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HAILEY
Normalerweise ging ich nicht zum Haus eines fremden Typen, um s*x zu haben. Okay, nie. Bis jetzt. Dem zu folge, was man mir erzählt hatte, war Cy Seaborn ein Rockstar zwischen den Laken und hatte ordentlich was in der Hose. Gut im Bett und gut bestückt zu sein waren Dinge, die mir, wie vermutlich jeder Frau, wichtig waren. Und ein Cowboy? Heiliger Strohsack, ich wurde schon ganz scharf, obwohl ich nur in meinem alten Land Cruiser über den holprigen Weg durch sein Grundstück fuhr.
Es hatte zwanzig Minuten gedauert, um von der Stadt zur Flying Z Ranch zu fahren, weitere fünf – bis jetzt – die lange Auffahrt hinauf. Das Haus kam endlich in Sicht, als ich über eine Kuppe fuhr. Der Anblick war atemberaubend. Die Präriegräser waren mittlerweile vertrocknet und erstreckten sich über das leicht hügelige Land bis hin zu den Bergen, die sich mit ihren schneebedeckten Gipfeln hoch in den Himmel reckten. Cutthroat Mountain, das Skiresort, lag auf der Rückseite eines dieser Berge. Der Unterschied zwischen Osten und Westen war bemerkenswert. Hier war es ruhig, keine Menschenseele war weit und breit zu sehen. Dort würden die Pisten geöffnet werden, sobald die Matschsaison vorbei war, und die Leute würden in ihren hochmodernen SUVs zu ihren schicken Ferienhäusern zurückkehren. Eine Menge reicher Urlauber.
Mein Handy klingelte auf dem Beifahrersitz. Ich kannte den speziellen Klingelton und ignorierte ihn. Mark hatte mich pausenlos angerufen und ich war ihm aus dem Weg gegangen. Mein Trainer wollte mich wieder beim Training im Fitnessstudio sehen, dass ich mich mit Sponsoren traf und an Fotoshootings teilnahm, um zu beweisen, dass ich nach meinem Sturz wieder bei einhundert Prozent war.
Meinem Knie ging es besser, aber mein Kopf war nicht bei der Sache. Das war er seit dem Unfall nicht und ich war mir nicht sicher, ob er es jemals wieder sein würde. Mir war es hervorragend gelungen, nicht darüber nachzudenken. Lucas kennenzulernen und mit ihm zusammen zu sein, hatte gewiss dabei geholfen. Ein heißer Kerl und eine Menge s*x konnten diese Wirkung auf eine Frau haben. Und jetzt war da noch Cy. Das Handy verstummte und jegliche Gedanken bezüglich meiner Karriere ebenfalls.
Ich lächelte. Das war es.
Ich fuhr vor und parkte, ehe ich aus der Windschutzscheibe auf das Haus starrte. Ein typisches zweistöckiges Farmhaus, dessen Entstehungsalter ich auf die Dreißiger oder Vierziger schätzen würde. Es war mit weißen Schindeln verkleidet und verfügte über eine große Veranda. In der Ferne konnte ich noch einige andere Gebäude erkennen, von denen ich annahm, dass es sich um die Ställe und mehrere Schlafbaracken sowie kleine Hütten handelte. Ich war nicht wegen der Nonprofit-Organisation hier, die von hier aus geleitet wurde, sondern wegen des Mannes, dem sie gehörte.
Wo wir gerade davon sprechen… ein Mann trat auf die Veranda, zweifelsohne weil er meine Ankunft gehört hatte. Ich schätzte ihn auf knapp einen Meter neunzig, zweihundert Pfund, von denen kein einziges Gramm Fett war. Sein Karohemd und Jeans verbargen die muskulöse Figur darunter nicht. Wenn das Herumwerfen von Heuballen einen Mann so aussehen ließ wie ihn, dann sollte das ein neuer Fitnesstrend werden. Wenigstens ein T-Shirt, auf dem stand Cowboy Stark.
