Die Jäger
Auch die Jäger hatten nicht gerade die einfachste Aufgabe. Nebst den professionellen Jägern, wurden ebenfalls Soldaten zum Töten rekrutiert, einige von ihnen hatten noch nie zuvor mit einem Gewehr geschossen geschweige denn, etwas mit einem Gewehr getötet.
Die Aufgabe war es, die zurück gebliebenen Haustiere in den Siedlungen zu erschiessen. Denn die Tiere durften nicht mit ihren Besitzern gehen, als alle evakuiert wurden. Die Tiere waren, wie die Umgebung selbst, ebenfalls von der Strahlung verseucht worden. Man befürchtete diesbezüglich, dass sie die Einsatzkräfte im Sperrgebiet ebenfalls verseuchen würden, weswegen man die beseitigen musste. So wurden hunderte Haustiere und auch Wildtiere wie z.B. Wildschweine von den Jägern beseitigt und in Mogilniks begraben.
Viele Tiere starben auch an der Strahlenkrankheit. Zum Beispiel fielen Vögel aus dem Nichts, wie Steine, tot vom Himmel.
Die drei Taucher
Unter der Reaktorhalle befanden sich Reservetanks für die Notkühlung der Reaktoranlage.
Diese waren wegen des Löschwassers der Feuerwehrleute, voll mit Wasser. Man befürchtete, dass wenn sich die geschmolzene „Lava", die sich aus dem verschmolzenem Uran und anderen radioaktiven Materialien gebildet hatte, durch die Betonplatte des Reaktorbodens schmelzen und dann auf dieses Wasser der Reservetanks treffen würde, dass dies zu einer gewaltigen Wärmeexplosion führen könnte. Um dies zu verhindern, wurden drei Taucher beordert, die vertraut mit dem Kellersystem des Reaktors waren. Es gab jedoch ein Problem, die Tanks waren abgeriegelt, durch ein Schleusentor, das sich nur manuell, also von Hand, öffnen liess. Das Wasser war mit ziemlicher Sicherheit hochgradig verstrahlt, was bedeutete, dass die Taucher, nach schätzungsweise einer Woche, an der Strahlenkrankheit sterben würden. Es hatten sich drei Freiwillige für den Taucherauftrag gemeldet. Nur Dank ihnen, konnte letzten Endes die Gefahr eine Wärmeexplosion verhindert werden. Wie durch ein Wunder, leben zwei der drei Taucher noch heute.
Die Bergwerkleute
Nachdem durch die Taucher die Gefahr einer Wärmeexplosion verhindert worden war, standen die Wissenschaftler schon vor einem neuen Problem. Wenn die Lava die Tanks erreichen würde, dann bestünde die Gefahr, dass sie bis ins Grundwasser hinab sickern würde. Das hätte be-deutet, dass die gesamte Hauptgrund-Wasserversorgung der ganzen Ukraine verseucht worden wäre. Deswegen entwarf man einen Plan für einen Wärmetauscher, indem man eine Kammer unter der Betonplatte grub, um diese dann mit Stickstoff zu füllen, dies würde der Lavamasse entgegen zu wirken. Und um diesen Plan umsetzen zu können, brachte man mehr als 400 Bergwerkarbeiter aus einem Bergwerk im russischen Tula, nach Tschernobyl. Zuerst mussten sie, in 12 Meter Tiefe, einen 136 Meter langen Tunnel graben, bis zur betroffenen Betonplatte. Dann einen Hohlraum ausheben mit einem Rauminhalt von rund 4'500 Kubikmetern. Danach füllte man die ausgehobene Kammer mit flüssigem Stickstoff.
Die Bedingungen, unter denen die Bergleute arbeiten mussten, waren schrecklich. Wegen der Gefahr, den Boden, auf dem der 4. Reaktorblock stand, noch mehr aufzubrechen, durften man nicht mit schweren Geräten arbeiten, sondern nur mit Spitzhacken und Schaufeln. Dazu die enorme Hitze, die teils bis 50 Grad Celsius betrug und der Umstand, dass sie keine Kühlung mithilfe von Ventilatoren erzeugen konnten, da dies nur mehr des schon vorhandenen radioaktiven Staubs aufgewirbelt hätte. Die Bergleute waren im Tunnel immerhin einigermassen vor der Strahlung geschützt, da er 12 Meter in der Tiefe lag. Innerhalb von wenigen Wochen, waren sie mit dem Bau fertig geworden. Dieser Wärmetauscher musste zum Glück jedoch nie in „Betrieb" genommen werden, da die Lavamasse nicht bis zur dieser Betonplatte hinab geschmolzen war, sondern von selbst abgekühlte. Bis heute starben schon viele Bergleute von damals an den Spätfolgen der Strahlung. Sie waren zwar im Tunnel relativ sicher vor der Strahlung, aber sie gingen oft raus, um zu rauchen oder um wieder Kraft zu tanken. Einige von ihnen leben noch heute. Viele sehen diese Aktion heute als ein Himmelfahrtskommando an, doch die Bergleute sind noch immer Stolz, auf das was sie damals geleistet haben. Ein ehemaliger Bergarbeiter, der dort in Tschernobyl bei dem Bau des Tunnels und der Kammer mitgeholfen hatte, Vladimir Naumov, sagte letztes Jahr folgendes dazu:
„Wer ausser uns Bergleuten hätte gehen sollen? Ich und meine Kollegen wurden so erzogen. Nicht, dass wir zum Sterben dorthin gegangen wären, wir sind dorthin gegangen, um Leben zu retten!"