2
Stefano
Wie der König vom Bellissimo laufe ich durchs Casino und ich bin verdammt stolz auf das, was Nico hier aufgebaut hat.
Ich war dabei, als Nico unseren Vater dazu überredet hat, 1,2 Millionen zu investieren, um in Vegas ein Casino zu eröffnen. Es reichte nicht. Verdammt, die Glücksspiellizenz allein kostete schon über dreißig Riesen. Aber Nico war clever. Ihm war klar, dass er keine familienfremden Investoren dazu holen würde. Nur Tacones durften mit einsteigen und Anteile am Bellissimo halten. Und das haben sie. Er hat genug zusammengekratzt, um es zu eröffnen und von dort ausgehend auszubauen.
Nico hatte das massive Bauwerk so von den Architekten konzipieren lassen, dass es abschnittsweise ergänzt werden konnte, und er hat von Anfang an auf Klasse gesetzt: italienische Fliesen, Marmorskulpturen, geschmackvolle Zimmer.
Die erste Version vom Bellissimo war ein kleines Boutique-Casino. Nichts daran war billig oder so – niemals. Und so hat es von Anfang an High-End-Kunden angezogen. Besonders, als sich die Privatspiele herumgesprochen haben.
Nico hatte einen Businessplan und eine Vision, und er hat unsere Familie überzeugt zu investieren. Trotzdem; niemand hatte wohl erwartet, dass es so ein Erfolg werden würde. Jetzt ist es ein Koloss von einem Gebäude – fünf verschiedene Flügel, jeder davon achtundzwanzig Stockwerke hoch. Acht Restaurants bieten alle Arten von Speisen an und es ist immer noch das edelste Lokal in Vegas. Und das Geld? Es fließt im Überfluss.
Apropos, mein Stronzo-Bruder; ich bin seit sechsunddreißig Stunden im Bellissimo und habe den Mistkerl noch nicht gesehen. Zuerst war er damit beschäftigt, seine Frau zu suchen. Jetzt ist er nach Hause gereist, um alles wieder zu richten. Wir haben bereits Dutzende Male telefoniert und geschrieben, aber er ist zu gereizt, um mir brauchbare Anweisungen zu erteilen.
Ich wähle seine Nummer und er antwortet wie gewohnt gereizt. „Was ist?“
„Schön, von dir zu hören. Hast du alles geklärt?“
„Ich arbeite dran.“
Natürlich wird er mir nichts erzählen. Er ist nicht exakt der Typ, der gerne über Gefühle redet.
„Hast du mit Vater geredet?“
„Bin gerade unterwegs. Sondra begleitet mich.“
Sondra. Die Frau, die ich unbedingt kennenlernen möchte. „Ach ja. Ihren Namen habe ich gestern von einer netten rothaarigen Angestellten erfahren.“
„Du hast Corey getroffen.“
„Ja. Ich wollte sie zum Schummeln animieren und sie wollte mich dafür ohrfeigen.“
Nico prustet. „Richtig so.“
„Was ist mit Corey?“ Ich vernehme den angenehmen Klang einer Frauenstimme.
„Bist du im Auto? Stell mich auf Lautsprecher.“
„Nein, vergiss es.“
„Sondra.“ Ich hebe meine Stimme, damit sie mich hören kann. „Gestern Abend habe ich deine Cousine kennengelernt“, verkünde ich ihr. „Ich bin hin und weg.“
Ihr Lachen ist hell und unbeschwert. Nico muss auf Lautsprecher gestellt haben, denn ihre Stimme ist laut und deutlich. „Du hörst dich definitiv nach Italiener an.“
„Nein, es ist wahr“, beharre ich, aber sie liegt richtig – schon lange vor meinem sechsmonatigen Aufenthalt bei unserem Großonkel auf Sizilien hatte ich den über-aggressiven Anmachstil der Heimat meiner Eltern übernommen.
„Er hat bereits eine Ohrfeige einkassiert“, fügt Nico hinzu.
„Oh-oh.“
„Beinahe“, korrigiere ich. „Sie hat es versucht. Ich habe es nicht so weit kommen lassen. Wir haben eine Einigung gefunden.“
„Du krümmst ihr kein Haar“, murrt Nico, aber er weiß, dass ich Frauen nicht wehtue.
„Keine Sorge. Wie gesagt, ich bin hin und weg.“ Wie in Ich kanns kaum erwarten, diese langen Beine um meine Lenden zu schlingen, damit ich fest in sie hineinpumpen kann.
Würde sie es so mögen?
Irgendwie vermute ich, dass sie das würde. Aber sie ist nicht der Typ, der sich kampflos geschlagen gibt, und ich habe weder die nötige Zeit noch die Energie dafür. Die Arbeit steht mir bereits bis zum Kragen. Ich verstehe, warum Nico mit dem Casino Hilfe braucht.
„Stefano, hör zu.“ Nico schaltet den Lautsprecher wieder aus. Sein Tonfall ist ernst.
„Ja?“
„Falls etwas schiefgeht, dann musst du dafür sorgen, dass …“
Ich weiß, was er sagen will – nur allzu gut. Ich glaube kaum, dass er sterben wird, aber so richtig sicher sein kann man sich ja nie. Unser Vater sitzt im Gefängnis und unser ältester Bruder Junior ist ein echter Wichser.
„Ich werde das beschützen, was dir wichtig ist“, gelobe ich leise. Mir ist bewusst, worum er mich gerade bittet; er will sich vergewissern, dass Sondra in Sicherheit sein wird.
„Danke.“ Nicos Stimme klingt schroff.
„Viel Glück, Nico. Lass mich wissen, wie es gelaufen ist.“
„Ja.“ Er legt auf und ich schüttele nur den Kopf.
Seit wir Kinder waren, hatte mein Bruder diesen bescheuerten Ehevertrag im Genick sitzen. Unser Vater hatte ihn arrangiert, um unsere Familie an eine andere zu binden. Es ist totaler Schwachsinn, der allerdings mit Blut signiert wurde. Nico hat all die Jahre so getan, als ob es nie dazu kommen würde, aber jetzt hat er sich verliebt. Und sie hatte ihn verlassen, weil sie herausgefunden hat, dass er eine Verlobte besaß.
Armes Schwein. Aber wenn irgendjemand eine Lösung finden kann, dann Nico.
Man sehe sich nur an, was er aus diesem Casino gemacht hat.
Mir meinen Bruder in einer festen Beziehung vorzustellen, ist irgendwie bizarr. Ich wünsche ihm echt, dass er sein Glück findet.
Aber ich? Ich lasse mich auf keine festen Sachen ein. Niemals.
Ich bin ein Weiberheld. Ich liebe s*x, aber den Rest? Eine Beziehung?
Nein, danke.