Er hatte übermäßig lange dunkle Haare, die sich auf dem Kragen seines Karohemdes kringelten, und es juckte mich in den Fingern, eben diese durch seinen Haarschopf gleiten zu lassen, vorzugsweise, während sich sein Kopf zwischen meinen Beinen befand und er damit beschäftigt war, mich zu lecken. Ich rutschte auf meinem Sitz hin und her, mein Slip war bereits in freudiger Erwartung feucht geworden. Aber es war der Bart… f**k. Dicht und voll, an den Seiten gekürzt und unten länger. Wie würde sich der wohl anfühlen, wenn er über meine Schenkel strich? Da der Motor des SUVs ausgeschaltet war, wurde es im Inneren rasch kalt, mir jedoch nicht. Ganz im Gegenteil. Ich verbrannte innerlich, nur weil ich ihn aus zehn Meter Entfernung blickfickte.
Er näherte sich mir nicht, sondern lehnte sich einfach nur an einen Pfosten. Wartete mit einem Gewehr in seiner rechten Hand. Einfach klasse.
Er hatte keine Ahnung, wer ich war; Lucas hatte mir erklärt, dass er Cy nicht im Voraus anrufen und von meiner Ankunft erzählen würde. Da Lucas noch nicht hier war – mein Wagen war das einzige Fahrzeug hier – musste ich mich fragen, ob das wirklich eine gute Idee war oder eher nicht.
Der Plan war ein Dreier… falls der Dritte – Lucas – endlich seinen Arsch hierher schaffte.
Was Cy anging, so sah er nicht gerade begeistert darüber aus, Gesellschaft zu haben. Das würde sich noch ändern, zumindest hoffte ich das. Er würde flachgelegt werden und mir hoffentlich das Hirn wegvögeln. Er wusste es nur noch nicht.
Tief Luft holend stieg ich aus meinem SUV, wobei ich auf mein linkes Knie achtete, und schlug die Tür hinter mir zu.
„Sie können gleich wieder in Ihr Auto steigen und wegfahren“, rief Cy. Seine Stimme war tief, das Timbre so glatt wie Whisky und bedrohlich.
Nachdem ich meinen Entschluss bestärkt und meine Schultern durchgedrückt hatte, machte ich einen Schritt auf ihn zu. Nur einen, denn ich war nicht komplett bescheuert, er war schließlich bewaffnet und alles. Ich glaubte nicht, dass er mich erschießen würde…
„Ich bin hier, um –“
Er hielt seine freie Hand hoch, um mich zu stoppen. „Ich weiß, warum Sie hier sind. Ihre Sorte hat die ganze letzte Woche Staub in meiner Einfahrt aufgewirbelt, um an eine Story zu kommen. Sie verzweifeln wohl allmählich, wenn sie die heiße Tussi schicken.“
Oh. Scheiße. Er hielt mich für eine Reporterin, die versuchte, mehr Informationen zu dem ganzen Dennis Seaborn Fiasko auszugraben. Ich wusste alles darüber. Wer in Cutthroat hatte nicht davon gehört? Der Mann hatte den Mord an Erin Mills, Lucas‘ Schwester, gestanden. Er war auf jede erdenkliche Weise befragt worden und seine Geschichte war wasserdicht gewesen. Bis ein Blitzerfoto einer lebenden Erin, das nach der Uhrzeit, zu der er sie angeblich getötet hatte, aufgenommen worden war, alles nichtig und hinfällig hatte werden lassen. Jetzt war er wieder auf freiem Fuß – sie konnten ihn nicht wegen eines Verbrechens einsperren, das er nicht begangen hatte – und alle in den westlichen Teilen Montanas fragten sich, warum er sich gestellt hatte, wenn er die Tat nicht begangen hatte. Wer würde denn so etwas tun? Die Schuld an einem Mord auf sich laden? Einem Mord.
