Lillyn, Emily, Jessica und Maisey fuhren zusammen mit einem halben Dutzend anderer Mädchen und zwölf Kriegern vom Schwarzwald-Rudel in Idaho nach Montana. Sie hatten zwei SUVs zur Verfügung, und Lillyn hatte es irgendwie geschafft, Emily zu überreden, im zweiten SUV mit ihr, sechs Kriegern und drei weiteren Mädchen zu fahren, anstatt mit Jessica und Maisey. So war die Reise erträglich, da sie den ständigen Kommentaren der beiden über ihr Aussehen entging.
„Bist du aufgeregt, Lil? Wir sind fast da!“, fragte Emily und konnte vor Aufregung kaum still sitzen.
„Ein bisschen schon. Auch Spirit ist aufgeregt. Sie läuft in meinem Kopf hin und her. Das macht mich irgendwie schwindelig“, kicherte Lillyn.
„Alles okay, Spirit?“
„Ich glaube schon... Irgendetwas fühlt sich komisch an. Ich bin aufgeregt, aber gleichzeitig ein bisschen ängstlich.“
„Ängstlich? Denkst du, dass Gefahr droht?“
„Nein. Ich habe das Gefühl, dass etwas Großes passieren wird, aber ich weiß nicht, ob es gut oder schlecht ist. Außerdem hat Mutter mir gerade gesagt, ich solle mich auf unser drittes Geschenk vorbereiten. Ich fange an, ein bisschen nervös zu werden.“
„Okay. Jetzt werde ich auch nervös.“
Lillyn wurde allmählich unruhig auf ihrem Sitz. Montana im September war wunderschön. Das Wetter lag bei angenehmen 21℃, und für Lillyn war es perfekt. Sie trug rote Leggings und schwarze Overknee-Stifel mit Absatz, die sie auf eine beeindruckende Größe von fast 6’3,hoben, aber das war ihr egal. Die meisten Wölfinnen sind zwischen winzigen 5’2 und maximal 5’10 groß, also war sie schlichtweg größer als die meisten. Aber da die Männchen zwischen 6 Fuß und 7 Fuß groß waren, kam sie mit ihrer Größe zurecht. Emily hatte ein schwarzes, bauchfreies Oberteil mit Herzausschnitt ausgewählt, das kleine, gepuffte Ärmel an den Schultern hatte. Es endete knapp unter ihrem Brustansatz, wodurch ihr langer, durchtrainierter Oberkörper zur Geltung kam. Sie trug dazu eine silberne Bauchkette, die mit einem kleinen Herzanhänger über ihrem Bauchnabel befestigt war. Ihr Haar war vorne hochgesteckt und hinten zu Locken geformt. Ihr Make-up blieb dezent – nur schwarze Mascara und etwas rosa Lipgloss. Lillyn liebte tatsächlich, wie sie aussah. Sie fühlte sich schön, und das war für sie das erste Mal.
Lillyn blickte zu Emily hinüber. Ihre natürlichen schwarzen Locken fielen wild und frei über ihren Rücken. Ihre grünen Augen funkelten vor Aufregung. Ihr Gesicht war komplett geschminkt, wirkte aber dennoch natürlich. Das Einzige, das besonders hervorstach, waren ihre feuerwehrroten Lippen. Nichts an ihr war so übertrieben aufgetragen wie bei Jessica und Maisey. Emilys Outfit bestand aus einem süßen Sommerkleid in Grün, passend zu ihren Augen, das über und über mit kleinen weißen Gänseblümchen verziert war.Dazu trug sie niedliche weiße Sandalen mit Riemchen und Absätzen, die ihren Look perfekt abrundeten.
