KAPITEL DREI
Sophia konnte nur warten, während die Flotte nach Ashton fuhr. Als ihre Flotte vorantrieb. Sogar hier und jetzt, nach all dem, was passiert war, war es schwer sich daran zu erinnern, dass all dies ihrs war. Jedes Leben auf den Schiffen um sie herum, jeder Lord, der Männer geschickt hatte, jedes Stück Land von dem sie kamen, war ihre Verantwortung.
„Wir haben viel Verantwortung“, flüsterte Sophia Sienne zu, die Waldkatze schnurrte, als sie sich an Sophias Beinen rieb, sie lief mit ihrer eigenen Ungeduld umher.
Es hatte ohnehin Schiffe einer Flotte gegeben, als sie Ishjemme verließen, aber seitdem waren mehr und mehr Boote hinzugekommen, die an Ishjemmes Küste vorbeigekommen waren oder von den kleinen Inseln unterwegs, sogar aus dem Königreich der Witwe, diejenigen, die ihr treu ergeben waren, kamen um bei dem Überfall mit zumachen.
Sie hatte jetzt so viele Soldaten bei sich. Genug Soldaten, um vielleicht diesen Krieg zu gewinnen. Genug Soldaten, um Ashton von der Karte zu wischen, wenn sie das wollte.
Es wird alles gut, schickte Lucas zu ihr, offensichtlich fühlte er ihre Unruhe.
Menschen werden sterben, schickte Sophia zurück.
Aber sie sind hier, weil sie hier sein wollen, antwortete Lucas. Er kam zu ihr und legte eine Hand auf ihre Schulter. Ehre sie, indem du diese Leben nicht wegwirfst, aber verringere nicht, was sie bieten, indem du dich zurückhältst.
Ich glaube, es ist eines der Dinge, die leichter gesagt, als getan sind“, sagte Sophia laut. Sie griff automatisch nach unten, um Siennes Ohr zu kraulen.
„Vielleicht“, gab Lucas zu. Er sah bereit für den Krieg aus, auf eine Art, wie Sophia es nicht war, eine Klinge an seiner Seite und Pistolen an seinem Gürtel. Sophia nahm an, dass sie einfach nur unmöglich rund mit dem Gewicht ihres ungeborenen Kindes aussah, unbewaffnet und ungepanzert, wie sie da so stand.
Aber nicht unvorbereitet, schickte Lucas. Er zeigte ihr die Rückseite des Schiffes. „Unsere Kommandanten warten.“
Hauptsächlich hieß das ihre Cousins und ihr Onkel. Sie hielten dies genauso zusammen, wie Sophia, aber es gab noch andere Männer, Clanchefs und kleinere Lords, stramme Männer, die immer noch Verbeugungen boten, wenn Sophia sich näherte, mit ihrem Bruder und der Waldkatze an ihrer Seite.
„Sind wir bereit?“, fragte sie und schaute hinüber zu ihrem Onkel und versuchte so auszusehen, wie die Königin, die alle wollten.
„Es müssen noch Entscheidungen getroffen werden“, sagte Lars Skyddar. „Wir wissen, was wir erreichen wollen, aber wir müssen uns noch genauer auf die Einzelheiten konzentrieren.“
“Was muss noch entschieden werden?”, wollte ihr Cousin Ulf in seinem gewöhnlich schroffen Ton wissen. „Wir trommeln die Männer zusammen, zerstampfen die Wände mit der Kanone und stürmen rein.”
“Das erklärt viel über die Art, wie du jagst”, sagte Ulfs Schwester Frig mit einem wolfsähnlichen Lächeln. „Wir sollten die Stadt wie eine Schlinge einkreisen und einschließen.“
„Wir müssen bereit für eine Belagerung sein“, antwortete Hans, so vorsichtig wie immer.