Dennis Seaborn war Cys Vater. Entfremdet laut dem, was Lucas mir erzählt hatte. Lucas und ich hatten uns zwei Wochen, bevor seine Schwester ermordet worden war, kennengelernt und ich war mir nur allzu bewusst, wie sehr es ihn belastete. Ich wusste alles über seine Freundschaft mit Cy, ihre Arbeitsbeziehung. Sicher, Lucas hasste Dennis Seaborn, weil er den Mordfall seiner Schwester behindert hatte, aber er war Cy deswegen nicht böse.
Vielleicht war er der Einzige, der so empfand, nach dem zu urteilen, wie sich Cy benahm.
Ich schaute zu Cy, dessen Blick voller Hass und Wut war. Nicht das, was ich dort sehen wollte. Lust, Begehren und Verlangen wären besser gewesen. Nach den Fotos von Dennis zu schließen, sahen er und Cy sich sehr ähnlich. Sie hatten dieselben dunklen Haare – auch wenn Dennis‘ inzwischen mehr grau als schwarz waren – und Augen. Blut war Blut und bei ihnen zeigte sich das. Und Reporter waren immer auf Blut aus.
„Das ist ein Missverständnis“, sagte ich und hielt meine Hände hoch, während ich mich ihm näherte. Wir hatten alle Probleme und ich wollte meine zwischen zwei harten Cowboykörpern vergessen. Doch ich erstarrte, als er sein Gewehr ein Stück anhob. „Whoa, du musst nicht auf mich schießen.“
„Dann tun Sie, was ich gesagt habe.“ Das Gewehr war nicht direkt auf mich gerichtet, aber ich hatte auch keinen blassen Schimmer, ob es gesichert war oder nicht und wie gut seine Schießkünste waren.
„Ich bin keine Reporterin.“
„Immobilienmaklerin?“
Erwarteten die Leute etwa, dass er seine Ranch verkaufte und möglichst schnell die Fliege machte wegen dem, was sein Vater getan hatte? Soweit ich wusste, war die Ranch riesig und erstreckte sich nicht nur über die Prärie, die ich sehen konnte, sondern bis hoch in die Berge und darüber hinaus. Lucas leitete seine Nonprofit-Organisation von diesem Grundstück aus. Er und Cy organisierten und nahmen Veteranen mit PTBS auf Ausflüge ins Hinterland.
„Definitiv nicht.“
„Was sind Sie dann?“
Ich blickte hinab auf meine abgetragenen Lederstiefel, dann hob ich meinen Blick zu seinem und machte noch ein paar Schritte auf ihn zu. Er hob seine Waffe nicht, weshalb ich recht zuversichtlich war, dass er keine Frau erschießen würde.
„Ich bin professionelle Skifahrerin. Vielleicht.“ Ich zuckte gleichgültig mit den Achseln und murmelte das letzte Wort mehr für mich als für ihn. „Schau, ich bin –“
„Was auch immer Sie verkaufen, ich will es nicht.“ Er hatte eindeutig kein einziges Wort von dem, was ich gesagt hatte, gehört. „Verschwinden Sie von meinem Land.“ Er machte auf dem Absatz kehrt, um zurück ins Haus zu gehen.
„Warte!“, rief ich. Das verlief sooo gar nicht, wie ich mir das vorgestellt hatte. Ich würde aus dem SUV steigen, ihn anlächeln, mit den Wimpern klimpern und ihm sagen, dass sein Freund Lucas Mills und ich zusammen waren – und miteinander vögelten – und wir ihn für ein wenig Spaß dazu holen wollten. Eine Menge Spaß.