Alle Mädchen, die gekommen waren, hatten Geschenke für den Einjährigen mitgebracht. Emily hatte ein paar Bausteine in einer Geschenktüte dabei. Sie waren in Rot, Gelb und Blau gehalten und mit den Zahlen 1, 2 und 3 bedruckt. Auf der anderen Seite der Blöcke standen A, B und C, ebenfalls in gleichen Farben. Lillyn hatte einen Fühlbären als Geschenk mitgebracht. Der Bär hatte besonders weiche, flauschige Ohren. Sein Köper war weich und das Fell war seidig und glatt. Die Augen und die Nase waren aus hartem braunem Glas, während die Pfoten stachelige, raue Polster hatten. Das Verkauferin hatte begeistert davon erzählt, dass ihr Neffe die verschiedenen Texturen des Bären liebte. Lillyn hoffte wirklich, dass der kleine Junge das Geschenk mögen würde.
„Oh, wir sind da!“, rief Emily aufgeregt.
Lillyn schaute aus dem Fenster auf Emilys Seite und sah einen großgewachsenen Mann mit schwarzen Haaren, der den süßesten kleinen Jungen im Arm hielt, den sie je gesehen hatte. Der kleine Junge hatte rote Locken und eisblaue Augen. Seine pummeligen Wangen leuchteten, und ein zahnloses Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus, während er fröhlich in die Hände klatschte. Er trug ein weißes Hemd mit Knöpfen, schwarze Hosen und dazu passende Hosenträger sowie eine süße kleine Fliege. Bei seinem Anblick schmolz Lillyn fast dahin. Neben dem Mann und dem Baby stand eine atemberaubende rothaarige Frau. Das müssen der Alpha und die Luna des Silberklaue Packs und ihr kleiner Alpha sein, dachte sie.
Sie stiegen aus dem SUV aus. Nachdem Jessica, Maisey und die anderen sechs Mädchen die Familie begrüßt hatten, waren Emily und sie an der Reihe.
„Danke, dass Sie uns zu der Feier für dieses kostbare Baby eingeladen haben, Alpha und Luna“, sagte Emily.
„Danke, dass du gekommen bist. Wir freuen uns, dich hier zu haben. Im Flur steht ein Tisch für die Geschenke, den kannst du nicht übersehen. Da ist ein Berg von Geschenken“, sagte Kane zu ihr.
Lillyn blickte die Rothaarigen an und streckte ihr die Hand entgegen.
„Hallo. Meine Wolfin sagt, ich soll dich berühren. Darf ich dir die Hand geben?“
Stella sah überrascht aus, schüttelte jedoch dennoch der atemberaubenden jungen Frau die Hand.
Im Moment, als sie Stellas Hand berührte, erstrahlte ein weißes Licht, und Lillyn sog hastig Luft ein. Ihre Welt wurde schwarz.
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„Koda, wie lange bleiben wir noch hier? Hier gibt es ein paar schicke Wölfinnen, die ich gerne kennenlernen würde.“
Koda schaute seine Freundin Starla an. Sie war eine Kriegerin in seinem Rudel und begleitete ihn zusamen mit drei anderen Kriegern. Er lächelte sie an und begann dann zu kichern.
„Mit dir kann man nirgendwo hingehen. Du bist immer auf der Such nach deiner nächsten Eroberung.“
„Hey, ich bin nicht gebunden. Du auch nicht. Warum wirfst du nicht selbst die Angel aus?“
„Nein, danke. Ich werde lieber Mönch.“
„Soweit ich gehört habe, bist du das schon längst“, grinste sie.
Er stupste sie mit der Schulter an, und sie lachte, bevor sie sich entfernte. Er ging durch den Ballsaal und grüßte die Leute, die ihn Aufmerksamkeit schenkten. Einige starrten ihn überrascht an, als sie bemerkten, wie groß und kräftig er war. Innerlich verdrehte er die Augen. Man könnte meinen, sie hätten noch nie einen Typen gesehen, der 2,29 Meter groß ist.
„Ich bezweifle, dass sie das haben“, kicherte Kenji.
