Kapitel 8: Zutritt Verboten

1277 Words
Als die Rezeptionistin den traurigen Ausdruck auf Laurels Gesicht sah, zögerte sie einen Moment, bevor sie wieder ging. Laurel blieb alleine zurück. Sie wollte niemandem zur Last fallen, also stand sie leise auf und verließ das Gebäude. Da es im Moment nicht möglich war, Alpha Darius zu treffen, machte es keinen Sinn, im Gebäude zu bleiben und denjenigen, die dort arbeiteten, Umstände zu bereiten. Laurel hasste es, eine Last zu sein. Diese Eigenschaft hatte sie ihr ganzes Leben lang zu harter Arbeit gezwungen, und dennoch konnte sie sich nicht ändern. Als sie auf den unbekannten Straßen entlangging, fühlte sich Laurel einsam und traurig. Sie kannte niemanden und hatte kein Telefon, um jemanden zu kontaktieren. In einem Moment bereute sie es, das Bürogebäude verlassen zu haben. Ihr Magen knurrte vor Hunger. Sie überprüfte schnell die Reisetasche, um das wenige Geld zu finden, das sie bei sich hatte. Es reichte kaum aus, um eine billige Mahlzeit an einem Stand im Silberner Mond Rudel zu kaufen. Sie wusste nicht, wohin sie gehen sollte, um sich etwas zu essen leisten zu können. Glücklicherweise fand Laurel einen öffentlichen Park, in dem sie etwas Zeit verbringen konnte. Es sah aus wie ein alter Park, der nur wenig gepflegt wurde. Sie setzte sich auf eine Bank im Schatten eines großen Baumes. Sie beschloss, hier eine Weile zu warten. Am Abend würde sie erneut zum Bürogebäude gehen, um nach dem Alpha zu suchen. Was den Hunger betraf, so ballte Laurel die Geldscheine in ihrer Hand und steckte sie zurück in die Reisetasche. Das war ihr Notfallgeld. Sie musste es für später aufbewahren. Sie konnte noch ein paar Stunden ohne Essen aushalten. Am anderen Ende des Parks befand sich ein weiterer Eingang, den Laurel nicht kannte. Am Eingang stand ein verrostetes Schild mit roten Buchstaben: ZUTRITT VERBOTEN. GEFAHR AHEAD. ******************** „Kit!“ Kit blieb abrupt stehen und schob seine Brille die Nase hoch, als sein Name gerufen wurde. Die Rezeptionistin, mit der er gut bekannt war, kam eilig auf ihn zu. „Was gibt es, Usha?“ Kit hatte einen Hauch von Dringlichkeit in seiner Stimme, aber sein Gesichtsausdruck blieb ruhig wie eh und je. Die Rezeptionistin namens Usha blieb vor Kit stehen. Sie arbeitete hier seit über drei Jahren und wusste, wie der Tag zu gestalten war. Vor allem wusste sie, was sie vor den Eliten wie dem Alpha und dem Beta sagen durfte und was nicht. In Abwesenheit des Alphas konnte sie nur mit seinem Beta kommunizieren. In neunundneunzig Prozent der Fälle war es so, dass sie nur mit dem Beta kommunizieren konnten. Daher, auch wenn der Alpha die Leute, die für ihn arbeiteten, nicht kannte und umgekehrt, kannte Kit jeden, und jeder kannte Kit. Usha kam direkt zur Sache. „Da war ein Mädchen namens Laurel, das gekommen ist, um den Alpha zu treffen. Sie hatte keinen Termin. Alpha Denis vom Silberner Mond Rudel hat sie geschickt, um ihn zu treffen. Ich konnte das Büro nicht erreichen und ließ sie warten. Was soll ich tun?“ „Silberner Mond?“ bestätigte Kit. „Ja.“ „Wo ist sie?“ fragte Kit. Usha führte ihn in den Wartebereich, während sie sprach: „Sie ist im Wartebereich eingeschlafen. Vor etwa fünf Minuten habe ich ihr gesagt, dass der Alpha nicht verfügbar ist, aber ich dachte, ich frage Sie noch einmal. Sie hat den ganzen Nachmittag gewartet.“ Ihre Stimme verstummte abrupt, als sie den leeren Wartebereich erblickte. Hinter ihr neigte Kit den Kopf, um nachzusehen. Es wartete niemand mehr. Das war verständlich. Die Wartezeiten waren festgelegt, und es war an der Zeit, dass alle den Bereich verließen. „Sie ist weg?“ Kit zog eine Augenbraue hoch und bemerkte trocken: „Sie ist nicht so engagiert wie andere.