Es schien, dass jeder seine eigene Idee hatte, wie das vonstattengehen sollte und ein Teil von Sophia wünschte sich, dass sie sich zurückhalten und all das hier den klügeren Köpfen überlassen könnte, denjenigen mit mehr Wissen über Krieg. Sie wusste aber, dass sie das nicht konnte und das die Cousins ewig streiten würden, wenn sie sie ließ. Das hieß, der einzige Weg das zu beenden, war sich zu entscheiden.
“Wann erreichen wir die Stadt?“, fragte sie und versuchte nachzudenken.
„Wahrscheinlich in der Dämmerung“, antwortete ihr Onkel.
„Dann ist es zu spät für einen einfachen Überfall“, sagte sie und dachte an die Zeit, die sie abends in der Stadt verbracht hatte. „Ich kenne die Straßen von Ashton. Vertraut mir, wenn wir versuchen da im Dunkeln zuzuschlagen, wird das nicht gut enden.“
„Dann eine Belagerung“, sagte Hans und schien erfreut von der Aussicht oder vielleicht nur darüber, dass es sein Plan war, der gewählt wurde.
Sophia schüttelte ihren Kopf. „Eine Belagerung wird die falschen Leute verletzen und hilft nicht den richtigen. Die alten Stadtmauern schützen nur den inneren Teil der Stadt und du kannst wetten, dass die Witwe die Ärmsten eher verhungern lassen wird, nur um sich selbst zu retten. In der Zwischenzeit je länger wir warten, umso länger ist Sebastian in Gefahr.“
„Was dann?“, fragte ihr Onkel. „Hast du einen Plan, Sophia?“
“Wir werden vor Ashton ankern, wenn wir dort ankommen”, sagte sie. „Wir werden Botschaften schicken, dass sie sich ergeben sollen.“
„Das werden sie nicht tun“, erwiderte Hans. „Selbst dann nicht, wenn wir ihnen Viertel anbieten.“
Sophia schüttelte ihren Kopf. Sie wusste immerhin so viel. “Die Witwe wird nicht glauben, dass jemand anderes noch mehr Gnade hat, als sie. Aber die Illusion, dass wir ihnen Zeit geben, sich zu ergeben, wird uns Zeit geben, dass die Hälfte unserer Männer sich auf dem Landweg der Stadt nähert. Sie werden die Außenbezirke ruhig einnehmen. Die Menschen dort mögen die Witwe nicht.“
“Mögen sie andere Eindringlinge etwa mehr?”, fragte Lucas.
Das war eine gute Frage, aber dann wiederum hatte ihr Bruder irgendwie ein Geschick dafür gute Fragen zu stellen.
„Ich hoffe doch“, sagte Sophia. „Ich hoffe, sie werden sich daran erinnern, wer wir sind und wie die Dinge vor der Witwe waren.“ Sie sah zu Hans herüber. „Du wirst die Kräfte dort hinführen. Ich brauche jemanden, der die Männer diszipliniert hält und nicht irgendwelche Menschen abschlachtet.”
“Ich werde aufpassen”, versicherte Hans ihr und Sophia wusste, dass er das tun würde.
Sie drehte sich zu Ulf und Frig. „Ihr beide werdet eine kleine Armee in die Nähe der Flusstore führen. Wenn die Männer die ich geschickt habe, es hineingeschafft haben, werden sich diese öffnen. Euer Auftrag wird es sein, ihnen zu helfen, bis der Rest von uns angreifen kann. Die Hauptflotte wird landen und wir werden unter der Deckung der Schiffskanonen angreifen.“
Es hörte sich nach einem guten Plan an. Sie hoffte zumindest, dass es das war. Die Alternative war, dass sie einfach Männer bestrafte und sie zum Tode verurteilte.
Es ist ein guter Plan, schickte Lucas.
Ich hoffe, er funktioniert, antwortete Sophia.
Eine dritte Stimme kam hinzu, die über das Wasser kam. Das wird es. Ich werde sichergehen, dass es das tut.