„Kane ist groß. Er ist etwa 2,03 Meter.“
„Aber nicht 2,29 Meter. Du bist nicht nur ein Riese, sondern auch gebaut wie einer. Wie Goliath. Deine Muskeln haben Muskeln.“
„Machst du dich über mich lustig, Kenji?“
„Ja.“
Koda schnaufte und blendete Kenji aus. Also war er riesig. Es störte ihn nicht wirklich, aber es rief Erinnerung wach, wie Iris ihn beschimpfte und sagte, er sei wie ein Elefant im Porzellanladen. Sie beklagte sich oft, dass er zu schwer für sie sei, dass er zu groß sei, um in sie zu passen, und dass es weh tat. Einmal hatte sie geschrien, angefangen zu weinen und ihm gesagt, er sei zu d**k und zu lang. Vielleicht war das der Grund, warum sie kaum mit ihm schlief und ihn betrog. Seine Stimmung sank.
„Sorry. Ich hab'doch nur Spaß gemacht.“
„Kein Problem, Kenji.“
Er hörte einen Tumult im Flur und blickte durch die Türen des Ballsaals. Er sah Kane mit einer Frau in den Armen und Stella, die ihm mit Jaxon folgte, der vor Freude quietschte und dabei herumhüpfte. Er begann, auf sie zuzugehen, und trat ihnen in Kanes Büro nach. Sobald er den Raum betrat, umhüllte ihn der Duft von Apfelkuchen. Er atmete tief ein und summte vor Vergnügen.
„Was riecht hier so gut?“, fragte er, als er sich zu Kane und Stella umdrehte.
„Welcher Geruch?“, fragte Stella.
Aber Koda antwortete ihr nicht. Sein Blick, war ganz auf das Mädchen gerichtet, das Kane gerade auf die Couch gelegt hatte. In seinem Kopf begann Kenji zu springen und zu jaulen. Dad konnte nicht sein. Es konnte nicht sein, dass dieses Mädchen seine Gefährtin war. Er musste ihre Augen sehen. Sobald sich ihre Blicke trafen, würde er es wissen.
„Sie ist es. Sie riecht nach Apfelkuchen.“
Stella sah ihn verwirrt an. „Tut sie das?“
„Du bist kein Wolf, mein Herz. Sie riecht nach Äpfeln, aber das ist alles, was ich rieche“, sagte Kane. „Glaubst du, sie ist deine Gefährtin?“
„WAS!“, kreischte Stella und begann auf und ab zu hüpfen.
In diesem Moment stöhnte das Mädchen, und ihre Augen begannen zu flattern. Sie blickte sich um und sah den Alpha, der sie mit funkelnden Augen anstarrte und dabei äußerst amüsiert wirkte. Die Luna hüpfte mit dem kleinen Jungen in ihren Armen auf und ab, während dieser unkontrolliert kicherte. Dann trafen ihre Augen den schönsten Mann, den sie je gesehen hatte. Er hatte schwarzes Haar und dunkelbraune, mandelförmige Augen. Seine Haut war leicht gebräunt. Seine Lippen waren voll und schön. Er war sehr groß, fast einen Kopf größer als der Alpha, und er war riesig. Das schwarze, kurzärmelige Hemd spannte sich über seine muskulöse Brust, und seine kräftigen Bizeps, Unterarme und Handrücken waren kunstvoll tätowiert. Seine starken Beine steckten in dunkelblauen Jeans – er hatte definitiv keinen Beintag ausgelassen. Meine Göttin, er war umwerfend. Sie begann zu keuchen, als Spirit in ihrem Kopf zu heulen begann und immer wieder „Gefährte, Gefährte, Gefährte“ rufen.
Sie flüsterte: „Gefährte...“
Er kniete sich hastig vor ihr nieder, hob sie sanft an, stand auf und setzte sich mit ihr wieder auf die Couch. Mit einer zitternden Hand strich er ihr sanft über das Haar im Nacken. Dann zog er sie an sich, inhalierte ihren Duft von ihrem Hals und summte leise vor sich hin.
„Wir geben euch beiden etwas Zeit allein“, sagte Stella aufgeregt und warf Koda einen gezielten Blick zu. Lautlos formte sie mit den Lippen: „Verschlimmere es nicht“, als er sie ansah.
Koda sah ihnen nach, wie sie hinausgingen, und wandte er den Blick auf das atemberaubende Wesen in seinen Armen und grinste breit.
„Hallo, Gefährtin.“