“ Bevor Usha etwas sagen konnte, drehte sich Kit auf dem Absatz um und ging. Usha kehrte ebenfalls zur Rezeption zurück. Laurel war weg, also sah sie keinen Sinn darin, den Alpha davon zu überzeugen, sie zu treffen. Sie dachte so, aber Kit nicht. Er klopfte an die Bürotür des Alphas. Das scharfe Klopfen erhielt eine ebenso scharfe Antwort. „Komm rein.“ Kit wurde von einem dunklen und düsteren Büro empfangen. Die Vorhänge waren zugezogen, und Alpha Darius lag auf der Couch, den Kopf auf der Rückenlehne ruhend. Kit legte die Dokumente leise auf den Schreibtisch. „Das sind die Portfolios der neuen Rekruten. Sobald die Zahlen bestätigt sind, kann das Training Ende des Monats beginnen.“ Darius blieb stumm, und sein Körper rührte sich kaum. Kit schluckte die wachsende Nervosität hinunter. „Ähm, Alpha, eigentlich...“ begann Kit, unsicher, ob er es sagen sollte oder nicht. Seine Zögerlichkeit erregte die Aufmerksamkeit von Alpha Darius, der zu ihm aufsah. „Spuck es aus. Warum stotterst du?“ Sein rauer Ton ließ Kit sofort bereuen, überhaupt den Mund aufgemacht zu haben. Etwas musste ihn dazu getrieben haben, bevor er sprechen konnte. Jetzt musste er den Zorn seines Alphas ertragen. „Eigentlich ist das Mädchen, das vom Silberner Mond Rudel geschickt wurde, angekommen.“ Darius runzelte die Stirn, deutlich unzufrieden. Kit beeilte sich mit seiner Erklärung: „Ich habe Alpha Denis' Vorschlag rechtzeitig abgelehnt. Ich verstehe nicht, warum sie trotzdem geschickt wurde. Wir haben die Grenzwachen auch nicht informiert. Ich weiß nicht, wie sie es hereingeschafft hat oder das Büro gefunden hat.“ „Egal. Ich will nicht, dass sie hier unnötige Probleme verursacht. Schick sie so schnell wie möglich zurück.“ Kit nickte heftig. „Ja, Alpha!“ Im dunklen Büro wurde der rote Ring um Darius’ Pupillen dunkler, bis er begann, die Dunkelheit seiner Augen zu verschlingen. Kit konnte seine Besorgnis nicht länger verbergen. „Alpha, brauchen Sie -“ „Geh.“ Kit schauderte. Dieser Ton... nicht schon wieder. „Alpha, warum versuchen Sie es nicht wenigstens?“ wagte Kit einen letzten Versuch. „Geh!“ knurrte Darius. „Aber Alpha!“ Kit machte einen mutigen Schritt nach vorne. Doch seine Tapferkeit wurde mit einem scharfen Blick des Alphas belohnt. Die rohe Tötungsabsicht brach hervor und durchbohrte Kit wie ein Pfeil. Darius’ Arme waren gewaltsam von ihm selbst auf das Sofa gedrückt. Er kämpfte bereits, sich in einem solchen Zustand zu beherrschen, und es war zu viel, jemanden wie Kit oder überhaupt jemanden in seiner Nähe zu haben. Der Befehl des Alphas konnte nicht ignoriert werden. Kit knirschte mit den Zähnen, als er sich zum Verlassen des Büros wandte. Er schloss die Tür hinter sich und blieb draußen stehen, um die Tür zu bewachen. Als das Geräusch des schweren Atmens im Büro verstummte, öffnete Kit vorsichtig die Tür wieder und seufzte in das nun leere Büro. Es war das dritte Mal, dass das passierte. So sehr Kit es auch hasste, es zuzugeben, die Wahrheit war, dass ihr Alpha langsam seinem inneren Biest verfiel. Er wünschte sich nichts sehnlicher, als einen Weg zu finden, Alpha Darius zu helfen, aber er fühlte sich hilflos. Er stand am Fenster und beobachtete den von Wolken bedeckten Mond. Schämt sie sich auch dafür, was aus ihrem Alpha langsam wird, und wagt es nicht, ihm in die Augen zu sehen? Kit schüttelte den Kopf und hoffte, dass irgendein Wunder ihrem Alpha begegnen und ihm helfen würde. Er schloss das Fenster, legte alle Dokumente und wichtigen Dinge in den Schrank und verriegelte ihn. Danach verschloss er die Bürotür und entließ das Personal für die Nacht. Selbst diejenigen, die eine Nachtschicht hatten, wurden angewiesen zu gehen. Kit wollte kein Risiko eingehen, falls der Alpha in einem schlechten Zustand zurückkehrte. Die Schrecken einer bestimmten Nacht waren immer noch wie ein Albtraum in sein Gedächtnis eingebrannt. Er schauderte, griff nach seinen eigenen Sachen, hinterließ eine Nachricht für den Alpha und verließ das Bürogebäude.
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