Sophia drehte sich um und sah eine kleinere Ansammlung von Schiffen sich nähern. Sie sahen ein wenig schäbig aus und schienen wie die Art von Dinge, die Händler oder Banditen gewählt hätten. Es war dennoch die Stimme ihrer Schwester, die von dort erklang.
Kate? Bist du hier?
Bin ich, schickte sie zurück. Und ich habe die verrufenste freie Kompanie mitgebracht. Lord Cranston sagt, er ist geehrt, uns zu dienen.
Dieser Gedanke erheiterte Sophia schon fast so sehr wie die Anwesenheit ihrer Schwester. Es waren nicht nur mehr kämpfende Männer, obwohl Sophia im Moment alles, was sie kriegen konnte nehmen würde. Es war die Tatsache, dass ihre Schwester wieder da war mit der Armee, bei der sie so gerne ein Teil davon gewesen war und …
Ist Will da? Fragte Sophia.
Ist er, antwortete Kate. Sophia konnte ihr Glück dort spüren. Ich sehe dich bald, meine Schwester. Heb mir ein paar Feinde auf.
Ich glaube, davon gibt es genug.
„Kate kommt“, sagte Sophia zu Lucas.
„Ich weiß“, antwortete ihr Bruder. „Ich habe ihre Gedanken gefühlt. Ich dachte, ich müsste warten, bis wir zurückkommen, um sie endlich zu treffen.
“Und danach finden wir unsere Eltern”, sagte Sophia. Sie wusste, sie sollte nicht so weit denken. Sie sollte sich auf den kommenden Krieg konzentrieren, aber es war fast unmöglich ihre Gedanken dort zu halten. Sie war zu sehr damit beschäftigt an alles zu denken, was das mit sich brachte. Sie würde Sebastian zurückbekommen. Sie würde das Volk der Witwe von dem schweren Gewicht ihrer Herrschaft befreien. Sie würde ihre Eltern finden.
„Kate wird genauso aufgeregt sein, wie wir unsere Eltern zu finden“, sagte Sophia. „Mehr. Ich bin mir nicht sicher, ob sie noch Erinnerungen an sie hat.“
“Wir werden schon bald mehr als all das haben”, sagte Lucas.
“Ich hoffe doch”, antwortete Sophia. Sie machte sich trotzdem Sorgen. „Hast du es?“
Lucas nickte, offensichtlich verstand er, was sie meinte. Er holte die flache Scheibe hervor, die aus ineinandergreifenden Metallbändern bestand und in leuchtenden, durcheinandergeworfenen Linien glühte, als er sie berührte. Als Sophia ihre Hand ebenfalls auf das Metall legte, arrangierten sich die Teile des Geräts und legten eine Fläche Land aus dem Königreich der Witwe frei, entfernte Schatten, welches die Weiten Kolonien und die Silk Länder sein mussten. Es war verlockend nah zu sagen, wo ihre Eltern jetzt sein könnten. Sophia nahm an, dass das kommen würde, wenn Kate zu ihnen kam. Sie hoffte, es würde so sein.
„Bewahre das Gerät sicher auf“, sagte Sophia. “Wenn wir es verlieren …”
Lucas nickte. “Ich habe es bis jetzt beschützt. Ich bin mehr darüber besorgt, dich und Kate in Sicherheit zu wissen.“
Sophia hatte noch nicht darüber nachgedacht. Sie drei waren auf dem Weg in die Mitte eines Kampfes. Wenn einer von ihnen im Krieg fiel, würden sie vielleicht nie ihre Eltern finden. Es wäre ein Doppelschlag, die Aussicht ihre Mutter und ihren Vater zu verlieren, selbst wenn sie einen Bruder oder eine Schwester betrauern mussten.
„Du musst auch in Sicherheit sein“, sagte Sophia. „Und ich sage das nicht nur, weil ich unsere Eltern finden will.“
„Ich weiß“, sagte Lucas. „Und ich werde alles tun, was ich kann. Beamte Ko hat mich gut trainiert.“
„Und Kate hat viel von der Hexe gelernt, die versucht hat, Besitz von ihr zu ergreifen“, sagte Sophia.