Eine meiner Fantasien drehte sich um zwei Schwänze. Ein Dreier mit einem ganzen Haufen Orgasmen für alle. Und Lucas hatte gesagt, dass Cy im Schlafzimmer ziemlich dominant wäre, was genau das war, worauf ich gehofft hatte. Lucas war ein absoluter Alphamann, aber er trieb mich nicht an meine Grenzen und ich musste an meine Grenzen gebracht werden. Ich sauste momentan keine Abhänge hinab und ich vermisste diesen, Gott, Fokus, den ich bei einer solchen Intensität fand.
Ich machte keine halben Sachen. Ich gewann keine Skiwettbewerbe, weil es mir an Selbstvertrauen mangelte. Nicht in meiner Karriere und nicht in meinem Sexleben. Ich wusste, was ich wollte und ich schnappte es mir. Und ich wollte Lucas… und Cy.
Lucas und ich hatten nicht über eine längerfristige Sache gesprochen. Wir hatten Spaß miteinander gehabt. Wegen seiner PTBS, die ihn mehr als einmal mit einem Albtraum aufgeweckt hatte, schien er sich nicht festlegen zu wollen. Oder zumindest die Worte nicht aussprechen zu wollen. Wir waren beide zufrieden damit gewesen, einfach nur Spaß zu haben. Aber wir waren uns einig gewesen, dass etwas fehlte. Und dass dieses Etwas ein Jemand war.
Doch Cy wollte nichts davon hören. Lucas sollte hier sein, um mich zu unterstützen – er war genauso erpicht darauf, mich mit einem anderen zu nehmen – und ich würde die doppelte Dosis heißer Cowboy bekommen. Okay, also Lucas war noch nicht hier. Ich schaute über meine Schulter zur Einfahrt. Yeah, kein Lucas. Aber in der Zwischenzeit konnte ich Cy doch trotzdem um den Finger wickeln, oder nicht?
Nun… ich trug ein sexy rotes Höschen und BH Set, aber wenn er nicht gerade über einen Röntgenblick verfügte, würde er das nicht wissen. Ich war nämlich praktisch von Kopf bis Fuß in Jeans, einen schwarzen Rollkragenpullover und eine leichte Daunenjacke gehüllt. Ich zeigte kaum Haut, geschweige denn ein Dekolleté oder Taille. Ein Oktober in Montana war nicht die richtige Zeit, um draußen einen Striptease hinzulegen. Ein kräftiger Wind wehte von den Bergen herab und es hatte vermutlich nur um die fünf Grad, obwohl die Sonne schien. Es lag nicht nur an dem Sahneschnittchen vor mir, dass meine Nippel hart waren.
„Lucas hat mich geschickt“, rief ich in der Hoffnung, dass ihn das beruhigen würde.
Das veranlasste ihn dazu, sich wieder umzudrehen. Aus dieser Entfernung konnte ich erkennen, dass seine Augen so dunkel wie seine Haare waren. Stechend. Eindringlich. Was das Eindringen anging, so begutachtete ich ihn von oben bis unten, erfasste, wie groß sich sein bestes Stück in seiner abgetragenen Jeans abzeichnete. Das war es, was ich wollte. Er konnte mich gerne mit den Augen vögeln, aber es wäre so viel besser, wenn er mich mit seinem Schwanz vögeln würde.
„Warum zum Geier sollte er das tun?“
Ich schluckte. Schwer. Das war es, was ich wollte. Zwei Männer, die mich vergessen ließen, die mich glücklich machten. Ich hatte Lucas von der Fantasie erzählt und er war mehr als gewillt gewesen, sie Realität werden zu lassen. Wenn er doch nur endlich auftauchen würde. Es war wirklich an der Zeit, meine Frau zu stehen oder die Klappe zu halten. Ich konnte, ohne mit der Wimper zu zucken, auf zwei fünfundneunzig Millimeter breiten Elastomerbrettern mit über achtzig Meilen pro Stunde einen steilen, verschneiten Berg hinabrasen. Cyrus Seaborn mitzuteilen, dass ich seinen Schwanz reiten wollte, sollte doch nicht so schwer sein.
„Damit du mich fickst.“