„Wenn sie nur halb so tödlich ist wie sie, als sie mich in der Burg herumgeworfen hat, dann wird sie in Ordnung sein“, sagte Lucas. „Die Frage bist du, Sophia. Ich weiß, du hast Sienne, aber wirst du inmitten eines Krieges sicher sein?“
“Ich werde nicht mittendrin sein”, versprach Sophia. Sie legte eine schützende Hand über ihren Bauch. „Aber ich werde tun, was immer nötig ist, um sicherzugehen, dass mein Kind einen Vater hat.“
„Das wird sie“, sagte Lucas und etwas an der Sicherheit davon, ließ Sophia ihn ansehen. Sie wusste, dass sie Auszüge von Dingen in ihren Träumen gesehen hatte. Sie fragte sich, ob Lucas das auch gesehen hatte.
„Hast du etwas gesehen?“, fragte Sophia.
Lucas schüttelte seinen Kopf. „Ich habe wenig Talent dafür, aber ich glaube, du hast mehr davon. Was ich hauptsächlich für morgen sehe, ist Blut.“
Das war leicht zu sehen, sogar ohne die Magie, welche ihnen beiden die Träume brachte. Sophia sah wieder nach draußen und jetzt konnte sie die Küste am Horizont sehen, ein Fleck der Stadt, war darin zu sehen.
„Ashton“, sagte Sophia. Es schien ihr, als wenn sie eine Ewigkeit nicht mehr hier gewesen wäre.
Die Stadt breitete sich wie ein Fleck in der Landschaft aus, mit seinen alten Gebäuden, breitete es seine Fläche hinter seinen Mauern aus. Ein Teil ihrer Flotte war bereits aufgebrochen. Hans fuhr zum Ankern weiter an der Küste entlang, um die Außenbezirke zu übernehmen.
Der Rest von ihnen kam näher, Signalflaggen wehten, um ihre Bewegungen zu koordinieren. Sie ankerten außerhalb der Kanonenreichweite und kleine Boote wurden herabgelassen, besetzt mit Boten und dem Befehl, sich zu ergeben. Sophia wusste, dass Ulf und Frig ihre eigenen kleinen Boote vorbereiten würden, um sich nah an die Stadt zu schleichen, ehe der Kampf begann und sie bereit waren, die Flusstore für sie zu öffnen.
Sophia konnte die Schiffe dort warten sehen, bereit für den Krieg, als Antworten auf was für welche Nachrichten sie auch immer erreicht hatten. Nicht genug, um eine Flotte ihrer Größe anzuhalten, die nicht so an das Festland gebunden war. Als sie näherkamen, konnte Sophia die Trompeten hören und Signalfeuer sehen, die angezündet worden waren.
Sie sah daran vorbei zum Palast und dem edlen Viertel. Sebastian war dort irgendwo, in einer Zelle gefangen und wartete auf ihre Rettung.
„Wir können immer noch angreifen, wie Cousin Ulf will“, sagte Lucas.
Sophia schaute in den Himmel. Die Sonne begann bereits unterzugehen und schickte rote Strahlen über den Horizont. Sie musste sich dazu zwingen, ihren Kopf zu schütteln. Es war einer der schwersten Dinge, die sie je getan hatte.
„Wir können keinen Angriff bei Nacht riskieren“, sagte sie. „Wir müssen beim Plan bleiben.“
„Dann greifen wir im Morgengrauen an“, sagte Lucas.
Sophia nickte. Im Morgengrauen würde alles entschieden werden. Sie würden sehen, ob sie ihr Familien Königreich zurückbekam, zusammen mit dem Mann, den sie liebte oder ob sie alle zum Tode verurteilt werden würden.
„Wir greifen im Morgengrauen an“, sagte sie.